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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz
Autoren: Agatha Christie
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mieten einen Wagen«, schlug er munter vor. Und wenige Minuten darauf schaukelten und huckelten wir im ramponiertesten Mietwagen aller Zeiten in Richtung Merlinville.
    Ich war in ausgesprochen guter Stimmung, während mein kleiner Freund mich mit ernster Miene musterte.
    »Sie sind das, was im alten Aberglauben als Vorspuk bezeichnet wurde, Hastings. Ein Vorspuk kündigt eine Katastrophe an.«
    »Unsinn. Jedenfalls scheinen Sie weniger gut aufgelegt.«
    »Ich habe Angst.«
    »Angst wovor?«
    »Das weiß ich nicht. Aber ich habe eine Vorahnung – eine je ne sais quoi.«
    Das sagte er in so ernstem Ton, dass ich wider Willen beeindruckt war.
    »Ich habe das Gefühl«, sagte er langsam, »dass das ein großer Fall sein wird – ein langwieriges, ärgerliches Problem, das sich nicht leicht lösen lassen wird.«
    Ich hätte ihm gern noch weitere Fragen gestellt, aber inzwischen näherten wir uns der kleinen Stadt Merlinville und drosselten unser Tempo, um uns nach dem Weg zur Villa Geneviève zu erkundigen.
    »Geradeaus, Monsieur, durch die Stadt. Die Villa Geneviève liegt einen knappen Kilometer weiter auf der anderen Seite. Sie können sie nicht verfehlen. Ein großes Haus mit Meerblick.«
    Wir bedankten uns für diese Auskunft und durchquerten die Stadt. An einer Abzweigung hielten wir abermals. Ein Bauer kam auf uns zugetrottet, und wir wollten ihn, wenn er auf unserer Höhe war, noch einmal nach dem richtigen Weg fragen. Am Straßenrand stand zwar ein Haus, aber es war zu klein und zu heruntergekommen, als dass es unser Ziel hätte sein können. Während wir noch warteten, öffnete sich eine Tür und eine junge Frau trat auf die Straße.
    Nun hatte der Bauer uns erreicht, und unser Fahrer lehnte sich aus dem Fenster, um sich nach dem Weg zu erkundigen.
    »Die Villa Geneviève? Nur ein paar Schritte weiter und dann rechts. Wenn die Kurve nicht wäre, hätten Sie sie schon gesehen, Monsieur.«
    Der Fahrer bedankte sich und ließ den Motor wieder an. Ich betrachtete fasziniert die junge Frau, die eine Hand auf dem Tor liegen hatte und uns beobachtete. Ich bewundere Schönheit, und an dieser hier hätte niemand schweigend vorbeigehen können. Sehr groß, mit den Proportionen einer jungen Göttin; ihre unbedeckten goldenen Haare funkelten im Sonnenschein, und ich hätte geschworen, dass sie eins der schönsten jungen Mädchen war, die ich je gesehen hatte. Als wir die holprige Straße hochfuhren, drehte ich mich um, um sie noch einmal zu sehen.
    »Beim Zeus, Poirot«, rief ich. »Haben Sie diese junge Göttin gesehen?«
    Poirot hob die Augenbrauen.
    »Ca commence«, murmelte er. »Schon haben Sie eine Göttin gesehen.«
    »Aber zum Henker, sie ist doch eine!«
    »Schon möglich, ich habe nicht darauf geachtet.«
    »Aber Sie haben sie doch bestimmt gesehen?«
    » Mon ami, zwei Menschen sehen nur selten dasselbe. Sie beispielsweise haben eine Göttin gesehen. Ich dagegen…« Er zögerte.
    »Ja?«
    »Ich habe nur ein Mädchen mit ängstlichen Augen gesehen«, sagte Poirot ernst.
    In diesem Moment hielten wir vor einem großen grünen Tor und stießen wie aus einem Munde einen überraschten Ruf aus. Vor dem Tor stand ein imposanter se r gent de ville. Er hob die Hand, um uns den Weg zu versperren.
    »Sie können hier nicht durch, Messieurs.«
    »Aber wir möchten zu Mr Renauld«, rief ich. »Wir sind mit ihm verabredet. Das ist doch sein Haus, oder?«
    »Das schon, Monsieur, aber…«
    Poirot beugte sich vor.
    »Aber was?«
    »Monsieur Renauld ist heute Morgen ermordet worden.«

Drittes Kapitel

In der Villa Geneviève
     
    P oirot sprang aus dem Wagen. Seine Augen leuchteten vor Aufregung. »Was sagen Sie da? Ermordet? Wann? Wie?«
    Der sergent de ville richtete sich auf.
    »Ich darf keinerlei Fragen beantworten, Monsieur.«
    »Natürlich. Ich verstehe.« Poirot dachte kurz nach. »Aber zweifellos ist der Kommissar hier?«
    »Ja, Monsieur.«
    Poirot zog eine Visitenkarte hervor und kritzelte einige Worte darauf.
    »Voilà! Hätten Sie vielleicht die Güte, dem Kommissar unverzüglich diese Karte bringen zu lassen?«
    Der Mann nahm die Karte, schaute sich um und pfiff. Sofort erschien ein Kollege und nahm Poirots Mitteilung in Empfang. Wir warteten einige Minuten, und dann kam ein kleiner, beleibter Mann mit gewaltigem Schnurrbart auf das Tor zugeeilt. Der sergent de ville salutierte und trat beiseite.
    »Mein lieber Monsieur Poirot«, rief der Neuankömmling. »Welche Freude, Sie zu sehen. Und Sie kommen wie
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