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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer
Autoren: Jan Birck
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3. Juni 2004, etwa 20 Uhr, Sonnenuntergang. Ein Surfer vor Sharkfin-Island, starker Seegang
    Die Sonne berührt den Horizont, taucht ein, glüht ein letztes Mal auf und versinkt. Der Wind zerrt an Stevens nassen Haaren, seine Shorts schlagen knatternd auf seine Oberschenkel.
    Er beginnt die Wogen zu zählen, die unter ihm durchrollen:
    Eins   … zwei   …
    Steven spürt das Vibrieren des Boardes und wendet.
    … fünf   … sechs   …
    Die Siebte Welle baut sich auf.
    Take-off.
    Er stemmt den Oberkörper hoch und zieht seine Beine mit einer einzigen schnellen Bewegung in die Hocke. Für einen kurzen Moment befinden er und das Board sich im freien Fall, dann schießen sie eine Wasserwand hinunter, die sich mit der doppelten Höhe seiner ein Meter achtzig aufgetürmt hat. Das Publikum, das vor der Küste Sharkfin-Islands noch nie ein solches Wellenmonster gesehen hat, verstummt und steht starr, unfähig, die Flucht anzutreten.
    Jetzt formt sich der Brecher über ihm zu einer Tube. Ein Wassermaul, das ihn verschlingen will.

    Steven versucht, der Röhre zu entkommen. Doch noch bevor er begreifen kann, was wirklich mit ihm geschieht, packen die schäumenden Kiefer des Wassermonsters zu. Die riesige Welle fällt mit einem ohrenbetäubenden Donnern in sich zusammen. Wipe-out.
    Steven wird verschlungen, und mit ihm Moonsurfer.
Etwa eine halbe Stunde später, gegen 20.30 Uhr, an Bord des Schiffes X-Plorer II
    »Ben …«
    »… kann das nicht warten?«
    »Ben, die Marine Rescue ist am Apparat. Sie vermissen einen Surfer!«
    Ben Waves ist der Eigner der »X-Plorer II«, die etwas weiter südlich vor der Insel an ihren Ankerketten zerrt, während der Wind mächtige Wellenberge unter dem Kiel der umgerüsteten Yacht hindurchtreibt. Als die Aufforderung des Marine Rescue Departments von Sharkfin-Island an alle Schiffe rausgeht, sich an der nächtlichen Suche nach einem vermissten Surfer zu beteiligen, steigt Waves gerade aus seinem Neoprenanzug. Er hatte im Alleingang den letzten Tauchgang des Tages unternommen, bevor der Seegang zu stark geworden war und die Dunkelheit ihn zurück an Bord seines Schiffes gezwungen hatte.
    »Dann sollen sie ihn suchen gehen, dafür werden sie bezahlt!«, brüllt der Schatzjäger durch den Wind.
    »Ben, das ist so was wie ein Notruf ! Ich bin hier der Käpt’n und muss …«
    Der Mann mit dem Telefon unterbricht sich, denn eine heftige Böe jagt über das Deck. Er muss sich an der Reling festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und streckt seinem Boss das Gerät entgegen. »Verdammt, sprich selbst mit den Leuten!«
    Der Schatzjäger balanciert auf einem Bein, als läge sein Schiff regungslos in einer Flaute. Er ist damit beschäftigt, seine Füße aus der hautengen Hose des Anzuges zu schälen. Gleichzeitig greift er nach dem Telefon.
    Kurz darauf hat er sich vom Neopren befreit und das Telefonat beendet. Er wirft das Gerät dem Kapitän seiner Yacht zurück, der es im letzten Moment aus der Luft fingern kann, bevor es über Bord geht.
    »Gib Befehl, Helikopter und Motorboot klarzumachen! Wir suchen nach ’nem Penner, der sich da draußen in die Scheiße geritten hat!«
Etwa einen Monat davor. Eine Boeing 737 im Sinkflug über den Wolken und der Insel Sharkfin-Island, Abenddämmerung
    Auf seinem Fensterplatz zieht sich Steven gerade die Kapuze seines Sweatshirts über die blonde Mähne, sodass er aussieht wie ein Bettelmönch im Gebet. Unterdessen beschreibt der Monitor in der Rückenlehne des Vordersitzes mit grober Computer-Grafik den Landeanflug auf den Flughafen von Tampa/Florida. Bitte die Sitze in aufrechte Position bringen und anschnallen .
    Vor etwa fünfzehn Stunden hatte Steven noch auf der anderen Seite des Atlantiks zwischen Reisetaschen undKoffern vor einem der Gates in die Zukunft gekauert. Nun würde die Boing 737 in weniger als zwanzig Minuten am Tampa International Airport aufsetzen. Endlich, denn es ist eng im Flieger, und Steven ist sich sicher, dass die Fluggesellschaften die Sitzreihen von Jahr zu Jahr näher zusammenstellen, um weitere Reihen für immer mehr Passagiere dazwischenpressen zu können.
    Müde blickt er auf das weiße Wolkenmeer hinab, in dem sich laut Wetterbericht ein ungewöhnlich früher Tropensturm wie ein böses Omen zusammenbraut.
    Als die Boing dann plötzlich in den brodelnden Kochtopf eintaucht, schwankt, rüttelt und ächzt das Flugzeug, als drohe es, auseinandergerissen zu werden. Doch schon nach wenigen Minuten stößt es
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