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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger
Autoren: Nigel Findley
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›Sioux‹, was mich in beträchtliche Schwierigkeiten bringen würde - »...Klienten, schade, tut uns echt leid. Oder sag ihnen einfach, sie sollen erst mal abwarten, während wir uns um 'ne andere Connection kümmern.« Ich zucke wieder die Achseln. »Und außerdem braucht das doch sowieso nicht unsere Sorge zu sein, oder?« frage ich. »Sollen sich doch die Jungs in der Geschäftsentwicklung mit dem Verlust rumschlagen. Schließlich ist es deren Unternehmen.«
    Rangers Miene verfinstert sich wieder, und mir wird klar, daß der Sioux-Deal tatsächlich sein Unternehmen ist und ihn dieser Fehlschlag einiges kosten dürfte -Geld oder Reputation oder vielleicht sogar beides. Was sehr interessant ist. Die Cutters sind diversifiziert. Es gibt eine... nun, nennen wir es ›Unterabteilung‹ - da einige Mitglieder ohnehin ihren Spaß daran haben, so zu tun, als sei die Gang ein Konzern -, die geschäftliche Deals wie den mit den tschechischen Gewehren regelt. Der Kriegsboss und seine Soldaten sorgen für die Sicherheit, aber was tatsächlich stattfindet, ist so eine Art gegenseitiges Ausleihen von Ressourcen. Normalerweise würde Ranger der Verlust der Gewehre und des Lagerhauses einen feuchten Drek interessieren; und den Verlust von Fraser, En und den übrigen würde er als normalen Verschleiß innerhalb der Personalabteilung abschreiben.
    Warum interessiert es ihn also mehr als einen feuchten Drek? Sollten die Hitzköpfe bei den Sioux die Sturmgewehre noch für etwas anderes benutzen außer für ein wenig fröhlichen Antiregierungsterror? Für etwas, das für Ranger in seiner Eigenschaft als Kriegsboss der Cutters wichtig ist? Ich könnte raten, aber raten ist nicht mein Job; wissen schon eher. Wissen -und dieses Wissen an die richtigen Leute weitergeben.
    Ranger blickt immer noch finster und steht verdammt kurz davor, vor Wut mit den Zähnen zu knirschen, und meine Drähte wollen ihn immer noch umlegen. Also sage ich zu ihm: »Hör mal, Chummer, wenn du dich dadurch besser fühlst, daß ich sage, tut mir leid, tja, was soll's, tut mir leid. Mea maxima culpa und der ganze Drek. Aber vergiß nicht, ich hab drei Gewehrkisten, den Bulldog und zwei unverletzte Soldaten« - ich zeige auf Paco und mich - »aus einer unhaltbaren Stellung gerettet. Wenn du glaubst, irgend jemand anders hätte sich gegen zwei Taktische Einsatzkommandos besser geschlagen, dann sag es mir.«
    Wiederum sage ich die Wahrheit, und wiederum will Ranger sie schlicht und ergreifend nicht hören. Aber er kann mich nicht festnageln, und das macht ihn noch wütender. Klar, ich könnte katzbuckeln und ihm die Füße küssen, aber was hätte ich davon? Ranger haßt mich sowieso - das weiß ich schon lange -, also würde mir die Arschkriecherei bei ihm überhaupt nichts einbringen, aber sie würde mich Pacos Respekt kosten. So habe ich Ranger eine Haaresbreite weiter in die Richtung gedrängt, das Problem Rick Larson endgültig zu erledigen, und gleichzeitig erreicht, daß Paco seinen Chummern erzählen wird, wie sich Rick Larson vor dem Kriegsboss behauptet und ihn dazu gebracht hat, es zu schlucken. Und damit erkaufe ich mir eine Menge Gesicht bei den Soldaten. Scheint mir ein guter Deal zu sein.
    »Sonst noch was?« frage ich mit einer Stimme, deren Tonfall irgendwo in der Grauzone zwischen Selbstvertrauen und Unverschämtheit schwebt.
    »Geht mir aus den Augen«, bellt Ranger, und ich nehme an, es ist nichts mehr.
    Draußen auf dem Flur habe ich das Gefühl, daß Paco etwas sagen will. Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm um. Er ist noch ein junger Bursche. Dünn, knapp zwei Meter groß, kohlschwarze Haare. Wenn er seine harte Miene aufsetzt, könnte er Mitte Zwanzig sein, aber ich weiß zufällig, daß er erst siebzehn ist. Trotzdem ist er ein zäher Hund. Nach allem, was ich gehört habe, ist er in den Slums von Ost-Los Angeles aufgewachsen, hat sich dort früh den Latino-Gangs angeschlossen und sich mit elf Jahren seine drei Punkte verdient, die auf den Sattel zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand eintätowiert sind. Ein Jahr später wechselte er dann zu den Cutters Süd Zentral. Vor zwei Jahren ist er darin hierher nach Seattle gekommen. Niemand weiß, warum, und Paco will nicht darüber reden, aber Paco hat sich seitdem bei den Cutters etabliert. Er ist jetzt seit fünf Jahren bei ihnen und somit ein Veteran. Noch weitere zehn Jahre, und er ist Kriegsboss ... wenn er so lange lebt.
    Doch hier und jetzt will er erst mal etwas sagen.
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