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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel
Autoren: Ian Banks
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dass sie sich den falschen Ort zum Warten ausgesucht hatten, und sie verließen ihn auf allen vieren, krabbelten die Treppe hinunter in den Innenhof und in das Halbkettenfahrzeug und fuhren weg, hinaus in die Wüste und das Ödland jenseits davon, wo sie am Abend ihr Lager aufschlugen und sich wieder betranken und in dieser Nacht eigens aufblieben, um den Blitz der Explosion zu beobachten.

 
Zakalwes Lied
     

Vom Fenster aus zusehen,
wie die Truppen vorbeimarschieren.
 
Du müsstest in der Lage sein, denke ich,
zu sagen, ob sie ausziehen oder zurückkehren,
einfach wegen der Lücken in den Reihen.
 
Du bist ein Narr, sagte ich,
und wandte mich zum Gehen um,
oder auch nur, um einen Drink mixen,
damit ihn die flinke Kehle schlucke,
wie all meine fein gesponnenen Lügen.
 
Ich sah in den Schatten der Dinge,
du lehntest gegen das Fenster
und starrtest ins Nichts.
Wann werden wir aufbrechen?
Wir könnten hier haften bleiben,
gefangen,
wenn wir allzu lange verharren, (sich wieder umwendend)
Warum verschwinden wir nicht?
 
Ich sagte nichts,
strich über das gesprungene Glas,
ungeteiltes Wissen in der Stille.
 
Die Bombe lebt nur, wenn sie fällt.
 
- Shias Engin.
Vollständige Gesammelte Werke (Posthume Ausgabe).
18. Monat, 355. Großjahr
(Shtaller, Prophetischer Kalender)
Band IX: ›Jugendwerk und verworfene Rohfassungen‹

 
Kriegszustand

 
Prolog
     
     
    Der Weg hinauf zur obersten bepflanzten Terrasse folgte einem übertriebenen Zickzackkurs, damit die Rollstühle die Steigung überwinden konnten. Er brauchte sechseinhalb Minuten heftigster Anstrengung, um bis zur obersten Terrasse zu gelangen; als er dort ankam, schwitzte er, doch er hatte seinen bisherigen Rekord gebrochen, und deshalb war er zufrieden. Sein Atem dampfte in der kalten Luft, während er die schwere gesteppte Jacke öffnete und den Rollstuhl bis zu einem der erhabenen Beete weitertrieb.
    Er nahm den Korb aus seinem Schoß und stellte ihn ausbalancierend auf die Umfassungsmauer, holte die Schere aus seiner Jackentasche und betrachtete eingehend die Auswahl an kleinen Pflanzen, wobei er abzuschätzen versuchte, welche Ableger seit ihrem Einsetzen am besten gediehen waren. Er hatte seine Wahl noch nicht getroffen, als eine Bewegung weiter oben am Hang seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Er blickte durch den hohen Zaun zu dem dunkelgrünen Wald. Die fernen Gipfel hoben sich weiß vor dem blauen Himmel darüber ab. Im ersten Moment dachte er, es handele sich um ein Tier, dann trat die Gestalt zwischen den Bäumen hervor und schritt über das von Raureif weiße Gras auf das Tor im Zaun zu.
    Die Frau öffnete das Tor und schloss es hinter sich wieder; sie trug einen dünn aussehenden Mantel und eine Hose. Er war einigermaßen überrascht zu sehen, dass sie keinen Rucksack hatte. Vielleicht war sie zuvor durch das Gelände des Instituts heraufgewandert und befand sich jetzt auf dem Rückweg. Vielleicht eine fremde Ärztin auf Besuch. Er hatte die Absicht gehabt zu winken, wenn sie von der Treppe, die hinunter zu den Anstaltsgebäuden führte, zu ihm herübersehen würde, doch sie entfernte sich vom Tor und kam direkt auf ihn zu. Sie war groß und hatte dunkles Haar und ein hellbraunes Gesicht unter einem seltsam wirkenden Pelzhut.
    »Mr. Escoerea«, sagte sie und streckte ihm eine Hand entgegen. Er legte die Schere beiseite und gab ihr die Hand.
    »Guten Morgen, Miss…?«
    Sie antwortete nicht, sondern setzte sich auf die Mauer, schlug die unbehandschuhten Hände gegeneinander und ließ den Blick über das Tal, die Berge, den Wald, den Fluss und die Anstaltsgebäude am Fuße des Hügels schweifen. »Wie geht es Ihnen, Mr. Escoerea? Geht es Ihnen gut?«
    Er sah hinunter auf das, was von seinen Beinen nach der Amputation oberhalb des Knies übrig geblieben war. »Was von mir noch da ist, ist gesund, Ma’am.« Das war seine übliche Antwort. Er wusste, dass es in den Ohren einiger Leute verbittert klingen würde, doch in Wirklichkeit war das seine Art zu zeigen, dass er nicht so tun wollte, als sei alles in Ordnung mit ihm.
    Sie musterte seine von der Hose eingehüllten Beinstümpfe mit einer Offenheit, die er bisher nur bei Kindern erlebt hatte. »Es war ein Panzer, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte er und nahm die Gartenschere wieder zur Hand. »Ich habe versucht, ihm auf dem Weg zur Stadt Baizeit ein Bein zu stellen; hat nicht geklappt.« Er beugte sich vor, schnitt einen jungen Trieb ab und legte ihn in den Korb. Er machte sich eine Notiz, von
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