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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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aussehen, fast so dynamisch, wie er sich seit Kurzem wieder fühlte.
    Schon von Weitem erkannte er Bruno Zabel, der ein wenig eingeschüchtert in einer Ledersitzlandschaft im Foyer saß. Um die Sofas herum standen ein paar kleine Palmen und anderes Deko-Grünzeug.
    »Jut siehste aus, mein Freund«, sagte Bruno und erhob sich, als Kai an die Sitzgruppe herangetreten war.
    »Du aber auch, Bruno«, log van Harm, während er dem anderen die Hand schüttelte. Dann umarmten sie sich kurz, ein, zwei, drei Sekunden. Bruno sah aus wie immer, leicht übergewichtig, leicht rot im Gesicht von der Anstrengung des puren Sitzens, und er roch nach Rasierwasser und ein bisschen nach Schweiß. Zur Feier der Buchpremiere hatte er einen braunen, glänzenden Anzug an, dessen Hosenbeine einen leichten Schlag besaßen. Wahrscheinlich noch aus irgendeiner DDR -Produktion, frühe siebziger Jahre, schätzte Kai. Auch der auffällig gestaltete, ausladende Schlips erinnerte an längst vergangene Dekaden. Aber das war egal. Es zählte allein, dass Bruno Zabel an diesem, für Kai so wichtigen Tag in Berlin weilte. Leicht war es nicht gewesen, ihn zu überreden.
    »Einen alten Baum verpflanzt man nicht ma eben so«, hatte Bruno gesagt, was eine reichlich überzogene Entgegnung auf eine Tageseinladung nach Berlin war. Nicht mal vor der Ausrede, er müsse wegen der Verfügbarkeit für das Jobcenter zu Hause bleiben, war er zurückgeschreckt. Dabei wusste van Harm, dass Brunos Sachbearbeiterin ihm alles durchgehen ließ. Bianca, so hieß sie, war nicht umsonst die ehemals beste Schulfreundin von Brunos Tochter Nadine, die selbst allerdings das Oderbruch schon lange verlassen hatte und irgendwo im Westen des Landes lebte.
    Van Harm hatte am Telefon auf Bruno eingeredet, er war mit seiner Nachbarin Peggy, die nicht nur hilfsbereit war, sondern auch einen Opel Corsa besaß – van Harm fuhr schon seit Jahren nicht mehr selbst –, nach Altwassmuth rausgefahren, um mit Bruno persönlich, von Angesicht zu Angesicht, zu sprechen. Aber nichts hatte gefruchtet.
    Erst ein in gestelztem Bürodeutsch formulierter, ja unterkühlter, auf offiziellem Papier des Verlages abgefasster Brief, von van Harm geschrieben und von zwei promovierten Mitgliedern der Geschäftsleitung unterschrieben, hatte Bruno Zabel überreden können, zur Premiere nach Berlin zu reisen. Der Brief war weder wie eine Bitte formuliert gewesen noch wie eine herzliche Einladung, sondern er hatte eher einer amtlichen Einbestellung geglichen. Es war dieser Tonfall, den Bruno Zabel anscheinend immer noch verstand, sei es, weil er ihn an seine seligen Zeiten in der Befehlskette der NVA -Hubschrauber-Kompanie erinnerte, in der er früher Pilot gewesen war, oder aber an den Sound der Briefe, die er vom Jobcenter in regelmäßigen Abständen erhielt.
    »Ich freu mich wirklich, Bruno. Weißt du, ohne dich, ich meine ohne deine Hilfe, deinen Beistand im letzten Jahr, hätte ich weder die Zeit in Altwassmuth überstanden, geschweige denn das Buch schreiben können.«
    »Nu is aba ma wieda jut«, sagte Bruno und winkte ab, aber man merkte, dass er sich durchaus über das Kompliment freute.
    Kai sah auf die Uhr: »Komm, Bruno, wir müssen los.« Und während er Zabel leicht am Ellbogen in Richtung des Veranstaltungsraums schob, richtete dieser Grüße von einigen Altwassmuthern aus, die van Harm im letzten Sommer kennen gelernt hatte und die allesamt in seinem ersten, nagelneuen Buch mitspielten: von Frau Wurst, der fahrenden Lebensmittelhändlerin, von Annalena Petzold, der Gymnasiastin und Freundin des Pfarrerssohnes Benjamin, und von Harald Dommasch schließlich, dem Bürgermeister. Die Bösen, die Dreckigen und Gemeinen, mit denen sie im letzten Sommer aneinandergeraten waren, hatten natürlich keine Grüße ausrichten lassen.
    »Da is wat im Busch«, sagte Bruno, während sie den schon gut gefüllten Raum betraten, »der olle Dommasch und Annalenas Mutter, die Karin.«
    »Ach?«, sagte Kai, während er nach Mitarbeitern des Verlags Ausschau hielt.
    »Ja, doch«, sagte Bruno«, ick fress ’n Besen, wenn die nich …« Doch weiter kam er nicht.
    »Ah, Herr van Harm.« Eine streng wirkende Dame in grauem Kostüm und weißer Bluse trat auf sie zu. »Wir haben schon auf Sie gewartet.«
    »Darf ich bekannt machen«, sagte Kai, »Frau Dr. Gruber, Leiterin der Pressearbeit – Bruno Zabel, Urgestein aus dem Oderbruch.«
    »Ick bin erfreut«, sagte Bruno und streckte seine Hand zum Gruß aus. Doch statt sie zu
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