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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel
Autoren: Ian Banks
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verhinderten, indem sie das Haus warnten. Er erzählte ihnen von der Kugel, die Darckense traf, und von dem Knochensplitter, der fast sein Herz durchbohrt hätte.
    Allmählich bekam er eine trockene Kehle, seine Stimme wurde krächzend. Sma sah einen Kellner am anderen Ende des Waggons, der einen Servierwagen vor sich herschob. Sie kaufte einige Softdrinks; zuerst würgte er, dann hustete er unter Schmerzen, doch dann trank er.
    »Und dann begann der Krieg«, sagte er und sah hinaus, wo die Vororte vorbeifluteten, ohne sie jedoch zu sehen. Die Landschaft wurde ein verschwommenes Grün, als sie noch mehr beschleunigten. »Und die beiden Knaben, die zu Männern herangewachsen waren – landeten auf verschiedenen Seiten.«
    - Faszinierend, übermittelte die Xenophobe an Skaffen-Amtiskaw. Ich glaube, ich werde jetzt mal ein paar schnelle kleine Erkundigungen einziehen.
    - Das wird auch langsam Zeit, gab die Drohne zurück, während sie gleichzeitig der Erzählung des Mannes lauschte.
    Er erzählte ihnen vom Krieg und der Belagerung, von der die Staberinde mit betroffen war, und dem Ausbruch der belagerten Streitkräfte… Und er erzählte ihnen von dem Mann, dem Jungen, der im Garten spielte und der in der Tiefe einer schrecklichen Nacht der Verursacher dessen war, was ihm den Namen Stuhlmacher einbrachte, und dem Morgengrauen, als Darckenses Schwester und Bruder herausfanden, was Elethiomel getan hatte, und davon, wie der Bruder versucht hatte, sich das Leben zu nehmen, seinen Generalsstatus aufgab und seine Armee und seine Schwester in der Selbstsucht der Verzweiflung verließ.
    Und er erzählte ihnen von Livueta, die niemals vergeben hatte und die ihn verfolgte – obwohl er das damals nicht wusste – bis auf ein anderes kaltes Schiff, ein Jahrhundert lang durch die störrische, ruhige Langsamkeit des realen Raums, zu einem Ort, an dem die Eisberge um einen kontinentalen Pol wirbelten, bis in alle Ewigkeit kalbend und zusammenprallend und schrumpfend… Doch dann hatte sie ihn verloren, die Spur war angemessenerweise kalt geworden, und sie war dort geblieben, hatte jahrelang gesucht; und sie konnte nicht wissen, dass er in ein vollkommen anderes Leben übergewechselt war, weggeführt von der hoch gewachsenen Dame, die durch den Schneesturm wandelte, als gäbe es ihn gar nicht, mit einem kleinen Raumschiff auf dem Rücken wie ein treues Schoßtier.
    Also gab Livueta Zakalwe auf und unternahm erneut eine lange Reise, um sich von der Last ihrer Erinnerungen zu befreien, und wo sie schließlich landete – das Schiff wollte von der Drohne die entsprechende Lokalisierung haben; Skaffen-Amtiskaw nannte den Namen des Planeten und des Systems, ein paar Jahrzehnte entfernt –, das war der Ort, an dem sie schließlich aufgestöbert worden war, nachdem er seinen letzten Job für sie durchgeführt hatte.
    Skaffen-Amtiskaw erinnerte sich. Die grauhaarige Frau, in der zweiten Hälfte des Lebens, die in einem Krankenhaus in den Slums arbeitete, in einem gefährlich brodelnden Armenviertel, dessen Behausungen sich wie Müll auf dem Schlamm und den von Bäumen gesäumten Hängen verteilten, über der tropischen Stadt und mit Ausblick auf die glitzernden Lagunen und die goldenen Sandstreifen, auf denen die Wogen des riesigen Ozeans ausrollten. Dürr, mit dunklen Rändern unter den Augen, auf jeder Hüfte ein Kind mit aufgedunsenem Bauch – so sahen sie sie bei ihrem ersten Besuch, in der Mitte des überfüllten Raums stehend, mit winselnden Kindern, die an ihrem Rocksaum zerrten.
    Die Drohne hatte gelernt, die ganze Skala des allmenschlichen Mienenspiels zu erkennen, und hatte das Gefühl, als sie Zeuge des Ausdrucks wurde, der auf Livuetas Gesicht beim Anblick Zakalwes erschien, dass sie etwas annähernd Einmaliges erlebte. So viel Überraschung, und gleichzeitig so viel Hass!
    »Cheradenine…«, sagte Sma zärtlich und legte sanft eine Hand auf die seine. Die andere Hand hob sie zu seinem Genick und streichelte es, während sein Kopf tiefer auf den Tisch hinabsank. Er drehte sich um und sah hinaus in die Prärie, die wie ein Meer aus Gold vorbeiflutete.
    Er hob eine Hand und strich sich langsam über die Stirn und den geschorenen Schädel, als ob er durch lange Haare führe.
     
    Couraz war alles gewesen: Eis und Feuer, Land und Wasser. Einst war der breite Meeresdurchbruch ein Ort aus Fels und Gletscher gewesen, dann ein bewaldetes Land, als die Welt und ihre Kontinente sich bewegten und sich das Klima änderte. Später wurde es
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