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funny girl

funny girl

Titel: funny girl
Autoren: Anthony McCarten
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Vorwort
    AZIME : Ich heiße Azime. Na ja, eigentlich nicht. Den Namen habe ich geändert, damit meine Eltern nicht so viele neue Fensterscheiben bezahlen müssen. Ich komme aus Green Lanes, London. Genau genommen ist es da nicht besonders grün, aber es stimmt, ich komme von da. Meine Eltern stammen aus dem kurdischen Teil der Türkei, aber ich bin hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, und jetzt arbeite ich hier und bezahle meine Steuern, mit anderen Worten, ich bin Ausländerin.
    Und ich bin Komikerin. Schön, dass Sie nicht lachen. Ich bin Ihnen wirklich dankbar dafür. Typisch, dass ich mir den einen Job ausgesucht habe, in dem es nicht hilfreich ist, wenn einen die Leute ernst nehmen.
    Sie haben wahrscheinlich schon gemerkt, dass ich als Komikerin gerade erst anfange, und wenn’s nicht klappt, muss ich wenigstens meinen Eltern nicht erzählen, was ich mache. Wie ich schon gesagt habe: Die haben keine Ahnung, dass ich das hier mache. Meine Devise ist: Wenn dir etwas nicht auf Anhieb gelingt, dann verwische alle Spuren, dass du’s je versucht hast.
    (Das Publikum hätte mittlerweile wenigstens einmal lachen sollen, aber sie sind wie vom Donner gerührt. Vielleicht liegt es daran, dass sie eine Burka trägt.)
    Meine Eltern sind ultrakonservativ. Sie sind Pessimisten. Das heißt, man kann sich gut Geld von ihnen borgen, weil sie nicht damit rechnen, dass sie es jemals zurückkriegen.
    (Erste Lacher im Publikum. Endlich.)
    Raten Sie mal, was ich hier drunter trage. Raten Sie mal. Läuft eure Phantasie schon Amok? Noch eine Burka – in einem etwas helleren Schwarzton. Die hier ist das neueste Modell. Und das seit dreitausend Jahren – so was nenne ich einen Klassiker.
    (Gelächter.)
    Warum sollte man etwas Bewährtes ändern? In der Türkei… In der Türkei… verstößt es gegen die Verfassung, wenn man sich so anzieht wie ich und bei einer Behörde arbeitet. Da ist es doch toll, in einem Land zu leben, wo eine Frau sich so unvorteilhaft anziehen kann, wie sie will.
    Egal. Ich fange noch mal von vorne an. Ich bin Azime. Aus Green Lanes. Hartes Pflaster, dieses Green Lanes. Auf einem Quadratkilometer haben wir ungefähr zwanzig Prozent der Gewaltverbrechen von London und achtzig Prozent des Heroinhandels im ganzen Land. Und ich spreche jetzt nur über die Geschäfte von meinem Onkel Abdullah.
    (Neuerliches Gelächter.)
    Und wir haben null Komma sechs fünf Prozent der landesweiten Polizeikräfte, da ist also ganz schön was los.
    Als mein Dad meinerMum sagte, sie solle mich für den ersten Schultag fertigmachen, nannte sie mich eine schwarze Nutte und hat mir das Essensgeld gestohlen.
    (Herzhaftes Gelächter.)
    Damit ich mich besser verteidigen kann… damit ich mich besser verteidigen kann, hat mein Vater mir Boxen beigebracht. Aber mit seinem ersten Schlag hat er mich k.   o. gehauen. Danach war Selbstverteidigung irgendwie kein Thema mehr für mich.
    (Verhaltenes Gelächter.)
    Egal. Wie gesagt, eigentlich dürfte ich heute Abend gar nicht hier stehen. Es ist gegen meine Religion. Aber das gilt ja eigentlich für alles, oder?
    Ich weiß, was Sie jetzt denken – ohne Sex, Schinken und Weihnachten –, wofür lebt man da eigentlich?
    Manchmal bin ich so was von deprimiert – und ich weiß, was Sie jetzt denken: ›Super, das ist genau, was die Welt jetzt braucht. Noch so eine selbstmordgefährdete Muslimin.‹
    (Verhaltenes Gelächter.)
    Aber bevor Sie mich jetzt in eine Schublade stecken, möchte ich von meiner Familie erzählen… Die wären echt sauer, wenn ich sie nicht erwähnen würde. Tatsächlich würde mein Vater einen Herzanfall kriegen, wenn er wüsste, dass ich jetzt hier bin und was ich gerade mache. Mein Vater, Eliah – natürlich habe ich den Namen geändert, ich will das hier ja überleben –, der verkauft Möbel. Nur dumm, dass es Sachen aus unserem Haushalt sind.
    (Gelächter.)
    Wie gesagt, meine Mum und mein Dad stammen aus Türkisch-Kurdistan, deswegen verbringen wir den größten Teil unserer Urlaubsreisen beim Zoll.
    (Gelächter.)
    Green Lanes, Nordlondon. Heute wimmelt es da von Ausländern. Meine Haltung gegenüber Ausländern ist ambivalent. »Ambivalent«, das ist doch ein cooles Wort, oder?
    (Gelächter.)
    Also, ich bin ambivalent gegenüber Ausländern, diesen wunderbar nützlichen Blutsaugern und Parasiten.
    (Verhaltenes Gelächter.)
    Ehrlich, ich finde schon, die können wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft sein – ich will
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