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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel
Autoren: Ian Banks
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deutlich zu unterscheiden. Über den Rippen war das Schlüsselbein, ebenfalls gebrochen und verheilt, Erinnerung an einen Reitunfall.
    Man hatte ihre Haut dunkel eingefärbt und daraus ein kleines Polster gemacht; ein kleiner schlichter Knopf steckte in ihrem Bauchnabel, und in einer Ecke war, nur zu ahnen, der Ansatz von dunklem, leicht rötlich gefärbtem Haar.
     
    Da waren die Treppe und Livueta und der Adjutant und das Dienstzimmer des Adjutanten zwischen hier und dort, dachte er, als er wieder an seinem Schreibtisch stand.
    Er schmeckte Blut im Mund und betrachtete seine rechte Hand. Er glaubte sich zu erinnern, dass er auf dem Weg die Treppe hinauf Livueta geschlagen hatte. Wie entsetzlich, der eigenen Schwester so etwas anzutun!
    Er sah sich einen Moment lang zerstreut um. Alles wirkte verschwommen.
    In der Absicht, sich das Auge zu reiben, hob er eine Hand und bemerkte die Pistole darin.
    Er setzte sie an die rechte Schläfe.
    Das war natürlich, so wurde ihm bewusst, genau das, was er nach Elethiomels Wunsch tun sollte, aber andererseits, welche Chance hatte man gegen ein derartiges Ungeheuer? Ein Mensch konnte nun mal nur soundsoviel aushalten.
    Er lächelte zur Tür hin. Jemand pochte dagegen und rief ein Wort, das sein Name hätte sein können; er konnte sich jetzt nicht mehr daran erinnern. Wie albern! Der Richtige Schritt. Der Einzige Ausweg. Der Ehrenhafte Abgang. Alles ein Haufen Mist! Nichts als Verzweiflung, lediglich das letzte Lachen, das Freilegen der Knochen, um es der Welt unmittelbar zu zeigen; hier.
    Doch ein so vollkommenes Geschick, eine solche Fähigkeit, solches Anpassungsvermögen, ein so betäubend grausamer Einsatz von Waffen, wenn alles zu einer Waffe werden konnte…
    Seine Hand zitterte. Er sah, wie die Tür allmählich nachgab, jemand musste offenbar sehr kräftig dagegenschlagen. Er vermutete, dass er sie abgeschlossen hatte, denn außer ihm war niemand im Raum. Er hätte eine größere Pistole wählen sollen, wurde ihm klar; diese war vielleicht nicht groß genug, um die Angelegenheit zu erledigen.
    Sein Mund war sehr trocken.
    Er drückte die Waffe fest gegen seine Schläfe und betätigte den Abzug.
     
    Die bedrängten Streitkräfte rund um die Staberinde unternahmen noch in derselben Stunde einen Ausbruch, während die Chirurgen um sein Leben kämpften.
    Es war eine gute Schlacht, und sie hätten fast gewonnen.

 
Vierzehn
     
     
    »Zakalwe…«
    »Nein.« – Immer noch dieselbe Ablehnung. Sie standen in einem Park, am Rand eines ausgedehnten, säuberlich gemähten Rasens unter einigen hohen, gekappten Bäumen. Die warme Brise trug den Geruch des Meeres und eine Ahnung von Blumenduft heran und flüsterte in den Büschen. Der sich allmählich auflösende Morgendunst verschleierte noch immer zwei Sonnen. Sma schüttelte wütend den Kopf und entfernte sich ein Stück.
    Er lehnte gegen einen Baum, hielt sich krampfhaft die Brust und atmete mühsam. Skaffen-Amtiskaw schwebte in der Nähe, um den Mann im Auge zu behalten, spielte jedoch mit einem Insekt, das auf dem Stamm eines anderen Baumes saß.
    Skaffen-Amtiskaw hielt den Mann für verrückt; mit Sicherheit war er sonderbar. Er hatte niemals schlüssig erklärt, warum er sich der Selbstverstümmelung ausgesetzt hatte und mitten durch den Sturm auf die Zitadelle gewandert war. Als Sma und die Drohne ihn endlich gefunden und mitgenommen hatten, von Kugeln durchlöchert, halb tot und auf der Blendmauer tobend, hatte er darauf bestanden, dass seine derzeitige Verfassung erhalten bleiben sollte, mehr nicht. Er wollte nicht wiederhergestellt werden. Er weigerte sich, auf die Vernunft zu hören, und dennoch lehnte es die Xenophobe ab – nachdem sie sie alle aufgelesen hatte –, den Mann für unzurechnungsfähig und unfähig zum Fällen eigener Entscheidungen zu erklären, und hatte ihn deshalb pflichtgerecht für die vierzehntägige Reise zu dem Planeten, wo die Frau namens Livueta Zakalwe jetzt lebte, in einen Tiefschlaf mit reduziertem Stoffwechsel versetzt.
    Er war aus diesem Trägheitsschlaf so krank erwacht, wie er ihn begonnen hatte. Der Mann war eine wandelnde Katastrophe, und es steckten immer noch zwei Kugeln in ihm, doch er verweigerte sich jeglicher Behandlung, bevor er diese Frau gesehen hatte. Bizarr!, dachte Skaffen-Amtiskaw, während der Flugkörper ein erweitertes Feld benutzte, um den Pfad eines kleinen Insekts zu blockieren, das sich seinen Weg den Baumstamm hinauf erfühlte und ertastete. Das Insekt wechselte
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