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086 - Und nachts kam der Vampir

086 - Und nachts kam der Vampir

Titel: 086 - Und nachts kam der Vampir
Autoren: Frank deLorca
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Der kleine, schnittige Sportwagen mit dem geöffneten Verdeck stand in einer Waldschneise. Peter Wenlein, ein Student der Rechte, hatte diesen Platz mit Bedacht gewählt.
    Der rote Flitzer, dessen Farbe im Dunklen an geronnenes Blut erinnerte, stand mit der Motorhaube genau dort, wo sich die Schneise in eine leicht abfallende Lichtung öffnete. Der Student war nicht zum ersten Mal an diesem Platz, doch zum ersten Mal hatte er dieses Mädchen dabei.
    Elisabeth. Klein mochte an die 17 Jahre alt sein, und sie fand es »unwahrscheinlich toll«, daß der junge, gutaussehende Mann mit seinem Sportwagen sie heute abend eingeladen hatte. Die Tochter des Kaufmanns im nahen Dorf hatte schon seit langem ein Auge auf Peter geworfen, und sie hatte freudig ja gesagt, als er sie fragte.
    Sie waren im Kino gewesen, und auf der Rückfahrt hatte Peter diesen Platz angesteuert.
    Am Ende der abfallenden Lichtung breitete sich ein flacher, runder Weiher aus, dessen Ufer mit Schilf bestanden waren. Der Mondschein lag auf dem leicht gekräuselten Wasser wie ein Streifen weißglänzenden, kalten Feuers. Jeden Augenblick wollte man erwarten, daß dieses weiße Feuer sich über den ganzen See fressen würde, so wie ein Feuer sich über ein Kornfeld ausbreitet. Aber es lag glitzernd und zitternd in einem breiten, nervösen Streifen da, der sich bis dorthin erstreckte, wo das Schilf des anderen Ufers eine dunkle, wogende Linie bildete.
    Sie saßen im Wagen und sprachen über den Film, den sie gerade gesehen hatten, und betrachteten den weißen Lichtstreifen. Dann erstarb das Gespräch.
    Das Mädchen war ein Stück vom Sitz herabgeglitten, und der Kopf ruhte auf dem Rückenpolster, so daß Elisabeth nicht mehr gegen den Horizont schaute, sondern in den Himmel.
    Und das Mondlicht floß über ihr Gesicht, daß es so glatt und so weiß wie Marmor aussah.
    Auch Peter lehnte sich zurück, und ’ das Mondlicht ergoß sich auch über sein Gesicht. Er dachte nun daran, daß er in einer Minute hinübergreifen würde, um sie zu berühren.
    Er schaute verstohlen zur Seite und sah, wie ihr Gesicht im Mondschein so glatt wie Marmor war, und daß sie die Augen geschlossen hatte. Und wie ihre Hände mit der Handfläche nach oben dalagen, die Finger ein wenig gekrümmt, als wollten sie ein Geschenk empfangen. Es wäre leicht gewesen, einfach hinüberzulangen und mit »der Sache« anzufangen.
    Denn Peter Wenlein dachte in der schnoddrigen Sprache eines Studenten, der sich für einen verdammt schneidigen Kerl hält.
    Das Mädchen öffnete weich die Lippen.
    »Peter. . .«
    Er wandte sich zu ihr, und stützte sich mit dem Ellenbogen an der Rückenlehne auf.
    »Lissy?«
    »Ich danke dir für diesen Abend. Es ist so schön, ich könnte weinen.«
    Er wußte nicht, was er darauf antworten sollte, und deshalb schwieg er. Mit einem Male tat ihm das Mädchen leid. Er hätte es jetzt nehmen können, doch er tat es nicht. Er schaute auf Elisabeth herab, wie sie blaß und unschuldig dalag.
    Sie war nicht eigentlich schön, doch ihr Gesicht mit den dunkelblonden Locken war apart zu nennen. Die feingeschwungene Linie ihrer Nase war ein Erbstück ihrer Mutter, die nach dem Krieg aufs Land gezogen war und dort den Kolonialwarenhändler Georg Klein heiratete. Elisabeth war das einzige Kind geblieben.
    Peter fuhr mit seinen Händen in die dunklen Locken, und er fühlte, wie das Mädchen unter seiner Berührung erschauderte. Doch dann ließ es sich sein zärtliches Streicheln gefallen.
    »Ich könnte die ganze Nacht so daliegen«, flüsterte Lissy, wie sie nur von Peter genannt wurde.
    »Das würde dir sehr kalt werden«, blieb Peter Wenlein prosaisch. Plötzlich verlor er alle Lust, noch länger hierzubleiben. Sie war eben doch noch ein wenig jung und naiv. Es machte ihm mit einem Male keinen Spaß mehr, sie zu verführen. Ein kleines Mädchen, ein verdorbener Abend.
    »Es ist ziemlich spät geworden«, sagte er in die Stille und in das Rascheln der Blätter hinein. »Deine Eltern werden Schwierigkeiten machen, wenn du um Mitternacht noch nicht zu Hause bist.«
    »Meine Eltern kümmern mich heute nicht«, lächelte sie glücklich und wandte sich dem jungen Mann zu.
    Er schaute weg und tastete nach dem Zündschlüssel, den er hatte steckenlassen.
    »Wollen wir wirklich schon gehen?«
    Enttäuschung schwang in ihrer Stimme mit.
    Er nahm die Hand wieder vom Schlüssel und lehnte sich zurück.
    »Wir könnten uns ja noch ein wenig die Beine vertreten.«
    Sie sprang flink aus dem
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