Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
möglicherweise müssen Sie sich nach Santiago begeben, wo ich mehrere Jahre meines Lebens verbracht habe. Ich bitte Sie, mir Ihre Honorarvorstellungen zu nennen.
    Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Sache keinen Aufschub duldet.
     
    Mit vorzüglicher Hochachtung,
    P. T. Renauld
     
    Unter der Unterschrift befand sich noch eine eilig hingekritzelte, kaum zu entziffernde Zeile:
     
    »Um Himmels willen, kommen Sie!«
     
    Mein Puls ging schneller, als ich Poirot den Brief zurückgab.
    »Endlich!«, sagte ich. »Das ist nun wirklich sehr außergewöhnlich!«
    »In der Tat«, erwiderte Poirot nachdenklich.
    »Sie fahren natürlich hin«, sagte ich.
    Poirot nickte. Er war in Gedanken versunken. Endlich schien er einen Entschluss gefasst zu haben und schaute auf die Uhr. Er machte ein sehr ernstes Gesicht.
    »Sehen Sie, mein Freund, wir haben keine Zeit zu verlieren. Der nächste Zug fährt um elf von Victoria ab. Aber bleiben Sie ganz ruhig. Wir brauchen nicht zu hetzen. Gönnen wir uns zehn Minuten, um die Sache zu besprechen. Sie begleiten mich, n’est-ce pas?«
    »Also…«
    »Sie haben mir selbst erzählt, dass Ihr Arbeitgeber Sie in den nächsten beiden Wochen nicht braucht.«
    »Ja, das stimmt. Aber dieser Mr Renauld betont doch immer wieder, dass er die Sache geheim halten möchte.«
    »Ta-ta-ta! Mit Mr Renauld werde ich schon fertig. Der Name kommt mir übrigens bekannt vor.«
    »Es gibt einen bekannten südamerikanischen Millionär, der Renauld heißt. Allerdings weiß ich nicht, ob das derselbe sein kann.«
    »Aber zweifellos. Das erklärt, warum er Santiago erwähnt. Santiago liegt in Chile, und Chile liegt in Südamerika. Ah, wir machen schon Fortschritte. Sie haben doch das PS gesehen? Was haben Sie davon für einen Eindruck?«
    Ich dachte nach.
    »Als er den Brief schrieb, hatte er sich offenbar unter Kontrolle, aber diese Selbstdisziplin konnte er doch nicht ganz durchhalten, und aus einem Impuls heraus hat er diese verzweifelten fünf Wörter hingekritzelt.«
    Doch mein Freund schüttelte energisch den Kopf.
    »Sie irren sich. Sehen Sie nicht, dass die Tinte der Unterschrift fast schwarz, die des PS dagegen ziemlich bleich ist?«
    »Und?«, fragte ich verwirrt.
    »Mon Dieu, mon ami, nutzen Sie doch Ihre kleinen grauen Zellen! Liegt es nicht auf der Hand? Monsieur Renauld hat diesen Brief geschrieben. Er hat kein Löschblatt benutzt, sondern ihn noch einmal in aller Ruhe gelesen. Danach, nicht aus einem Impuls heraus, sondern ganz bewusst, hat er den Nachsatz hinzugefügt und dann zum Löschpapier gegriffen.«
    »Aber warum?«
    »Parbleu! Damit es genau den Eindruck erweckt, den Sie hatten.«
    »Was?«
    »Parbleu! Er wollte sichergehen, dass ich komme! Er hat seinen Brief noch einmal gelesen und war nicht zufrieden. Es war nicht dringlich genug!«
    Er verstummte und fügte dann, während aus seinen Augen das grüne Licht leuchtete, das immer innere Erregung anzeigte, hinzu:
    »Und deshalb, mon ami, weil er das PS nicht aus einem Impuls heraus, sondern ganz kaltblütig hinzugefügt hat, ist die Sache sehr dringend, und wir müssen so schnell wie möglich zu ihm fahren.«
    »Merlinville«, murmelte ich nachdenklich. »Das habe ich schon einmal gehört, glaube ich.«
    Poirot nickte.
    »Es ist ein ziemlich kleiner Ort – aber schick! Liegt auf halber Strecke zwischen Boulogne und Calais. Monsieur Renauld hat auch in England ein Haus, nehme ich an?«
    »Ja, am Rutland Gate, wenn ich mich richtig erinnere. Außerdem hat er einen großen Landsitz, irgendwo in Hertfordshire. Aber ich weiß wirklich sehr wenig über ihn, er führt kein besonders geselliges Leben. Ich glaube, er macht gute Geschäfte mit Südamerika und hat bisher vor allem in Chile und Argentinien gelebt.«
    »Na, das wird er uns alles selber erzählen. Kommen Sie, lassen Sie uns packen. Jeder einen kleinen Koffer, dann nehmen wir ein Taxi nach Victoria.«
    Um elf Uhr verließen wir Victoria in Richtung Dover. Vor unserer Abreise hatte Poirot noch ein Telegramm aufgegeben, um Mr Renauld unsere Ankunftszeit mitzuteilen.
    Auf der Fähre war ich nicht so dumm, meinen Freund aus seiner Einsamkeit zu reißen. Das Wetter war wunderbar, die See so glatt wie der sprichwörtliche Mühlenteich, und es überraschte mich kaum, als sich mir in Calais ein lächelnder Poirot anschloss. Eine Enttäuschung erwartete uns, kein Wagen war uns entgegengeschickt worden, aber Poirot nahm an, das Telegramm sei wohl einfach zu spät angekommen.
    »Wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher