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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger
Autoren: Nigel Findley
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Wobei es sich im Augenblick darum handelt, mich mit achtzig und mehr Kilogramm schweren Waffen in einer Holzkiste herumzuschlagen, die offenbar extra dafür geschaffen wurde, mir stilettgroße Splitter durch den Stoff der Arbeitshandschuhe direkt in meine Finger und Handflächen zu treiben. Dem Burschen, der das andere Ende der Kiste hält - Fräser, ein unterernährter Ork mit abgefressen aussehenden Dreadlocks -, scheint das alles nichts auszumachen, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, daß er unter Strom steht. Sein Hirn ist ständig mit einem Signal aus einem SimSinn-Deck gekoppelt, das jedoch auf geringstmögliche Stärke eingestellt ist. Das reicht zwar nicht, um ihn vollständig von der Realität abzuschneiden, aber es ist mehr als genug, um ihn die Welt, die reale Welt, durch eine rosa Brille sehen zu lassen. Drek, nach allem, was ich weiß, würden dieselben Splitter, die mich zum Wahnsinn treiben, ein Gefühl in seinen Händen hervorrufen, als habe er gerade Honey Brightons üppige Möpse zu fassen gekriegt.
    Mit uns beiden schleppen noch vier weitere Burschen Kisten: Piers und Lucas sowie Paco und En. (Paco beneide ich nun wirklich nicht, weil er mit En mithalten muß, der schon zum Frühstück Methamphetamine einwirft.) Außer Fräser sind alle Menschen, was bedeutet, daß wir den Einschränkungen menschlicher Muskeln unterworfen sind (was nicht für En gilt, der das entweder nicht weiß oder dem es völlig egal ist). Warum haben uns die großen Bosse nicht ein paar Trolle zur Unterstützung mitgegeben? Der große Trog, den jeder Box nennt, könnte sich unter jeden Arm eine Kiste klemmen und dann trotzdem noch zum Lastwagen rennen.
    Wir sechs vom Schwitz- und Stöhnkommando sind natürlich nicht allein zum Lagerhaus geschickt worden.
    Wir werden durch drei Beobachter plus Katrina, unsere Fahrerin, ergänzt. Sie lehnt am Kühler des Bulldog, starrt ins Nichts und sieht viel zu mager für den Vorbau aus, der ihr Kevlar-T-Shirt ausfüllt. Ein echter Heuler, diese Katrina.
    Natürlich starrt sie nicht ins Nichts. Ein Glasfaserkabel von der Dicke eines ihrer fettigen Haare verbindet ihre Datenbuchse mit der Kom-Einheit des Lastwagens, wo ein paar Verstärker die Signale der Überwachungskameras des Lagerhauses hereinholen. Als wir von Ranger und den anderen den Auftrag bekamen, die Waffen zu holen, gab man uns die Beobachter und unsere Augen mit, und das war's. Aber sobald ich den Lastwagen von innen sah und mir klar wurde, was die Elektronik des Bulldog zu leisten imstande war, kam ich mir verteufelt schlau vor, als ich Katrina dazu einteilte, auf unsere jämmerlichen Ärsche achtzugeben. Tolle Idee.
    Nur schade, daß sie nicht funktioniert hat.
    Gerade ist alles noch cool, und im nächsten Augenblick ertönt plötzlich Gewehrfeuer von draußen, und Katrina geht zu Boden, als sei sie von einer Axt erschlagen worden.
    Panik bricht aus. Ich lasse mein Ende der Kiste fallen - ohne dabei auch nur einen Gedanken an Fräser am anderen Ende zu verschwenden - und renne zu Katrina. Nichts Persönliches, aber zu wissen, was sie umgehauen hat, kann in den nächsten Minuten viel ausmachen.
    Sie liegt völlig reglos da und ist vielleicht tot, immerhin aber äußerlich unversehrt. Keine Einschußlöcher, keine fehlenden Körperteile, kein Blut. Entweder hat jemand eine häßliche Überraschung durch die Schaltkreise und direkt in ihre Datenbuchse gejagt, oder ein Magier ist am Werk. Wenn es ein Magier ist, sind wir erledigt, weil wir nicht mit Magie kontern können. Falls es etwas Technologisches ist, handelt es sich wahrscheinlich um einen ›Kitzler‹, der genug Strom durch die Überwachungssysteme gejagt hat, um Katrinas Filter - und vielleicht Katrina selbst - kurzzuschließen.
    Und dann rennen alle durcheinander wie bei einem verdammten Feueralarm der Elfen. Fraser hüpft auf einem Bein herum und brüllt sich die Seele aus dem Leib, während alle anderen ihre Waffen ziehen und sich nach Deckung umsehen.
    Ich selbst ducke mich nur neben Katrina und sperre die Augen auf. Wenn man nicht weiß, von welcher Seite die Gefahr droht, und man wie eine aufgescheuchte Ratte herumrennt, ist die Wahrscheinlichkeit, daß man direkt vor den Gewehrläufen der anderen Seite landet, mindestens ebenso groß wie die, seinen Arsch zu retten. Außerdem will ich mal sehen, ob ich dahinterkomme, wer über uns herfällt.
    Kandidaten dafür gibt es massenhaft. Weder die Mafia noch die Yakuza würde sich die Mühe machen, die
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