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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel
Autoren: Ian Banks
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eine Wüste, doch dann erlitt es etwas, das die Fähigkeit des Globus, für sich selbst Vorsorge zu treffen, bei weitem überstieg. Ein Asteroid von der Größe eines Berges traf die Meerenge, wie eine Kugel, die Fleisch trifft.
    Er krachte in das granitene Herz des Landes und ließ den Planeten wie eine Glocke läuten. Zwei Ozeane trafen sich zum ersten Mal; der Staub der gewaltigen Explosion verdunkelte die Sonne, löste eine kleinere Eiszeit aus und löschte tausende von Spezies aus. Die Vorfahren jener Spezies, die später den Planeten regieren sollten, ergriffen die erste Gelegenheit, die ihnen diese Katastrophe bot, beim Schopfe.
    Der Krater wurde zu einer Kuppel, während der Planet über die Jahrtausende reagierte; die Ozeane wurden wieder getrennt, als die Felsen – da selbst die scheinbar festen Schichten über jene großen Abmessungen von Zeit und Entfernungen sich verschoben und krümmten – zurückdrückten, wie eine äonenalte Schwellung, die sich auf der Haut der Welt bildete.
    Sma hatte die Informationsbroschüre in einer Tasche des Sitzes gefunden. Sie hob für einen Moment den Blick und sah den Mann im Sitz neben ihr an. Er war eingeschlafen. Sein Gesicht wirkte ausgemergelt und grau und alt. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn je so uralt und krank gesehen zu haben. Verdammt, er hatte gesünder ausgesehen, nachdem er geköpft worden war. »Zakalwe«, flüsterte sie und schüttelte den Kopf. »Was ist los mit dir?«
    »Todessehnsucht«, murmelte die Drohne leise. »Mit extravertierten Komplikationen.«
    Sma schüttelte den Kopf und wandte sich wieder der Broschüre zu. Der Mann schlief unruhig, und die Drohne wachte über ihn.
    Als sie über Couraz las, fiel Sma auf einmal wieder die große Festung ein, von der sie vom Modul der Xenophobe abgeholt worden war, an einem sonnigen Tag, der ihr jetzt so weit zurückzuliegen schien, wie er tatsächlich entfernt war. Sie hob den Blick seufzend von einem Foto der Meerenge, aufgenommen vom Raum aus, und dachte an das Haus unter dem Damm zurück; Heimweh überkam sie.
    … Couraz war eine Befestigungsanlage gewesen, ein Gefängnis, ein Fort, eine Stadt, eine Zielscheibe. Jetzt – vielleicht zu Recht, dachte Sma, als sie zu dem verletzten, zitternden Mann an ihrer Seite hinüberschaute – enthielt die große Felsenkuppel nur noch eine kleine Ortschaft, die vor allem aus dem größten Krankenhaus der Welt bestand.
    Der Zug raste in einen Tunnel, der in den nackten Fels gehauen war.
    Sie gingen durch den Bahnhof und nahmen einen Aufzug, der sie zu einer der Aufnahmeebenen des Krankenhauses brachte. Sie saßen auf einer Couch, umgeben von Topfpflanzen und sanfter Musik, während die Drohne, die am Boden zu ihren Füßen abgestellt war, die nächste Computerstation nach Informationen abfragte.
    »Ich hab sie!«, verkündete die Drohne leise. »Geh zu der Frau am Empfang und nenne ihr deinen Namen. Ich habe dir einen Passierschein besorgt, ohne dass eine Überprüfung erforderlich ist.«
    »Komm, Zakalwe.« Sma erhob sich, nahm den Passierschein und half ihm beim Aufstehen. Er stolperte. »Sieh mal, Cheradenine«, sagte sie, »lass mich doch…«
    »Bring mich zu ihr.«
    »Lass mich doch zuerst mit ihr reden.«
    »Nein; bring mich zu ihr! Sofort!«
    Die Krankenstation lag ein paar Ebenen höher, der hellen Sonne näher. Das Licht fiel durch klare, hohe Fenster. Der Himmel draußen war weiß mit schnell treibenden Wolken, und in weiter Ferne, jenseits der scheckigen Felder und Wälder, lag der Ozean als Linie aus blauem Dunst unter dem Himmel.
    Alte Männer lagen ruhig auf der breiten, unterteilten Station. Sma half ihm auf dem Weg zum anderen Ende, wo nach Auskunft der Drohne Livueta sein musste. Sie betraten einen kurzen, breiten Korridor. Livueta kam aus einem seitlichen Zimmer. Sie blieb stehen, als sie sie sah.
    Livueta Zakalwe sah älter aus; weißes Haar, die Haut schlaff und vom Alter gerunzelt. Doch ihre Augen waren ungetrübt. Sie riss sich sichtlich ein wenig zusammen. Sie trug ein Tablett, voll gepackt mit Schächtelchen und Fläschchen.
    Livueta sah sie an; den Mann, die Frau, den kleinen hellen Koffer, der die Drohne war.
    Sma warf einen Blick zur Seite und zischte: »Zakalwe!« Sie zog ihn in eine aufrechtere Haltung.
    Er hatte die Augen geschlossen gehabt. Jetzt öffnete er sie mit zitternden Lidern und blinzelte zu der Frau hin, die vor ihm stand. Zuerst schien er sie nicht zu erkennen, doch dann sickerte offenbar ganz langsam ein Begreifen in
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