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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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Noch schlimmer als die Angst vor dem totalen Bankrott war der Gedanke, vorm Personal des Jobcenters zu Kreuze kriechen zu müssen.
    Gott sei Dank gab es noch Peggy, seine Nachbarin zur Linken auf der Etage. Peggy, die berlinernde Arzt helferin mit den häufig wechselnden, stets farbenfrohen modischen Kurzhaarfrisuren, geboren in Marzahn und ein Ausbund an nie enden wollendem Optimismus.
    Und es gab da dieses Bauernhaus im Brandenburgischen, das Constanze und Kai in besseren Tagen gekauft hatten. Für sich und für die Kinder, für Wochenenden im Grünen, für frische Luft und Gesundheit. Doch erst Peggy war es, die van Harm auf den nahe liegenden Gedanken brachte, dort, im idyllischen Oderbruch, auf den Geistesblitz zu warten, der ihm den Pfad in die Zukunft erleuchten würde, statt im harschen Neukölln, das ihm, van Harm, doch ganz offensichtlich über die Maßen aufs sensible Gemüt schlug.
    Es war im Juni gewesen, knapp anderthalb Jahre nach seiner Entlassung und kurz vor Beginn der Sommerferien, als van Harm nach Altwassmuth ins Bauernhaus übersiedelte. Er hatte nicht mehr dabei als ein paar Tüten mit Lebensmitteln für die erste Zeit und sein Notebook. Er war schließlich nicht zum Vergnügen hier. Er musste irgendetwas tun, einen Artikel schreiben, eine Reportage bestenfalls, die ihm einen Neuanfang als Journalist ermöglichte, den Absprung aus der Lethargie. Um die Hinterwäldler aus Altwassmuth hatte er bisher nach Möglichkeit einen Bogen gemacht. Wenn sich der Kontakt zu den Eingeborenen nicht hatte vermeiden lassen, zum Beispiel weil man jemanden brauchte, der ein paar Beete umgrub oder einen Zaun strich oder einen Schuppen entrümpelte, und zwar für wenig Geld, hatte sich Constanze darum gekümmert. Doch die war jetzt nicht da. Die Gefahr bestand, dass Kai in eine Isolation und Einsamkeit geriet, die ihn noch mehr lähmte als die Unwirtlichkeit Neuköllns.
    Doch dann – und es kam ihm im Nachhinein wie ein Wunder vor – hatte er Bruno getroffen, Bruno Zabel, Faktotum und allgemeine Respektsperson im Dorf. Zugegeben: in einer äußerst skurrilen Situation und zu einer mehr als unchristlichen Tageszeit – kurz nach Sonnenaufgang, als van Harm dachte, unbeobachtet joggen zu können.
    Zabel hatte wie gelähmt vor der Dorfkirche gestanden, was noch nicht besonders skurril gewesen wäre, wenn die Dorfkirche nicht gerade wild lodernd in Flammen gestanden hätte. Außer Zabel war niemand zu sehen. Alle anderen schienen noch zu schlafen. Es war Kai, der schließlich die Feuerwehr rief. Auf diese Art hatte van Harms erste Dorfbekanntschaft begonnen, und Bruno Zabel, als wolle er sich bedanken, manövrierte Kai van Harm im Laufe der folgenden Wochen durch die Unwägbarkeiten des Dorflebens.
    Allerdings begann mit dem Feuer jenes frühen Morgens auch die Serie seltsamer, zum Teil gewalttätiger, zerstörerischer, einige sagten auch: diabolischer Ereignisse – andere sprachen schlicht von Verbrechen –, die Altwassmuth bis in die Grundfesten erschütterten. Die Zwietracht und Misstrauen unter den Dorfbewohnern säten, Verfolgungswahn und Hass, als hätte es all dies nicht ohnehin schon zur Genüge in der Gemeinde gegeben. Und für van Harm wurde die Situation nicht leichter, als obendrein noch Janne und Erik, seine störrischen Kinder, nach Altwassmuth kamen, um die ersten Ferienwochen in der idyllischen Einöde Ostbrandenburgs zu verbringen, und sich ohne große Umstände in das allgemeine Chaos einfügten.
    Natürlich war unter diesen Bedingungen nicht ans Arbeiten zu denken gewesen, an die Reportage, an was auch immer. Van Harm hatte seine liebe Not, sich und seine Kinder über Wasser zu halten, rein bildlich gesprochen, dafür zu sorgen, dass sie alle drei nicht in den Malstrom des Bösen gezogen wurden, der Altwassmuth erfasst hatte.
    Am Ende der Sommerferien, als der Spuk endlich vorüber und der Fall gelöst war, aufgeklärt nicht zuletzt durch ihn, van Harm, und Bruno Zabel, stand er wieder da wie Anfang Juni – mit leeren Händen. Das dachte er zumindest. Doch dann hatte er begonnen, das Erlebte aufzuschreiben. Die Notizen, die er sich über die Wochen hinweg aus alter Gewohnheit gemacht hatte, zu einer großen Erzählung zu verbinden, die er ausschmückte, in der er manches übertrieb um des Effekts willen und manches verschwieg, um jene Altwassmuther zu schonen, die ihm ans Herz gewachsen waren. Wie im Rausch hatte er gearbeitet, den August hindurch in seiner Neuköllner Wohnung. Im September
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