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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer
Autoren: Jan Birck
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Steven das Leben gerettet! Und auch wenn Steven nicht ganz nach meinen Vorstellungen geraten ist: Ich danke dir! Wirst mal ein ganzer Kerl! Respekt!«
    Bruce wächst wieder ein Stück aus seiner Decke heraus, zieht die Stirn in Falten, blickt dem Hünen über sich in die Augen und antwortet deutlich und langsam:
    »Mr Waves, ich habe ihn herausgefordert, und er ist deswegen beinahe ums Leben gekommen. Ihr Sohn hat eine Welle geritten, die noch keiner von uns geritten hat. Er hat nicht nur überlebt, sondern ist auch noch der diesjährige Sieger des Wettbewerbes geworden. Sir, Ihr Sohn hat Ihren Respekt verdient! Er ist bereits ein ganzer Kerl, während ich nur ein blöder Arsch bin, der gerettet hat, was noch zu retten war, nachdem er Scheiße gebaut hat. Also … Sie … ähem … Sie sollten wirklich stolz auf Ihren Sohn sein!«
In Stevens Krankenzimmer; 14. Juni 2004, Tag
    Nach ein paar Tagen erwacht Steven aus dem künstlichen Koma, in das man ihn gelegt hatte.
    Er ist verwirrt, hat vergessen, was mit ihm geschehen ist. In den folgenden Tagen schläft er viel, immer dann, wenn er müde ist, und er fühlt sich ständig müde.
    Doch inzwischen findet er keine Erholung mehr im Schlaf, denn nach und nach kommen die Erinnerungen zurück. Die Erlebnisse der vergangenen Wochen, während derer hier, im Jahr 2004 , nur eine einzige Nacht vergangen ist, holen ihn in seinen Träumen ein.
    Dann ist er wieder im Jahr 1693 , wo er nicht in einem kühlen, weißen, frischen und nach Weichspüler duftenden Bett liegt, sondern in einer unerträglich heißen und dampfenden Welt, festgebunden auf einer rüttelnden Liege aus harten Stangen, auf der sein schmerzender Kopf hin und her schlägt, während über ihm die Kronen der Fächerpalmen, der Zypressen und Kiefern vorbeiziehen. Ein anderes Mal hüllt ihn der beißende Rauch ein, aus dem die Maske der Schamanin herausglotzt, bis er schweißgebadet aufwacht, und auf den leise summenden Ventilator an der Decke seines Krankenzimmers starrt.
    Doch irgendwann beruhigt er sich und versucht Ordnung in seine Erinnerungen zu bringen. Und schließlich ist es nur mehr diese eine Szene, die ihn nicht mehr loslassen will: Snake, der einfach in der Sturmflut vor Sharkfin-Island verschwunden ist, kurz bevor Sharks Fingerspitzen seine Stirn berühren und auch sie von den Wogen erfasst wird.
    Die Tage im Hospital vergehen.
    Doch das Bild von den beiden Gefährten, die in der brodelnden, kochenden und wütenden See verschwinden, bleibt. Es verblasst nicht einmal, ganz im Gegenteil: Es wird immer deutlicher, immer schärfer und lastet immer drückender auf Stevens Seele. Doch das, was in den vier Wochen zwischen Sharks erstem Auftauchen am Abend der Hai-Attacke und ihrem letzten Abtauchen am Morgen desSturmes geschehen ist, scheint mehr und mehr in einer einzigen dunklen und fernen Nacht zu verschwinden: In der Nacht des Surf-Contests.
    Wie alt bin ich eigentlich inzwischen?, fragt er sich einige Tage später. Er hätte Geburtstag gehabt, während er bei Snake und Shark war. Doch hier, im Jahr 2004 , wird er seinen Sechzehnten erst in ein paar Tagen feiern. Die Ärzte haben ihm zugesagt, dass sie ihn an diesem Tag sogar rauslassen werden. Er wird auf seine Veranda zurückkehren, von der aus er über den Strand und das Meer blicken kann. Dasselbe Meer, in dem Shark und Snake verloren gingen …
    Um seine Erinnerungen zu vergessen, sollte Steven sich ablenken, doch er bittet seine Mutter um Landkarten von den Inseln vor der Küste Floridas, von Sharkfin-Island bis hinunter nach Captiva. Bald verteilen sich Geschichtsbücher im gesamten Zimmer: über die Eroberung Mittelamerikas und der Karibik durch die Spanier, über die Ankunft Hernando de Sotos in der Tampa-Bay und über die späteren Raubzüge der Piraten und Freibeuter. Er lässt sich Magazine und Internet-Ausdrucke über die Vergangenheit Floridas, über die Inseln im Süden der Tampa-Bay und ihre Ureinwohner, die Tocobaga-Indianer und die Calusa bringen, die schließlich das Fußende des Bettes, den Nachttisch und den Boden bedecken.
    Er ist gerade erst halb tot aus der Vergangenheit zurückgekehrt, aber noch im Krankenbett taucht er wieder in sie ein.
Ein paar Tage später; 27. Juni 2004
    Eine Krankenschwester hat soeben sorgfältig das verletzte Auge und die frische Naht über seiner Stirn von den Mullbinden befreit und den Verband gegen eine Augenklappe ersetzt, als sich jemand zur Tür hereinschiebt, den Steven hier als Allerletzten
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