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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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Vorwort
    I ch kann nicht», sagte Eva Fleischmannová während des ersten Treffens in der Wohnung ihrer Tochter Marika im slowakischen Dunajská Streda. Damals, im Oktober 2007, war Eva 83 Jahre alt. Noch nie hatte sie über die Vergangenheit gesprochen, sogar ihre Tochter wusste nur, dass sie in einem deutschen Konzentrationslager geboren worden war. Fast wäre Eva nicht zu dem vereinbarten Gespräch gekommen, noch dazu mit jemandem, der ausgerechnet in Dachau lebt. Aber sie kam dann doch, weil sie nicht unhöflich erscheinen wollte, bereitete Kaffee und Kuchen, zog sich hübsch an – und schwieg. Erst als sie das Foto mit fünf Frauen und ihren Babys, eine Kopie des Fotos aus der KZ-Gedenkstätte Dachau, sah, brach sie ihr Schweigen. «Ja, das bin ich, die Frau in der Mitte.» Dann beantwortete sie zurückhaltend einige Fragen, sprach von der Selektion an der Rampe von Auschwitz-Birkenau, der ständigen Angst vor der Entdeckung ihrer Schwangerschaft durch die SS und versank wieder in Schweigen. Auf die Frage nach der Geburt Marikas reagierte sie mit einem Achselzucken. «Normal, wie bei jeder Frau.» Sie war offenbar überrascht, dass jemand aus Deutschland anreist, um eine solche Frage zu stellen. Aber so ist Eva Fleischmannová eben. Eine bescheidene Frau, die um ihre außergewöhnliche Geschichte nie Aufhebens gemacht hat. Gerade mal eine halbe Stunde dauerte das erste Gespräch. Dann sagte sie wieder: «Ich kann einfach nicht.» Sie gab uns aber eine Telefonnummer, von Miriam Rosenthal in Toronto, die wie sie und fünf weitere jüdische Frauen im Winter 1944/45 im Dachauer KZ-Außenlager Kaufering I ein Kind zur Welt brachten und überlebten. Miriam und Eva sind heute die letzten, die noch am Leben sind.
    Nur durch einen Zufall ist das einzige Foto aller sieben Frauen und ihrer Babys gerettet worden. Es ist das Foto auf dem Umschlag dieses Buches. Eigentlich wollte die Besitzerin, eine Unbekannte, den Karton mit dieser Fotografie und ungefähr 25 anderen eines Tages, es war Anfang der 1980er-Jahre, wegwerfen. Aber dann gab sie sie dem Sanitärfachmann McLaughlin, der gerade in Oster Bay in New York auf dem Gehsteig vor ihrem Haus arbeitete. Der Mann behielt aus einer Laune heraus die Fotos und vergaß sie. Zwanzig Jahre später zeigten er und seine Frau an ihrem Alterssitz in Florida das Foto einem jüdischen Nachbarn. Auf sein Drängen hin schenkte Dorothy McLaughlin im Juni 2005 das Foto dem United States Holocaust Museum in Washington. Dann, an einem Tag im Januar 2008, starrte eine Internetbesucherin, Lilian Rosenthal, wie gebannt auf die Website des Museums, fassungslos, dort ein Foto ihrer Mutter zu entdecken, die einzige erhaltene oder bekannte Aufnahme von Miriam Rosenthal, die wenige Wochen nach der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau am 29. April 1945 aufgenommen worden war. Nur wenige Tage später, wir konnten nicht wissen, dass die Aufregung der Familie über den sensationellen Fund sich gerade gelegt hatte, riefen wir zum ersten Mal Miriam an. Schon nach den ersten Minuten unseres Gesprächs waren wir von ihr begeistert. Miriam ist charmant, herzenswarm und scharfsinnig – und trotz allem, was sie erlitten hat, tritt sie dem Leben und den Menschen aufgeschlossen und tolerant gegenüber. Dispute über den Glauben nach dem Holocaust beendet die strenggläubige Miriam allerdings ziemlich rasch: «Ich habe einen Sohn aus der Hölle zurückgebracht. Wie sollte ich da nicht glauben!» Noch heute, inzwischen braucht sie eine Gehhilfe, kümmert sie sich um die Bewohner eines Altenheimes. Ihrer großen Tanzleidenschaft, Swing und Foxtrott, kann sie heute nicht mehr huldigen – aber sie geht noch schwimmen, zwei-, dreimal die Woche. Und bei jedem Besuch empfängt sie uns in ihrem Haus in Toronto mit dem bezauberndsten Lächeln, das man sich überhaupt vorstellen kann.
    Dabei können Miriam und Eva wie alle Holocaust-Überlebenden nicht vergessen. Schrecken, Demütigung und Hunger verfolgen sie in ihren Träumen bis heute. Miriam und Eva sind sich in zwei Punkten sehr ähnlich: Sie haben eine starke Persönlichkeit und sind der Mittelpunkt ihrer Großfamilien mit vielen Enkeln und Urenkeln. Evas Leben nach 1945 war alles andere als leicht. Bis auf ihre Schwester wurde die ganze Familie, auch der Vater ihres Kindes, ermordet. Sie blieb im fremden Land allein, mit einer unehelichen Tochter, von der keiner glauben wollte, dass sie in einem KZ geboren wurde. Sie fand dennoch die Kraft
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