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Broken (German Edition)

Broken (German Edition)

Titel: Broken (German Edition)
Autoren: Amanda Kyle Williams
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    PROLOG
    Die Scheinwerferkegel strichen über einen prächtigen Magnolienbaum, als sie den Scheitelpunkt der Elizabeth Street erreichte. Die dicken weißen Blüten leuchteten in der Dunkelheit wie Zähne unter Schwarzlicht. Im Inman-Park-Viertel von Atlanta waren kurz vor elf an einem nieseligen Donnerstag die Bürgersteige hochgeklappt. Renovierte Einfamilienhäuser, gehobene Mittelschicht, ruhige Lage.
    Zwei Wodka Martini zeigten Wirkung, und Miki Ashton gähnte zwischen den langsamen Schwenks der Scheibenwischer. Ja, sie konnte problemlos noch fahren, hatte sie ihren Freunden versichert. Nicht gesagt hatte sie, wie sehr ihr davor graute, in das leere viktorianische Haus zurückzukehren. Wie kommt es, dass man sich so einsam und verlassen fühlt, wenn man nach einem fröhlichen Beisammensein mit ein paar Drinks intus nach Hause fährt? Sie bedauerte, dass sie keine Haustiere hatte, keinen Hund, der sie begrüßen würde. Sie war mit Tieren aufgewachsen. Aber ihr Beruf, die vielen Reisen – es wäre nicht fair. Sie parkte den 76er Spitfire in der gepflasterten Einfahrt. Zwischen den Steinen wucherte Gras. Wieso hatten ihre Nachbarn anscheinend keinerlei Mühe, ihre Rasenflächen stets tadellos gepflegt zu halten?
    Sie schob ein hüfthohes Holztor auf, das nicht mehr lackiert worden war, seit sie das Haus gekauft hatte, und dringend einen frischen weißen Anstrich brauchte. Dem Nachbarschaftsverein war ihre Nachlässigkeit ein Dorn im Auge. Etliche höflich formulierte Zettel in ihrem Briefkasten hatten sie an ihre Pflichten erinnert. Hatten die Leute keine anderen Sorgen?
    Die Tasche über die Schulter gehängt, ging sie mit ausladenden Schritten in kniehohen Stiefeln über den nassen Weg zur Haustür. Ihre Absätze hallten hohl auf den gestrichenen Bohlen der umlaufenden Veranda wider. Ein unheimliches, gespenstisches Gefühl ließ sie stocken – das Gefühl, beobachtet zu werden. Nein. Nicht ganz. Beobachtet zu werden, daran war sie gewöhnt. Schließlich hörte Miki Ashton schon ihr Leben lang, dass sie hübsch war. Das hier war anders. Das hier hatte Zähne und Klauen. Es sträubte ihr die Nackenhaare. Plötzlich wollte sie weglaufen, als wäre sie sechs Jahre alt – als hätte sich ein Monster unter dem Bett versteckt, und sie müsste so schnell wie möglich so weit wie möglich weg. Im Laufe der Jahre hatte es reichlich Monster gegeben – Einweisungen, Verschreibungen, Suizidversuche, Rasierklingen, die eine oder andere Überdosis. Der bewaffnete Kampf gegen ihren eigenen Körper hatte begonnen, als sie vierzehn war und sich das erste Mal mit einer Rasierklinge die papierdünne Haut an den Handgelenken ritzte.
    Unter einer einsamen Kugellampe fummelte sie mit den Schlüsseln herum. Sie musste sich endlich mal um bessere Beleuchtung kümmern. Wieder dieses Gefühl. Panik. Als würde gleich jemand mit einer Hockeymaske vor dem Gesicht und einer Kettensäge in der Hand aus den Büschen springen. Zu viele Filme. Zu viele Schmöker aus irgendwelchen Flughafenbuchläden.
    Krieg endlich den verdammten Schlüssel ins Schloss.
    Und dann hörte sie es. Miki hatte sich jedes Ächzen und jedes Seufzen eingeprägt, das das alte Haus von sich geben konnte. Vielleicht hätte sie ihre Medikamente nicht absetzen sollen. Vielleicht ging ihre Phantasie mit ihr durch …
    Da war es wieder – die Holzdielen.
    Drinnen.
    Sie schlich über die Veranda zum Panoramafenster, die kleine Stiftlampe an ihrem Schlüsselbund fest in der Hand. Sie knipste sie an, und ein schwacher Lichtstrahl huschte über ihre fransenverzierte Ottomane, den Parkettboden, den antiken Schaukelstuhl, den sie auf einer Reise gekauft und sich nach Hause hatte schicken lassen, das Buch, das sie heute aufgeschlagen auf dem Couchtisch liegen gelassen hatte.
    Dann war alles weg, das Licht wie abgeschnitten. Sie brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, was sie da vor sich sah – die dunkle Silhouette eines Mannes, der auf der anderen Seite des Fensters stand. Er blickte sie an – schwarze Kleidung, Skimaske –, reglos. Dann hob er seelenruhig den Arm, formte mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole und drückte ab.
    Der Schock katapultierte sie nach hinten. Schwindel kreiselte ihr durch den Kopf und erreichte dann ihre Kehle. Sie gab ihr Martini-Dinner von sich.
    Irgendwo auf der Straße sprang ein Motor an.
    Mikis Hand zitterte, als sie die Notrufnummer wählte.

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    1
    A m Donnerstagabend klingelte mein
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