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Ein Hauch von Kirschblüten

Ein Hauch von Kirschblüten

Titel: Ein Hauch von Kirschblüten
Autoren: Kat Marcuse
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Eine längst überfällige
Trennung
     
    „Hallo! Ich bin zuhause!“
    Von Euphorie beseelt betrat Jan
die Wohnung, stellte seine Tasche ab, zog die Jacke aus und hängte sie an die
Garderobe.
    Er hatte es geschafft. Endlich!
    Der Prüfungsstress der vergangenen
Wochen lag hinter ihm. Seit einer Stunde hatte er seinen Abschluss in der
Tasche, und das mit einem Zweierdurchschnitt. Für ein Medizinstudium ein ganz
passables Ergebnis. Er platzte fast vor Stolz, war in Feierlaune.
    „Florian, bist du da?“
    Eigentlich müsste sein Freund
daheim sein – das Auto stand vor der Tür und Jan hörte leise Musik. Die
Soulklänge waren typisch für Florian. Fühlte er sich unwohl, hörte er Soul.
Seit einigen Monaten war diese Musik oft in ihre Wohnung zu hören.
    Florian saß am Tresen in der
Küche. Wie so oft sah er hochkonzentriert auf seinen Laptop. Arbeit, Arbeit,
nichts als Arbeit. Im letzten halben Jahr hatte es für sie beide nichts anderes
gegeben. Er selbst hatte für sein Examen gebüffelt und Florian arbeitete wie
ein Besessener, um in der neuen Firma aufzusteigen.
    Jan verstand das durchaus, aber
als er Florian jetzt sah, die dunklen Ringe unter den Augen, die halbleere
Kaffeekanne neben sich, der Aschenbecher voll ... So konnte es nicht
weitergehen.
    Jan beobachtete seinen Freund
eine Weile, der ihn gar nicht zu bemerken schien. Florian tippte etwas in den
Laptop, während sich zwischen seinen Augenbrauen eine Furche bildete. Es war
noch nicht lange her, da hatte Jan sich darüber lustig gemacht. Florian war
sechsundzwanzig Jahre alt und hatte bereits diese tief eingegrabene Falte auf
der Stirn. Damals hatte er liebevoll über die dünne Linie gestrichen – jetzt
verlangte es ihn nicht danach. Wann hatte er überhaupt zuletzt das Bedürfnis
gehabt, Florian nahe zu sein? So sehr er auch versuchte, sich zu erinnern, er
kam nicht drauf. Es schien eine Ewigkeit her zu sein.
    Noch immer beobachtete Jan
Florian. Ein ungutes Gefühl grummelte in seinem Magen. Da war etwas, das er
nicht wahrhaben wollte, sich jedoch unausweichlich an die Oberfläche seines
Bewusstseins quälte.
    Sie hatten sich
auseinandergelebt, waren sich fremd geworden.
    Jans Euphorie verflüchtigte sich
zusehends, wich der Realität, je länger er Florian betrachtete. Er schlug hart
auf dem Boden auf, als er „Ich hab’s geschafft“ sagte und Florian lediglich ein
desinteressiertes Brummen von sich gab. Wie hatte es mit ihnen so weit kommen
können?
    Um seine Enttäuschung zu
verbergen, und etwas Zeit zu gewinnen, kochte er eine neue Kanne Kaffee. Das
Gefühl der Beklemmung wich nicht.
    Er setzte sich auf einen der
Barhocker, wohl wissend, dass er einen davon zwischen sich und Florian
freiließ.
    „Ich darf mich jetzt offiziell
Arzt schimpfen“, wagte er einen weiteren Vorstoß. Die Freude darüber war nicht
mehr in seiner Stimme.
    „Gratuliere.“
    Jan krallte die Finger so fest um
den Kaffeebecher, dass die Knöchel weiß hervortraten. Eine nicht greifbare
Traurigkeit legte sich über ihn. Sein Herz jedoch raste wie verrückt.
Irgendetwas lag in der Luft, und es war nichts Gutes.
    „Was ist mit uns los, Florian?“
    „Was soll sein?“ Zum ersten Mal,
seit Jan die Küche betreten hatte, sah Florian auf. In dessen Blick lag etwas
Lauerndes.
    „Wir reden kaum noch
miteinander.“
    „Das ist dir aufgefallen?“
Florians Stimme klang kalt und abweisend.
    Jans Herz machte einen Satz und
das unangenehme Rumoren in seinem Magen wurde stärker. Derartige Gespräche
lagen ihm nicht, und er kannte Florian lange genug, um zu wissen, dass eine
unschöne Diskussion anstand.
    „Mensch, ich hatte Prüfungen.
Dass diese Zeit stressig wird, war doch klar. Willst du mir zum Vorwurf machen,
dass ich gelernt habe?“ Mist! Auf Angriff zu gehen, war nicht die beste
Strategie. Eigentlich war es nicht seine Art, aus der Haut zu fahren, doch er
fühlte sich unangenehm in die Enge getrieben.
    „Ich mache dir nichts zum
Vorwurf. Wir haben schon länger Probleme. Durch deinen Abschluss hattest du
einen guten Vorwand, sie zu ignorieren.“
    Wow! Das war starker Tobak. Jans
Laune war auf dem Nullpunkt angekommen. Von Stolz und Glücksgefühlen war nichts
übrig.
    „Dann sag, was dich stört. Du
redest doch genauso wenig.“
    Florian sah ihn lange schweigend
an, und was Jan in dessen Augen las, ließ ihn innerlich frösteln. Da waren
Traurigkeit und Resignation im Blick seines Freundes.
    „Ich glaube nicht, dass wir noch
etwas zu bereden haben.“
    Ihm wurde
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