Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer
Autoren: Jan Birck
Vom Netzwerk:
über ihre Schulter, um ihn zurück auf die Matte zu führen.
    Aber Steven zieht das Mädchen zu seinem Board.
    »Nein, Steven, du wirst sterben, wenn du hinaus zu Huracan gehst!«, sagt Shark.
    Regen prasselt auf das Schilfdach, der Wind rüttelt wütend an der Hütte und bläht das Hirschleder auf, das vor den Eingang gespannt ist.
    Steven befreit sich aus ihrem Griff.
    »Siehst du das hier?« Er hebt den Arm und seine Uhr vor ihr Gesicht. »Sieh genau hin! Ist das Ding an meinem Arm aus dieser Welt? Nein, natürlich nicht! Wo also, glaubst du, komme ich her? Shark, ich komme aus einer Welt, die es noch gar nicht gibt! Dieser komische Grumble hat mich… «
    Shark blickt ihn mit einer Mischung aus Sorge und Mitleid an. »Steven«, sagt sie. »Du bist der, der von den Geistern der Ahnen geschickt wurde!«
    »Aber …« will Steven abermals protestieren. Doch er hat eine Idee: »Also gut«, sagt er, »ich wurde von den Geistern oder den Ahnen oder wem auch immer geschickt. Auf meinem Einbaum. Aber jetzt muss ich zurück! Grumble … also ich meine: Eine Stimme hat zu mir gesprochen und gesagt: Reite die Siebte Welle! Bei Sonnenaufgang! Und die Geister verlangen jetzt von dir, dass du mir hilfst!«
    Shark blickt ihm lange in die Augen. Dann plötzlich greift sie nach Moonsurfer, löst die Hirschhaut vom Türrahmen und zieht das Longboard nach draußen in die rauschende, heulende und pfeifende Sturmnacht. Steven folgt ihr.
    Sofort werden sie vom Wind erfasst und in die Regenschauer gestoßen, die wie ein einziger riesiger Wasserfall vor dem Ausgang der Hütte herunterprasseln, um die Welt zu überschwemmen.
Außerhalb der Hütte, Sturm
    Shark und Steven zerren Moonsurfer durch die wild tanzenden Vorhänge des Spanish-Moss, über den Vorplatz und hinüber zum Schutzwall des Kraters, der ihnen den schlimmsten Starkwind noch vom Leibe halten kann.
    Plötzlich taucht ein Schatten zwischen den beiden auf und greift nach dem Board.
    »Wo wollt ihr bei diesem Wetter hin, beim Klabautermann!«, brüllt die Stimme von Snake gegen das Heulen der Naturgewalten an.
    »Snake!«, brüllt Steven. »Hilf uns! Dann werde ich dir zeigen, dass ich mit diesem Ding auf einer Welle reiten kann!«
    »Du hast den Verstand verloren, mein Freund!«
    »Wenn du wirklich mein Freund sein willst«, gibt Steven zurück, »dann, verdammt noch mal, hilf uns jetzt!«
    Snake zögert. Einen kurzen Moment nur, dann packt er zu, und die drei schieben sich unter dem engen Felsentor, das den Ausgang aus der Welt der Schamanin bildet, hindurch: hinaus in die flatternde, peitschende, brüllende und tosende Hölle aus entwurzelt umherfliegendem Urwald, der gerade in seine Einzelteile zerlegt wird.
    Hier draußen sind sie ungeschützt der ganzen Gewalt des Sturmes ausgesetzt, der landeinwärts bläst und die drei schwachen Kreaturen mitsamt ihrer Planke von der Erde fegen würde, wenn er sie zu packen bekäme. Doch Steven, Shark und Snake ducken sich tief und stoßen geradewegs in Richtung Strand vor, dem Wind die Stirn bietend. Steven hat keine Wahl, er muss mitten hinein in die haushohen Brecher, die vom offenen Meer heranrollen.
    Währenddessen reißen im Osten über den sich biegenden Baumkronen für einen kurzen Moment die rasend gewordenen Wolken auf und geben das fahle Licht der aufgehenden Sonne frei. Steven erkennt, dass er nur noch wenige Minuten Zeit hat, um die Brandung zu durchqueren, die sich in eine monströse Waschküche voller Salz und Gischt verwandelt hat. Die drei torkeln durch den Dschungel, in die Richtung, in der sie den Strand vermuten. Palmwedel klatschen in das knöcheltief stehende Regenwasser, Kokosnüsse schlagen ein wie Wasserbomben, eine riesige Kiefer stürzt und schlägt eine Schneise durch die Kronen der benachbarten Bäume und durch das Unterholz, bis sie im Rücken der Freunde quer über den Pfad prasselt und zitternd zum Liegen kommt.
    Sie erreichen den Strand, doch hier wütet nur noch der blanke Sturm, von keiner Palme, keinem Baum und keinem Gebüsch mehr aufgehalten. Irgendwie schaffen sie es dennoch, Moonsurfer mit vereinten Kräften Stück für Stück vorwärtszuwuchten, dem mörderischen Wind entgegen.
    Doch plötzlich bricht Steven zusammen.
    Wie ein angeschlagener Boxer kniet er auf allen vieren im Wasser, das hoch auf den Strand hinaufgespült wird. Vergeblich versucht er, den Schwindel und das Schwarz vor seinen Augen zu vertreiben. Inzwischen kommen Regen, Sand und Salzwasser aus allen Himmelsrichtungen und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher