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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel
Autoren: Ian Banks
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Stufe, sodass Sma ihn festhalten musste. »Nicht das Modul. Lass uns einen Zug oder ein Taxi nehmen oder…«
    »Bist du sicher?«, fragte Sma.
    »Ja, ganz sicher.«
    »Zakalwe«, seufzte Sma. »Bitte unterzieh dich einer Behandlung.«
    »Nein«, sagte der Mann, als sie den Boden erreichten.
    »Es gibt einen U-Bahnhof, rechts und wieder rechts«, erklärte die Drohne Sma. »Allicht Hauptbahnhof; Bahnsteig acht für Züge nach Couraz.«
    »Okay«, sagte Sma zögernd und sah ihn an. Er hatte den Blick auf den Kiesweg gesenkt, als ob er sich auf die Anstrengung konzentrierte, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er warf schnell den Kopf in den Nacken, als sie unter dem Steven des zerstörten Schlachtschiffes hindurchgingen, und blinzelte hinauf zu dem hohen, geschwungenen V des Bugs. Sma beobachtete den Ausdruck in seinem schweißnassen Gesicht und konnte nicht erkennen, ob es Ehrfurcht, Ungläubigkeit oder so etwas wie Entsetzen war.
     
    Die U-Bahn flitzte mit ihnen durch betongesäumte Schächte in die Stadt; am Hauptbahnhof, der groß, widerhallend und sauber war, wimmelte es von Leuten. Sonnenstrahlen funkelten auf der Kuppel des gewölbten Glasdaches. Skaffen-Amtiskaw spielte wieder mal die Koffer-Rolle und lag leicht in Smas Hand. Der verwundete Mann an ihrem anderen Arm war eine schwerere Last.
    Der auf der mittleren Ebene verkehrende Zug fuhr ein und spuckte seine Passagiere aus; sie stiegen mit einigen wenigen anderen Leuten ein.
    »Wirst du es schaffen, Cheradenine?«, fragte Sma ihn. Er saß zusammengesunken in dem Sitz und hatte die Arme in einer Weise auf den Tisch gelegt, dass es aussah, als wären sie gebrochen oder gelähmt. Er starrte auf den Sitz gegenüber, ohne auf die Stadt zu achten, die an ihnen vorbeirauschte, während der Zug immer mehr beschleunigte und auf Viadukten in Richtung Vororte und Land dahinflitzte.
    Er nickte. »Ich werde überleben.«
    »Ja, aber wie lange?«, sagte die Drohne, die auf dem Tisch vor Sma abgestellt war. »Du bist in einem schrecklichen Zustand, Zakalwe.«
    »Immer noch besser, als wie ein Koffer auszusehen«, sagte er und schaute die Maschine an.
    »Ach, wie geistreich«, sagte die Maschine.
    - Bist du jetzt fertig mit deiner Zeichnerei? fragte sie die Xenophobe.
    - Nein.
    - Kannst du nicht ein ganz klein wenig deines angeblich so überwältigend schnellen Gehirns dem Zweck opfern, herauszufinden, warum er sich so sehr für dieses Schiff interessierte?
    - Oh, ich denke schon, aber…
    - Wart mal einen Moment; was haben wir denn hier. Hör dir das mal an:
    »… Du wirst dahinter kommen, nehme ich an. Ich habe dir gesagt, es hat mit der Vergangenheit zu tun«, sagte er und sah zum Fenster hinaus, richtete die Worte jedoch an Sma. Die Stadt glitt draußen vorbei, strahlend hell von der Sonne beleuchtet. Seine Augen waren aufgerissen, die Pupillen geweitet, und irgendwie hatte Sma den Eindruck, dass er diese Stadt betrachtete, aber eine andere sah, oder dieselbe sah, aber so, wie sie vor langer Zeit war, als ob in einer Art zeitpolarisiertem Licht nur seine abwesenden, fiebrigen Augen sehen könnten.
    »Stammst du von hier?«
    »Das ist jetzt lange her«, sagte er; er hustete, beugte sich nach vorn und drückte sich einen Arm fest an die Seite. Dann holte er lange und tief Luft. »Ich wurde hier geboren…«
    Die Frau hörte zu. Die Drohne hörte zu. Das Schiff hörte zu.
    Er erzählte ihnen die Geschichte von dem großen Haus, das halbwegs zwischen den Bergen und dem Meer lag, stromaufwärts von der großen Stadt. Er erzählte ihnen von dem Anwesen, das das Haus umgab, und dem schönen Garten, und von den drei, später vier Kindern, die in dem Haus aufwuchsen und die im Garten spielten. Er erzählte ihnen von den Sommerhäuschen und dem Steinboot und dem Labyrinth und den Brunnen und dem Rasen und den Ruinen und den Tieren im Wald. Er erzählte ihnen von den beiden Jungen und den beiden Mädchen und den beiden Müttern und dem einen strengen Vater und dem einen nie gesehenen Vater, der in der Stadt im Gefängnis saß. Er erzählte ihnen von den Besuchen in der Stadt, die nach Ansicht der Kinder immer zu lange dauerten, und von der Zeit, als sie nicht mehr ohne die Begleitung von Wächtern in den Garten gehen durften, und davon, wie sie einmal ein Gewehr stahlen und damit hinaus ins Gelände gehen wollten, um damit zu schießen, aber nicht weiter als bis zum Steinboot kamen und eine Mörderschwadron überraschten, die gekommen war, um die Familie zu töten, was sie
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