Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flandry 6: Schattenwelt

Flandry 6: Schattenwelt

Titel: Flandry 6: Schattenwelt
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
 
I
     
    Alle Planeten in dieser Geschichte sind kalt – sogar Terra, und das, obwohl Flandry an einem warmen Nordsommerabend auf seine Heimatwelt zurückkehrte. Dort entsprang die Kälte der Seele.
    Einen Hauch davon spürte er schon, als er in die Nähe des Planeten kam. Aus einem unerfindlichen Grund waren sein Sohn und er auf imperiale Angelegenheiten zu sprechen gekommen. Während ihres ganzen Urlaubs hatten sie solche Gespräche gemieden.
    Anlass für den Themenwechsel war wohl nicht der Anblick Terras gewesen. Auf dem Bildschirm der Kabine, in der sie saßen, hing ihre schöne Kugel in sternenbesetzter Schwärze. Sie war beinahe voll, denn sie beschleunigten mit der Sonne im Rücken und waren noch nicht nahe genug, um das Anflugmanöver einzuleiten. Auf diese Entfernung leuchtete ihr weiß marmoriertes Blau, dieses unbeschreibliche Blau, neben dem Tautropfen Lunas. Von den Narben, die der Mensch in ihr Antlitz gegraben hatte, war nichts zu erkennen.
    Im Salon war es behaglich: die Schotten waren in perlglänzendem Grau gestrichen, die Sitzbänke mit kastanienbraunem Velvyl gepolstert, in der Mitte ein Tisch aus echtem Teak, auf dem Scotch und alles stand, was man zu seinem Gebrauch benötigte, warme Luft, perfekt regeneriert, in der Tanzmusik hüpfte und ein Hauch von Lilien schwebte. Die Hooligan, private Raumjacht von Captain Sir Dominic Flandry, war schneller, besser bewaffnet und grundsätzlich vielseitiger, als ein Raumfahrzeug ihrer Klasse hätte sein dürfen; ihre Quartiere spiegelten die Anschauung ihres Eigners wider, dass jemand, der in ein Zeitalter der Dekadenz hineingeboren sei, das Recht habe, es zu genießen, solange es anhalte.
    Flandry lehnte sich zurück, zog tief an seiner Zigarette, genoss mit einem Zug aus seinem Glas eine andere Art von Rauchigkeit und blickte Dominic Hazeltine mit einiger Besorgnis an. Wenn die Mark wirklich so kurz vor der Explosion stand – und der Junge musste dorthin zurück … »Bist du dir sicher?«, fragte er. »Welche gesicherten Tatsachen kennst du – Beobachtungen aus erster Hand, nicht die eines anderen? Warum sollte ich nicht mehr davon gehört haben?«
    Sein Sohn erwiderte seinen Blick ruhig. »Ich will dir nicht das Gefühl geben, du wärest alt«, sagte er, und Flandry durchschoss die Erkenntnis, dass ein Lieutenant Commander im Nachrichtenkorps von siebenundzwanzig Standardjahren eigentlich kein Junge mehr sei, genauso wenig wie sein Vater noch der Junge war, der ihn gezeugt hatte. Hazeltine lächelte und nahm den Fluch von ihm: »Na ja, vielleicht doch, nur damit ich hoffen kann, dass ich in deinem Alter die gleiche Fähigkeit für die drei grundlegenden Dinge im Leben wie du erlangt habe – geschweige denn mir bewahrt.«
    »Drei?« Flandry zog die Brauen hoch.
    »Feiern, fechten und … Moment, natürlich bin ich nie dabei gewesen, wenn du gekämpft hast. Aber ich bezweifle nicht, dass du dich in dieser Kategorie weiterhin so gut schlägst wie früher. Andererseits hast du mir erzählt, du hättest die vergangenen drei Jahre im Solaren System verbracht und dir ein schönes Leben gemacht. Wenn die Nachrichten von Dennitza den Kaiser noch nicht erreicht haben – und offensichtlich geht es dort erst jetzt richtig los –, wieso sollten sie dann schon zu einem seiner verhätschelten Schoßtiere durchgedrungen sein?«
    »Hm. Das bin ich eigentlich nicht. Er hätschelt mit schwerer Hand. Deshalb meide ich den Hof, soweit es der Anstand erlaubt. Dieser unbegrenzte Urlaub, den ich habe – niemand außer dem Kaiser selbst würde es wagen, mich zum Dienst zurückzurufen, es sei denn, mir wird langweilig und ich ersuche um Verwendung –, das ist das einzige wichtige Privileg, das ich angenommen habe. Abgesehen natürlich von dem unerhörten Maß an Talent, Fähigkeit und Charme, mit dem ich geboren wurde; und ich gebe mein Bestes, um diese Chromosomen weiter zu verbreiten.«
    Flandry sprach in der Hoffnung, eine ähnliche Antwort zu erhalten, in unbekümmertem Ton. Während ihres Monatsausflugs hatte zwischen ihnen Geplänkel vorgeherrscht, ob auf einer halsbrecherischen Bergtour im Großen Riss auf Mars oder beim Glücksspiel in einer Schürferkaschemme Nieder-Venusbergs, ob sie über die Saturnringe liefen oder unter ihrer Pracht auf Japetus zwei Damen in ein elegantes Feinschmeckerlokal ausführten. Mussten sie jetzt schon in die Wirklichkeit zurückkehren?
    Sie waren eher Freunde als Vater und Sohn. Ihr Altersunterschied zeigte sich kaum. Beide waren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher