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Moerderische Familienbande

Moerderische Familienbande

Titel: Moerderische Familienbande
Autoren: Anne George
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Gelegentlich nahm sie welche heraus und legte sie in einen Whisky-Karton. Jeder, der hereingeschaut und die Musik gehört hätte, würde es für eine friedliche Szene gehalten haben, in der sich zwei ältere Damen unterhielten, während eine jüngere geruhsam ihrer Arbeit nachging.
     
    „Die Tote ist Heidi Williams, stimmt's?“
    Cassie blickte vom Boden auf. „Platsch!“
    „Sei nicht geschmacklos, Cassie.“ Meg fältelte den Rock ihres blauen Hemdblusenkleides, als würde sie einen Fächer zusammenlegen. „Ja, wie ich sehe, bekommt Heidi nächste Woche eine Abschiedsparty im Grand Hotel ausgerichtet. Die wird bestimmt nett werden, da bin ich mir sicher.“
    „Aber warum?“
    Meg lehnte sich nach vorn. „Weil ich tot sein musste. Heidi hatte mein Alter, meine Größe -“
    „Sie hatte deine Kleider an“, fügte Cassie hinzu.
    „Und trug meine Handtasche.“ Meg sah Cassie an. „Weißt du, ich überlege nach wie vor, ob eine Frau eigentlich mit ihrer Handtasche springen würde. Ich denke, wir hätten sie in der Toilette liegen lassen sollen.“
    „Das macht nichts“, sagte Cassie.
    „Das denke ich nicht. Es war eine gute Aigner-Handtasche. Ich habe einfach nicht nachgedacht.“
    „Warten Sie einen Moment“, sagte ich, „damit ich das richtig verstehe. Lassen Sie mich mir einmal Klarheit verschaffen. Sie haben Heidi Williams Ihre Kleidung anziehen lassen und sie dann aus dem Fenster gestoßen?“
    „Nun, nur meine Jacke. Heidi trug stets so geblümte Kleider, wie ich an dem Tageines anhatte. Sie ähnelten sich genügend.“
    Ich dachte an die Laura-Ashley-Wohnung und den kleinen Hund.
    „Heidi war nicht besonders helle im Oberstübchen“, sagte Meg, „und ich habe ein großes Trara darum gemacht, sie solle doch meine Jacke anprobieren, weil ich ihr eine schneidern lassen wollte. Sie habe ihr doch so gefallen, und ich müsse sehen, ob ihr die Größe passt.“
     
    „Sie hat das geglaubt?“ Ich schloss meine Augen und versuchte die Tränen zu unterdrücken.
    „Natürlich. Es sollte ein Geschenk sein für ihre Hilfe.“
    „Heidi hatte ein Spatzenhirn“, sagte Cassie.
    Meg kicherte. „Ja, das hatte sie, nicht wahr?“
    Ich erinnerte mich lebhaft an den Tag, an den Schmerz im Gesicht des Richters, als er auf Schwesterherz und mich zugerannt gekommen war. Ich blickte Megan. „Der Richter glaubte wirklich, dass Sie das waren, oder?“
    „Wir rechneten damit, dass er nicht zu genau hinschauen würde. In Bobby konnte man lesen wie in einem Buch.“
    „Das stimmt“, pflichtete ihr Cassie bei.
    „Das Ausmaß seines Schmerzes war jedoch eine erfreuliche Überraschung. Ich fand ihn irgendwie süß, du nicht, Cassie?“
    „Doch.“
    Mein Verstand funktionierte nicht richtig. Der Schock, plötzlich Meg vorzufinden, und ihr ruhiges Geständnis, Heidi Williams umgebracht zu haben, hatten mich völlig umgehauen. Beruhige dich, Patricia Anne, sagte ich zu mir und versuchte damit, die andere Botschaft zu überlagern, die mein Gehirn aussandte: Du bist hier in einer teuflischen Lage, Patricia Anne.
    „Wie läuft's, Cassie?“, fragte Meg.
    „Ich bin fast durch.“
    „Warum mussten Sie tot sein?“, fragte ich Meg.
    „Damit ich Bobby umbringen konnte und Georgiana den Rest ihres Lebens dafür im Gefängnis sitzen würde.“
    „Georgiana?“
    „Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen, Patricia Anne, eine ziemlich alte, eigentlich einfache Geschichte. Eines Nachts, nur ein paar Monate nachdem Bobby und ich geheiratet hatten, ich denke, es war im Juni oder Juli, jeden-
     
    falls war es heiß, wachte ich auf, und Bobby lag nicht neben mir.“ Megs Stimme bekam einen verträumten Tonfall. „Ich stand auf und durchkämmte das Haus, aber alles war ruhig. Ich machte kein Licht, da Vollmond war. Als ich hinunter zum Pier ging, konnte ich die Zikaden hören. Es war so hell, dass die Schuppen der Fische entlang der Planken leuchteten, und ich fing an >Bobby* zu rufen. Und dann sah ich sie am Rand des Wassers, Bobby und meine Freundin Georgiana, meine liebe Freundin und mein Mann, wie sie Sex miteinander hatten.“
    „Ganz wie Deborah Kerr und Burt Lancester in Verdammt in alle Ewigkeit“„, fügte Cassie hinzu.
    Meg sah sie böse an. „Halt den Mund, Cassie.“
    „Aber das war, warten Sie“, fragte ich, „vor vierzig Jahren? Sie haben vierzig Jahre gewartet, um mit ihnen abzurechnen?“
    „Ja, aber die ganzen vierzig Jahre über wussten sie, dass die Rechnung eines Tages beglichen werden würde. Da
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