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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer
Autoren: Jan Birck
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Mittelamerikas.
    Davon abgesehen haben wir eine Absplitterung auf dem Röntgenbild erkennen können, genauer gesagt eine lange, tiefe Furche im Stirnknochen über dem Auge. Die Verletzung sieht aus, als wäre Ihr Sohn von einem langen, scharfen Gegenstand getroffen worden, einer Glasscheibe, einer Metallkante oder … einem Säbel. Er hat ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, weshalb wir ihn in ein künstliches Koma versetzt haben. Der Stoß oder Schlag, oder was es war, hat einen tiefen Schnitt in seiner Haut verursacht, der auch die Pupille verletzt hat. Wir versuchen, den Augapfel zu erhalten. Ob er allerdings nach einer Heilung des Organes wieder damit sehen beziehungsweise scharf sehen wird, können wir noch nicht sagen.«
    Der Arzt macht eine Pause und sein Gesichtsausdruck wird noch ernster, als er bereits war: »Mr und Mrs Waves, ich muss Ihnen eine persönliche Frage stellen: Wo hat sich Ihr Sohn in den vergangenen Wochen aufgehalten?«
    Susan Waves blickt den Mann verständnislos an, während Ben Waves sich aufrichtet und blafft: »Na hier natürlich, im Haus meiner Frau … ich meine … meiner Ex-Frau. Was wollen Sie damit andeuten?«
    Der Arzt setzt sich und schüttelt nachdenklich den Kopf.
    »Mrs Waves, Mr Waves, bei allem Respekt, ich widerspreche Ihnen nur ungerne, aber Ihr Sohn ist in einem Zustand, der nur einen Schluss zulässt: Er hat ganz offensichtlich eine sehr lange Reise hinter sich, die ihn durch wenig oder überhaupt nicht zivilisierte Gebiete geführt haben muss. Als habe er das gesamte Amazonasgebiet, nur mit einer Badehose bekleidet, durchstreift und anschließend den Golf von Mexiko auf dem Surfboard, an das er sich fast bis in den OP -Saal geklammert hatte, überquert. Ihr Sohn ist sonnenverbrannt, erschöpft, ausgetrocknet und halb verhungert. Außerdem haben wir einen extrem hohen Koffeingehalt in seinem Blut feststellen können, der ihn für kurze, aber für die entscheidende Zeit aufgeputscht und auf diese Weise so lange am Leben gehalten hat … bis er von seinem jungen Retter hier«, er deutet auf Bruce, »gefunden wurde und Ihr Mitarbeiter, Mr Ernest Hammings, ihn aus dem Meer gezogen hat.«
    Jetzt verliert Ben Waves die Beherrschung, springt auf und beugt sich nach vorne, bis sich sein Gesicht nur mehr eine Handbreit vor dem des Arztes befindet. Er deutet auf die Tür zum Gang in den OP-Saal.
    »Natürlich, Doktorchen«, knurrt er, »ausgerechnet diese Flasche von einem Sohn hat heute Nacht Eldorado gefunden und dann den Rückweg mit einem Surfboard und einem Tässchen doppelten Espresso gemeistert! Wissen Sie, was ich von Ihrem Gerede halte? Geschwätz! Nichts als Geschwätz!«
    Susan Waves schweigt und starrt den Arzt an, als wäre sie hypnotisiert worden. Dann plötzlich hat sie sich wieder im Griff, reibt sich die Augen und schüttelt den Kopf:
    »Doktor, ich versichere Ihnen, und dafür gibt es Zeugen: Was Sie da andeuten, ist schlichtweg unmöglich! Ich habe meinen Sohn noch kurz vor dem Surf-Contest gesehen!«
    »… und wir haben dort draußen die ganze Nacht nach einem vermissten Wettbewerbsteilnehmer gesucht«, ergänzt Waves, »nach einem gewissen Cheese. Leider vergeblich, aber wir wissen definitiv, dass niemand mehr dort draußen war oder mal eben aus Mexiko oder wo auch immer herübergesurft ist. Vor allen Dingen nicht mein Sohn!«
    In diesem Moment meldet sich Bruce mit leiser Stimme aus der anderen Ecke des Wartezimmers: »Mr Waves, Ihr Sohn … ist Cheese.«
    Die erstaunten Blicke der beiden Waves und des Arztes versammeln sich auf Bruce.
    »Ich selbst hatte ihn als Cheese angemeldet. Er hat an dem Surf-Contest teilgenommen, bis er in der riesigen Welle verschwunden ist.« Bruce macht eine betretene Pause und ergänzt dann trotzig: »Aber er ist fantastisch gesurft!«
    Susan Waves schlägt die Hände vor den Mund, Ben Waves poltert weiter:
    »Quatsch, Steven kann nicht surfen!«
    »Doch Mr Waves, Ihr Sohn hat den Contest sogar gewonnen! Er weiß nur noch nichts davon, denn er ist ja plötzlich verschwunden. Anscheinend kennen Sie ihn nicht besonders gut. Sonst wüssten Sie, was für ein irrer Surfer er ist!« Und flüsternd ergänzt Bruce: »Zum Glück lebt er!«
    Waves reagiert mit einem verständnislosen Blick, denMund halb geöffnet. Dann plötzlich steuert er auf Bruce zu. Der rutscht tief unter seine Wolldecke, während der Schatzsucher sich vor ihm aufbaut. Bruce erwartet sein Urteil.
    Doch Ben Waves legt ihm die Hand auf die Schulter. »Du hast
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