Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Invaders: Roman (German Edition)

Invaders: Roman (German Edition)

Titel: Invaders: Roman (German Edition)
Autoren: Peter Ward
Vom Netzwerk:
1 Im Großen und Ganzen war das Wohnzimmer des Hauses Woodview Gardens 23 genauso beschaffen wie alle anderen Wohnzimmer in der Straße. Es hatte Wände, einen Fußboden und zwei Nischen, die zu klein waren, um irgendetwas Vernünftiges darin unterzubringen. Es hatte ein Erkerfenster, eine Tür, die zum Flur führte, und eine Deckenlampe – mit anderen Worten, es verfügte über all das, was man bei einem Wohnzimmer erwarten durfte. Im Gegensatz zu den anderen Wohnzimmern in der Straße war dieses hier jedoch der reinste Saustall. Auf dem Teppich lagen zertretene Chips, das Sofa war mit Zeitungen übersät, der Fernseher diente als Wäscheständer – eine Installation, die einen äußerst muffigen Geruch verströmte. Die Tapete löste sich allmählich von den Fußleisten, und wenn man den Lichtschalter anfasste (sogar wenn man es nicht tat), lief man Gefahr, sich einen Schlag einzufangen, während in den Ecken ein seltsamer Dunst hing, der irgendwie gespenstisch wirkte. Wären die Vorhänge nicht ständig zugezogen gewesen, so hätte jemand, der am Haus vorüberging und ins Zimmer spähte, auf den Gedanken kommen können, in die Höhle eines Tieres zu blicken.
    In gewisser Weise handelte es sich tatsächlich um die Höhle eines Tiers, bloß dass das Tier, das hier hauste, ein Mensch war – ein Mensch namens Geoffrey Stamp. Geoffrey war mittelgroß, sah durchschnittlich aus und hatte blasse Haut, ein rundes Gesicht und olivgrüne Augen. Er war von magerer Statur, mit schmalen Schultern und Armen, die unverhältnismäßig dünn wirkten. Auf den ersten Blick war es schwer, sein Alter zu schätzen. Mit seinem dunklen Siebentagebart und den strähnigen kastanienbraunen Haaren, die ihm wie Gestrüpp in die Stirn hingen, hätte er ebenso gut fünfundzwanzig wie vierzig Jahre alt sein können.
    Tatsache war aber, dass Geoff vor ein paar Wochen siebenundzwanzig geworden war, was ihn jedoch nicht veranlasst hatte, eine große Geburtstagsparty zu schmeißen oder auch nur ein paar Freunde auf einen Drink einzuladen. Stattdessen war der Tag so ereignislos verlaufen wie eine Folge aus der Serie Ice Road Truckers . Immerhin hatte er ein paar Geburtstagskarten bekommen. Einige stammten von alten Freunden, mit denen er den Kontakt zu verlieren drohte, andere von entfernten Verwandten, die er zum letzten Mal in der Pubertät gesehen hatte, und eine kam von einer Versicherungsgesellschaft, die irgendwie sein Geburtstagsdatum herausgefunden hatte. »Alles Gute zum Geburtstag, Mr. Stamp «, hieß es in zwei verschiedenen Schriftarten auf dem unpersönlichen Vordruck. »Man wird bekanntlich nicht jünger. Haben Sie schon einmal daran gedacht, eine unserer supergünstigen Lebensversicherungen abzuschließen?« Er hoffte, dass diejenigen, die solche Schreiben verschickten, selber eine Lebensversicherung hatten – das hatten sie offenbar bitter nötig.
    Seine Eltern hatten ihm ebenfalls eine Geburtstagskarte geschickt, aus dem fernen Amerika. Vor ein paar Jahren hatten sie ihr Haus verkauft und waren aus London weggezogen, weil sich seinem Vater eine einmalige berufliche Chance bot – er machte irgendwas Langweiliges, das mit Informationstechnologie zu tun hatte –, die er einfach nicht ungenutzt lassen durfte. Deshalb waren sie nach Amerika übergesiedelt und hatten Geoff zurückgelassen. Schließlich sei er jetzt alt genug, um allein zurechtzukommen, hatten sie gesagt. Das würde ihm nur guttun. Geoff besuchte sie einmal im Jahr und telefonierte ab und zu mit seiner Mutter, obwohl die Gespräche immer gleich verliefen: Hatte er sich schon entschieden, was er mit seinem Leben anfangen wollte? Hatte er einen Job gefunden? Und hatte er endlich eine Freundin?
    Dass sich seine Mutter Sorgen machte, war verständlich. In Geoffs Alter hatten die meisten beruflich schon längst ihren Weg gefunden. Hatten vielleicht sogar eine feste Beziehung und fingen allmählich an, übers Heiraten nachzudenken. Hatten eine Hypothek aufgenommen, um ein Haus zu kaufen. Dinge dieser Art. Aber bei Geoff war das anders. Er war immer noch Single. Und arbeitslos. Der einzige Job, den er je über längere Zeit gehabt hatte, war der eines Zeitungsausträgers gewesen (zehn Jahre), und den hatte er verloren, weil man der Ansicht gewesen war, dass er zu alt dafür sei. Warum er so lange Zeitungsausträger geblieben war, wusste er selbst nicht. Vielleicht aus demselben Grund, aus dem er seitdem keine ernsthaften Anstrengungen unternommen hatte, einen anderen Job zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher