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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
Autoren: King Stephen
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Kapitel I
    C ALLAHAN UND DIE V AMPIRE
    1
     
    Pere Don Callahan war einst der katholische Geistliche einer Kleinstadt gewesen – Jerusalem’s Lot hatte sie geheißen –, die auf keiner Landkarte mehr existierte. Das kümmerte ihn jetzt nicht mehr viel. Begriffe wie Realität hatten aufgehört, für ihn eine Rolle zu spielen.
    Dieser ehemalige Priester hielt jetzt einen heidnischen Gegenstand in der Hand, eine fein aus Elfenbein geschnitzte kleine Schildkröte. Ihr Maul war durch einen winzigen Spalt entstellt, und ihr Panzer wies einen Kratzer in Form eines Fragezeichens auf, aber sonst war sie ein schönes Stück.
    Schön und machtvoll. Er konnte ihre Kraft wie elektrische Spannung in den Händen spüren.
    »Wie schön sie ist!«, flüsterte er dem neben ihm stehenden Jungen zu. »Ist sie die Schildkröte Maturin? Das ist sie, nicht wahr?«
    Der Junge hieß Jake Chambers, und er war einen weiten Weg gegangen, um fast wieder zu seinem Ausgangspunkt hier in Manhattan zurückzukehren. »Weiß ich nicht«, sagte er. »Vermutlich. Susannah nennt sie Sköldpadda, und sie kann uns vielleicht helfen, aber sie kann die Killer, die uns dort drinnen erwarten, nicht töten.« Er nickte zum Dixie Pig hinüber und fragte sich, ob er statt Susannah nicht Mia meinte. Früher hätte er behauptet, das spiele keine Rolle, weil die beiden Frauen so eng miteinander verwoben seien. Inzwischen glaubte er jedoch, dass es wichtig war – oder es bald sein würde.
    »Bist du bereit dazu?«, fragte Jake den Pere und meinte damit: Wirst du standhalten? Wirst du kämpfen? Wirst du töten?
    »O ja«, sagte Callahan ruhig. Er steckte die Elfenbeinschildkröte mit den weisen Augen und dem zerkratzten Panzer wieder in seine Brusttasche mit den Reservepatronen für die Pistole, mit der er bewaffnet war, und klopfte dann auf das kunstvoll geschnitzte Ding, um sich zu vergewissern, dass es dort sicher aufgehoben war. »Ich schieße, bis die letzte Patrone verschossen ist oder ich tot bin. Und ist die Munition verschossen, bevor sie mich töten, schlage ich mit dem … Pistolengriff auf sie ein.«
    Die Pause war so kurz, dass Jake sie nicht einmal wahrnahm. Aber in dieser Pause sprach das Weiße zu Father Callahan. Es war eine Macht, die er schon immer, sogar schon in seiner Kindheit gekannt hatte, obwohl es zwischendurch ein paar Jahre gegeben hatte, in denen er vom Glauben abgefallen war, in denen sein Wissen um diese Elementargewalt erst verblasst und dann ganz verloren gegangen war. Aber diese Zeit war vorüber, das Weiße war wieder sein, und er sagte Gott seinen Dank dafür.
    Jake nickte, dann sagte er etwas, was Callahan kaum hörte. Und was Jake sagte, war nicht wichtig. Was jene andere Stimme sagte – die Stimme eines Wesens
    (Gan)
    das vielleicht zu groß war, um Gott genannt zu werden –, das war wichtig.
    Der Junge muss weitermachen, erklärte ihm die Stimme. Was hier auch geschieht, wie immer es ausgeht, der Junge muss weitermachen. Deine Rolle in dieser Geschichte ist fast zu Ende. Seine nicht.
    Sie gingen an einem Schild auf einem verchromten Ständer vorbei ( WEGEN PRIVATVERANSTALTUNG GESCHLOSSEN ). Jakes spezieller Freund Oy trottete mit erhobenem Kopf und grinsend hochgezogenen Lefzen zwischen ihnen einher. Auf der obersten Stufe griff Jake in die Schilftasche, die Susannah-Mio aus Calla Bryn Sturgis mitgebracht hatte, und zog zwei der Teller –’Rizas – heraus. Er schlug sie kurz aneinander, nickte, als sie dumpf dröhnten, und sagte dann: »Zeig mir deine Waffe.«
    Callahan hob die Ruger, die Jake aus Calla New York mitgebracht und nun wieder dorthin zurückgebracht hatte; das Leben ist ein Rad, und wir alle sagen unseren Dank. Einen Augenblick lang hielt der Pere die Ruger wie ein Duellant neben der rechten Wange hoch. Dann berührte er seine Brusttasche, die von den Patronen und der Schildkröte ausgebeult war. Von der Sköldpadda.
    Jake nickte. »Sobald wir drin sind, bleiben wir zusammen. Immer zusammen, immer mit Oy zwischen uns. Auf drei geht’s los. Und wenn wir anfangen, hören wir nicht mehr auf, bevor wir tot sind.«
    »Nicht vorher.«
    »Genau. Bist du bereit?«
    »Ja. Gottes Liebe ruht auf dir, Junge.«
    »Und auf dir, Pere. Eins … zwei … drei.« Jake öffnete die Tür, und gemeinsam traten sie in gedämpftes Licht und den süßlichen, würzigen Geruch von bratendem Fleisch.
     
     
    2
     
    Jake ging seinem vermeintlich sicheren Tod entgegen, indem er sich an zwei Dinge erinnerte, die Roland Deschain, sein
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