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Monster (German Edition)

Monster (German Edition)

Titel: Monster (German Edition)
Autoren: Benjamin Maack
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im Garten im Schatten rum. Aber das weißt du ja schon. Hast du eine kleine Schüssel?«
    Ich hole eine kleine Schüssel. Sie schippt etwas Popcorn hinein und stellt sie Lassie hin.
    »Also. Was sehen wir?«
    »Ich weiß nicht.«
    Sie schlüpft aus ihren Badeschlappen und legt ihre nackten Füße auf den Couchtisch. »Überrasch mich«, sagt sie.
    Ich nehme die Fernbedienung und setze mich auf das Sofa. Meine Hände schwitzen.
    Wir sehen einen koreanischen Horrorfilm auf einem koreanischen Kanal. Danach sitzen wir lange einfach nur so nebeneinander und bewegen uns nicht. Dann fragt sie, wo das Klo ist, bleibt lange weg, ruft Lassie und geht rüber zu sich nach Hause.
    »Bis morgen Abend«, sagt sie.
    Als ich ins Bad gehe, kann ich sie immer noch riechen. Die Toilette hat so eine Art Teller, auf dem alles landet, bevor ein Wasserschwall es wegspült. Ich kann mir vorstellen, wie sie durch ihre Beine fasziniert auf ihren größer werdenden Haufen geguckt hat. Ich setze mich neben die Wanne und bleibe, bis der Geruch sich verzogen hat.
     
    Ein Donnern weckt mich. Das Digitalfeld auf dem Radiowecker zeigt die Zahlen eins, sieben, vier und sechs an, und es dauert, bis mein Verstand sie zu einer Uhrzeit zusammengesetzt hat. Ich habe den ganzen Tag verschlafen. Vor der Tür dröhnt der Staubsauger und knallt noch ein paar Mal gegen die Unterkante meiner Tür. Ich schlüpfe in Jeans und T-Shirt.
    »Guten Morgen, Señora«, sage ich so gut gelaunt es geht und reibe mir die Augen.
    »Ya son casi seis y aún estás en la cama. De dónde vienen estas manchas de sangre, que están en la sala? Sobre la alfombra? Sobre el sofá?«
    Sie guckt mich herausfordernd an. Ich verstehe kein Wort. Ich sage: »Guten Morgen, Frau Margarita.«
    »Gute Morge, gute Morge. Jajaja. Explícame mejor de dónde viene esta sangre y estos pelos de animal qué están en el baño. Qué es lo que pasa aquí? Jovencito, no te estarás metiendo en lios. Ah?«
    Sie macht ein Zeichen, dass ich mitkommen soll, und zeigt mir ein paar feuchte Flecken auf dem Teppich. Die Stellen, wo das Blut war.
    »No puedo estar ordenando siempre detrás de tí. No sé qué es lo que está pasando aquí. Pero tú, cuidate. Oiste? Cuidate. Vorrsich!«
     
    »Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Schwesterlein!«
    Sie steht mit Lassie und ihrem Rucksack auf dem Rücken vor der Tür.
    »Wir gehen schwimmen. Nightswimming, deserves a quiet night«, sagt sie. Die Welt ist ausgegraut. Die Nacht ist kurz davor, die letzten Farben zu verschlucken.
    Die Siedlung ist eine Reihe immer gleicher, kleiner Straßen. Kleine sauber geteerte Alleen, die wie ausgestorben wirken, weil keine Autos parken. Sie verschwinden nachts in den Garagen, die hier jedes Grundstück hat. Wir biegen in eine schmale Gasse ein, die in einem Wäldchen endet.
    »Das hier«, flüstert sie in mein Ohr, »nennen die Kinder in der Siedlung den Vergewaltigerweg.«
    »Quatsch.«
    »Kein Quatsch.«
    Sie führt mich durch eine eiserne Pforte zwischen hohen Hecken.
    »Hier sind wir ja wohl total falsch«, flüstere ich, als ich die Grabsteine sehe.
    »Warum flüsterst du?«, sagt sie übertrieben laut und macht ein paar schnelle Schritte ins Dunkel. Vor einer schwarzen Marmorplatte im Boden bleibt sie stehen und sagt gar nichts. Insekten rascheln im trockenen Laub, und es fällt mir in diesem Moment nicht besonders schwer, mir vorzustellen, wie aus jedem dieser Gräber ein Schatten steigt. Sich mit Schwänzen, Kiemen und Schwimmhäuten aus der Erde wühlt. Unter Grabsteinen hervorkommt, auf denen »Meyer« oder »Schulz« steht. Kreaturen, halb Nachbar, halb irgendwas. Mit Augen, die von Jahrzehnten in feuchten Gräbern an die Dunkelheit gewöhnt sind.
    »Hier liegt mein Vater«, flüstert sie jetzt plötzlich doch, hakt sich bei mir ein und legt ihren Kopf auf meine Schulter. »Er ist sehr jung gestorben. Es war schon komisch. Vorher war nie jemand in unserer Familie krank. Wir sind alle uralt geworden. Es war also allen klar, dass es irgendwann passieren muss, dass irgendwann einer vor seiner Zeit gehen muss.«
    »Ich dachte immer, man sagt: In unserer Familie werden alle alt, also stirbt keiner früh. Gute Gene und so.«
    »Ach ja? Bei uns war es eben anders. Du bist ganz schön unsensibel.«
    »Wer war eigentlich der Mann, den ich vor ein paar Tagen mit dir und deiner Mutter gesehen habe? Ich dachte, das wäre dein Vater.«
    »Keine Ahnung, wen du meinst.«
    »Na ja, ich dachte, ich habe dich vor ein paar Tagen mit
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