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Invaders: Roman (German Edition)

Invaders: Roman (German Edition)

Titel: Invaders: Roman (German Edition)
Autoren: Peter Ward
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Lebensstil sagte ihm rundum zu, zumindest so lange, bis er herausfand, was er mit seinem Leben anfangen wollte. Doch im Laufe des Vormittags raffte er sich tatsächlich dazu auf, einen Bewerbungsbrief an dieses Touristikunternehmen zu schreiben. Wenn er seinen guten Willen zeigte, würde das Tim hoffentlich davon abhalten, mit ihm über das Thema »Miete« zu sprechen – ein Thema, das Geoff immer Schuldgefühle einjagte.
    »Der Brief ist fertig«, rief er die Treppe hoch.
    »Gut«, erwiderte Tim, der offenbar gerade in seinem Arbeitszimmer war. »Dann geh und steck ihn in den Briefkasten, ja?«
    »Was denn? Soll ich ihn dir gar nicht vorlesen?«
    »Nicht nötig. Umschläge liegen auf dem Tisch im Flur.«
    Da Geoff immer noch Koordinationsschwierigkeiten hatte, brauchte er einige Minuten, um eine Briefmarke auf den Umschlag zu kleben und den Brief einzutüten.
    Als er auf der untersten Treppenstufe saß und seine Turnschuhe anzog, sah er durch das geriffelte Glas der Haustür die Silhouette einer Frau näher kommen. Auf der Schwelle machte sie halt, kramte kurz in einer großen Schultertasche herum und schob einen Brief durch den Briefschlitz.
    Für diese Silhouette hatte Geoff sehr viel übrig. Es war die von Zoë, der Postbotin, die er schon seit Jahren kannte, noch aus seiner Zeit als Zeitungsausträger. Damals hatten sie sich oft Gesellschaft geleistet, wenn sie ihre morgendliche Runde durch die Straßen machten – Geoff, um Zeitungen auszutragen, Zoë, um Post zuzustellen. Zoë war ziemlich jungenhaft. Sie trug ständig ausgebeulte Jeans, schmuddlige Turnschuhe und weite Pullover, die ihre schlanke Gestalt verbargen. Nie hatte sie ein Kleid oder einen Rock an, benutzte selten Make-up und ließ sich die dunklen Haare extrem kurz schneiden. Ihre Stimme war tiefer, als man es erwartet hätte, wenn man sie ansah. Im linken Ohr hatte sie vier Piercings, auf der rechten Schulter das Tattoo einer kleinen Eule. In ihrer Freizeit spielte sie in einer Band Gitarre. Ihre großen Augen und der breite Mund machten sie nicht gerade zur klassischen Schönheit, aber Geoff fand sie trotzdem außerordentlich attraktiv. Und es fiel ihm leicht, sich mit ihr zu unterhalten. Die Gespräche waren immer völlig ungezwungen. Er schaffte es mühelos, sie zum Lachen zu bringen, und sie war immer gern bereit, ihm Ratschläge zu erteilen oder ihm ermunternd zuzureden. Irgendwie kam er sich in ihrer Gegenwart wie jemand ganz anderes vor, als wäre sie in der Lage, in seinem Innern auf einen Schalter zu drücken und ihm Selbstvertrauen einzuflößen. Er hatte schon oft mit dem Gedanken gespielt, sie um ein Date zu bitten, aber nie den Mut dazu aufbringen können.
    Geoff sprang hoch und riss lächelnd die Haustür auf. Zoë stand direkt vor ihm. Sie waren sich einige Wochen lang nicht begegnet, und die Wiedersehensfreude ließ ihn derart aus dem Häuschen geraten, dass er gar nicht mitbekam, dass er sie gerade zu Tode erschreckt hatte.
    »Meine Güte, Geoff! Ich krieg ja gleich einen Herzinfarkt!« Sie lachte und presste sich die Hand gegen die Brust.
    »Oh, tut mir leid«, sagte Geoff. »Ich … äh … wollte gerade gehen. Witzigerweise um einen Brief einzustecken.« Er hielt den Brief hoch, als müsste er sein Vorhaben aus irgendeinem Grund beweisen.
    »Wie geht’s denn so?«, fragte sie. »Hast du schon einen Job gefunden?«
    Das war, als fragte man einen Kühlschrank, ob er jetzt Tennis spiele.
    »Nein, noch nicht«, erwiderte Geoff. »Aber ich hab mich gerade um einen beworben. Daher der Brief.«
    »Und was ist das für ein Job?«
    »Reiseführer.«
    »Reiseführer?«
    »Glaub ich jedenfalls. Die Anzeige ist nicht sehr präzise.«
    »Hört sich toll an. Würde ich auch gern machen. Man kann viel reisen und lernt ständig neue Leute kennen. Wenn du den Job bekommst, kannst du mich ja mal mitnehmen!«
    Geoff grinste verlegen.
    »Dieser Brief ist übrigens für dich«, sagte Zoë, indem sie auf das Schreiben zeigte, das sie gerade zugestellt hatte. »Viel Post bekommst du ja nicht gerade …«
    »Für mich?« Er hob den Brief auf. Das war ungewöhnlich. Er hatte schon seit Wochen keine Post mehr erhalten.
    »Hast du dich in der letzten Zeit noch um andere Jobs beworben? Vielleicht ist das ja eine Zusage.«
    »Ach was. Wahrscheinlich ist das nur ein Brief von der Bank, die wissen will, ob ich noch am Leben bin.« Er klemmte sich den Umschlag zwischen die Zähne, zog seine Jacke an, trat nach draußen und ließ die Tür hinter sich
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