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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz
Autoren: Agatha Christie
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Wohnzimmer, um zu frühstücken. Mein Freund Poirot, pünktlich wie immer, klopfte gerade die Schale seines zweiten Eis auf. Er strahlte mich an.
    »Sie haben gut geschlafen, ja? Sie haben sich von der entsetzlichen Überfahrt erholt? Es ist ein Wunder, heute Morgen sind Sie fast pünktlich. Pardon, aber Ihre Krawatte hängt schief. Bitte, lassen Sie mich sie gerade rücken.«
    Ich habe Hercule Poirot schon an anderer Stelle beschrieben. Ein außergewöhnlicher kleiner Mann! Einen Meter zweiundsechzig groß; mit leicht schräg gehaltenem eierförmigem Kopf; Augen, die grün leuchten, wenn er in Erregung gerät; ein steifer militärischer Schnurrbart und eine Ausstrahlung von immenser Würde. Immer sah er adrett und elegant aus. Er brachte überhaupt jeglicher Ordnung ein leidenschaftliches Interesse entgegen. Ein schief stehender Ziergegenstand, ein paar Staubkörner, eine kleine Nachlässigkeit in der Kleidung, das alles bedeutete für den kleinen Mann wahrhafte Folter, solange er die Sache nicht gerade rücken konnte. Seine Gottheiten hießen »Ordnung« und »Methode«. Er brachte greifbaren Indizien wie Fußspuren oder Zigarettenasche eine gewisse Verachtung entgegen und erklärte immer wieder, solche Fundstücke allein könnten einen Detektiv niemals zur Lösung eines Falls befähigen. Hatte er das gesagt, tippte er sich mit absurder Selbstzufriedenheit an seinen Eierkopf und bemerkte mit tiefer Befriedigung:
    »Die wirkliche Arbeit geschieht im Kopf. Die kleinen grauen Zellen – vergessen Sie niemals die kleinen grauen Zellen, mon ami.«
    Ich nahm Platz und bemerkte als Antwort auf Poirots Begrüßung lässig, die einstündige Überfahrt von Calais nach Dover habe wohl kaum die Bezeichnung »entsetzlich« verdient.
    »Irgendwelche interessante Post?«, fragte ich dann.
    Mit unzufriedener Miene schüttelte Poirot den Kopf.
    »Ich habe meine Briefe noch nicht gelesen, aber heutzutage kommt einfach keine interessante Post mehr. Die großen Kriminellen, die Kriminellen, die mit Methode arbeiten, die gibt es nicht mehr.«
    Er schüttelte traurig den Kopf, und ich brüllte vor Lachen.
    »Kopf hoch, Poirot, das wird sich auch wieder ändern. Lesen Sie Ihre Briefe! Sie können doch nicht ahnen, ob nicht schon ein großer Fall am Horizont heraufzieht.«
    Poirot lächelte, griff zu seinem eleganten kleinen Brieföffner und schlitzte mehrere Briefumschläge auf, die neben seinem Teller gelegen hatten.
    »Eine Rechnung. Noch eine Rechnung. Ich werde wirklich extravagant auf meine alten Tage. Aha! Eine Mitteilung von Japp.«
    »Ach?« Ich spitzte die Ohren. Inspektor Japp von Scotland Yard hatte uns mehr als einmal auf interessante Fälle aufmerksam gemacht.
    »Er will sich nur auf seine Weise für eine Kleinigkeit in dieser Geschichte in Aberystwyth bedanken, bei der ich ihn auf den richtigen Weg gebracht habe. Ich bin entzückt, ihm zu Diensten gewesen zu sein.«
    Mit gelassener Miene las Poirot seine restliche Korrespondenz.
    »Die hiesigen Pfadfinder möchten, dass ich bei ihnen einen Vortrag halte. Die Gräfin von Forfanock würde sich über meinen Besuch freuen. Zweifellos geht es wieder um einen Schoßhund! Und hier ist der letzte Brief. Ah!«
    Ich schaute auf, denn sein Tonfall hatte sich geändert. Poirot war in seinen Brief vertieft. Gleich darauf hielt er mir den Bogen hin.
    »Das ist außergewöhnlich, mon ami. Lesen Sie selbst!«
    Eine kühne, eigenwillige Handschrift auf einer Sorte Papier, wie sie in England nicht verwendet wurde.
     
    Villa Geneviève
    Merlinville-sur-Mer
    Frankreich
     
    Sehr geehrter Herr,
    aus Gründen, auf die ich später noch eingehen werde, benötige ich die Dienste eines Detektivs, möchte jedoch nicht zur Polizei g e hen. Ich habe von verschiedenen Seiten von Ihnen gehört und dabei den Eindruck gewonnen, dass Sie nicht nur ein äußerst fähiger, sondern auch ein sehr diskreter Mann sind. Ich möchte der Post keine Einzelheiten anvertrauen, aber da ich ein Geheimnis ke n ne, fürchte ich jeden Tag um mein Leben. Ich bin davon übe r zeugt, dass mir jederzeit Gefahr drohen kann, und deshalb bitte ich Sie, so bald wie möglich nach Frankreich zu kommen. Wenn Sie mir Ihre Ankunft mitteilen, werde ich Sie in Calais abholen lassen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie alle anderen Fälle aufschieben und sich ganz und gar meinen Interessen wi d men könnten. Ich werde jegliche Entschädigungssumme zahlen. Vermutlich werde ich Ihre Dienste für einige Zeit in Anspruch nehmen müssen;
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