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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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Superstars«
    Die große Doppelgänger-Revue
    Die Superstars der Superstars hatten sich um einen kindshohen Standaschenbecher aus Metall gruppiert, in dem sich irgendetwas entzündet haben musste. Dunkler Qualm stieg daraus empor, den die stark geschminkten Prominentenimitatoren, wenn der Wind ihn in ihre Richtung trieb, mit wedelnden Handbewegungen zu verscheuchen versuchten.
    Bruno sah sich um. Niemand vom Hotelpersonal war zu sehen. Er hätte den Zimmerschlüssel auch mitnehmen können, aber das war ihm zu unsicher. Möglicherweise zog er ihn unbemerkt aus der Hosentasche heraus, wenn er nach seinem Taschentuch griff, und verlor ihn auf diese Weise.
    »Fräulein!«, rief Bruno auf Verdacht, aber so leise, dass es garantiert niemand hören konnte.
    Wie zu erwarten, geschah nichts.
    Einer der Elvisse draußen vor der Tür schnippte seine Zigarettenkippe von sich, dann zog er einen Stielkamm aus dem Inneren seines Rock’n’Roll-Kostüms und bearbeitete damit äußerst behutsam seine Tolle.
    Erst jetzt entdeckte Bruno die kleine Klingel auf dem Tresen. Er rief noch einmal, diesmal laut und bestimmt: »Fräulein!«, dann hieb er auf die Klingel, und mit einem hohen, klirrenden Ton, der Bruno bis ins Mark fuhr, machte es: »Pling!«

Deckung!
    Dieser Dorftrottel, dieser elende Bauerntölpel! Wie der schon wieder aussieht heute! In seinen Plastiksandalen! Dem Kunstfaserhemd! Mit diesem Deppenhut auf dem Quadratschädel! Eine Beleidigung fürs Auge. Ein ästhetischer Amoklauf. Die Birne rot wie ein Radieschen. Wampe, na klar!
    Geh zurück in dein Dorf, Mann! Du Hinterwäldler! Steh mir nicht im Weg! Geh mir aus der Sonne!
    Ja, da guckst du, keiner da. Ach! Niemand, der deinen Scheißschlüssel nimmt. Niemand … Deckung! Hat er mich gesehen? Nein, kann er nicht. Kann er gar nicht! Nicht durch das ganze Grünzeug hindurch.
    Kommt immer noch keiner. Schade. Du musst schon etwas lauter rufen, wenn dich einer hören soll! Mein Bester! Mein lieber Bruno! Ja genau, das nennt man eine Klingel, und wenn man da draufschlägt, dann … Richtig, kommt eine nette Frau, und nimmt dir den Schlüssel ab. Und da ist sie auch schon. Wie aus dem Nichts. Und grinst, nicht weil sie freundlich zu dir ist. Nein, nein, du verstehst das ganz falsch, mein Lieber. Es ist nämlich ihr Beruf zu grinsen. Nein, du musst ihr nicht die Hand geben, wenn du dich verabschiedest. Ihr seid keine Freunde, Freundchen.
    Aber vielleicht werden wir beide ja welche. Wer weiß. Ich bin gleich bei dir. Warte, Bruno! Eine Sekunde noch, und noch eine Sekunde … Aber jetzt! Jetzt aber los!

Im Gedränge
    Der schrille Glockenklang war noch nicht verklungen, als sich in der hinteren Wand der Rezeption eine unsichtbare Tür öffnete, aus der die Rezeptionistin wie benommen – ja man musste es so sagen – heraustorkelte. Sie hatte einen roten Striemen auf der Stirn, so als habe sie gerade ein Nickerchen auf der Tischkante gemacht. Aber, ganz Profi, lächelte sie Bruno schon wieder freundlich zu, und Bruno, ganz Gentleman, übersah ihren schlaftrunkenen Zustand.
    Er reichte ihr die elektronische Schlüsselkarte über den Tresen, doch statt sie zu nehmen, griff sie, vermutlich noch immer nicht ganz aus Morpheus’ Reich zurück, versehentlich nach Brunos Hand.
    »Pardon!«, sagte sie.
    »Macht nüscht«, sagte Bruno, zwinkerte ihr vertraulich zu und begab sich Richtung Ausgang. Offenbar waren die Superstars mit ihren Zigaretten fertig, denn genau als er aus der Tür treten wollte, versperrte Bruno der kleine Pulk nachgemachter Berühmtheiten, von Marilyn Monroe angeführt, den Weg. Um ein Haar wären sie ineinandergelaufen. Zuvorkommend, wie Bruno war, trat er einen Schritt beiseite und lächelte der falschen Marilyn zu, die sich mit einem Knicks bedankte. Ihr auf den Fuß folgten die Tina Turners, die Charlie Chaplins, der Michael Jackson. Alle stanken sie nach Zigarettenrauch. Zum Schluss betraten die Elvisse das Hotelfoyer, der letzte von ihnen nickte Bruno zu, und schon wollte Bruno nun seinerseits die Tür durchqueren, um endlich zu seiner Verabredung zu spazieren, als ihn von hinten ein heftiger Stoß traf. Im nächsten Moment fuhr ihm ein stechender Schmerz in den rechten Oberschenkel. Bruno ging in die Knie. Er spürte durch seine leichte Sommerhose den kühlen Stein des polierten Hotelfoyers. Dann hob er den Kopf und sah, wie ein Schatten hinter ihm Richtung Ausgang huschte, hinaus ins Freie, dort kurz innehielt und sich zu Bruno umwandte. Es war einer der
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