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Moerderische Familienbande

Moerderische Familienbande

Titel: Moerderische Familienbande
Autoren: Anne George
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klang.
    „Hörst du das, Cassie?“, fragte Meg.
    Cassie kam herüber und setzte sich in einen anderen Korbschaukelstuhl. „Ich höre es. Traurig, nicht wahr?“
    Meg drehte sich zu mir um. „Hat Trinity Ihnen erzählt, dass sie mit meinen beiden Ehemännern geschlafen hat?“
    „Natürlich nicht“, log ich. „Ich weiß nur, dass sie in Ohnmacht gefallen ist, als Richter Haskins uns Ihre Asche brachte.“
    „Die gute Trinity. Ich wette, sie hat auf dem Rückweg Antiquitäten eingekauft, damit sie die Reise von der Steuer absetzen kann.“
    Ich sagte nichts, und Meg lachte. „Stimmt's, das hat sie gemacht? Was habe ich dir gesagt, Cassie? Ich wusste es.“
    Cassie lächelte matt. „Meg“, sagte sie und gestikulierte in meine Richtung, „wir haben hier ein Problem.“
    Meg lächelte zurück. „Allerdings.“
    „Ich bin kein Problem für Sie“, sagte ich und erhob mich auf zittrigen Beinen. „Fahren Sie nur da fort, wo Sie stehen geblieben sind. Ich muss ein paar Besorgungen machen.“
    „Setzen Sie sich“, befahl Meg. Ihr Gesicht erinnerte mich nicht länger an Jessica Tandy, eher an eine Aufseherin in einem Frauengefängnisfilm. Ich setzte mich.
    „Was ist los?“, fragte ich. „Ich weiß nicht, was hier läuft.“
    Meg und Cassie lachten beide, als würde ich ihnen einen köstlichen Witz erzählen.
    „Frühjahrsputz“, sagte Cassie. Zum ersten Mal nahm ich die Pappkartons mit dem Aufdruck „Zwölf Liter Canadischer Whisky“ wahr.
     
    Meg hielt eine zierliche Tasse hoch. „Ich mache gerade Kaffeepause. Möchten Sie auch welchen, Patricia Anne?“
    Ich schüttelte den Kopf. Mir war klar, dass ich hier raus-musste, und zwar schnell. Ich blickte zur Haustür. Vielleicht war sie ja unverschlossen? Ich könnte den Couchtisch umtreten und dann rennen wie der Teufel, in der Hoffnung, dass ihnen der umgestürzte Tisch den Weg versperrte.
    „Cassie“, fragte Meg, „weißt du, was Patricia Anne denkt?“
    „Natürlich.“ Cassie sah mich an. „Die Haustür ist verschlossen, Mrs. Hollowell. Vergessen Sie's.“
    Der Vivaldi war zu Ende, und einen Moment lang war nichts zu hören, bevor dann die Sechste Sinfonie von Beethoven begann.
    „Hübsche Kassette“, sagte Meg und neigte ihren Kopf leicht in die Richtung der Musik.
    „Victoria's Secret“, erklärte Cassie. „Wenn du da für zwanzig Dollar einkaufst, bekommst du die Kassette für drei Dollar oder so. Es ist ein gutes Geschäft.“
    „Hmmm.“ Meg schlürfte ihren Kaffee, während ich mich darüber wunderte, dass eine so herrliche Musik so bedrohlich sein konnte.
    „Georgiana hat gesagt, Richter Haskins hätte Sie umgebracht“, sagte ich.
    „Sie meinte es im übertragenen Sinne und ganz wahrheitsgemäß.“
    „Würden Sie mir bitte mal mitteilen, was hier eigentlich läuft?“, fragte ich.
    „Nicht sonderlich gern, aber vermutlich müssen wir es, oder was meinst du, Cassie?“
    „Warum?“, fragte Cassie.
    „Es wäre höflich. Denk bitte daran, dass gute Manieren
     
    sich dadurch auszeichnen, dass man den anderen sich nicht unwohl fühlen lässt, und ich habe den Eindruck, dass Patricia Anne im Moment sehr unwohl zumute ist.“
    „Ich muss mal zur Toilette“, sagte ich.
    „Dort durch diese Tür.“ Meg lächelte. „Lassen Sie Ihre Handtasche hier.“
    Es gab kein Fenster in dem Raum, wie Meg sehr wohl wusste. Über der Toilette hing ein gerahmtes Poster von Monets Garten, und über dem Waschbecken befand sich ein Spiegel. War es möglich, etwas davon abzubrechen und mit einem Stück Glas bewaffnet herauszustürmen? Meine Bluse auszuziehen, sie um meine Hand zu wickeln und fest genug auf den Spiegel einzuschlagen, um ihn zu zerbrechen? Oder würde ich mir sämtliche Knochen brechen?
    „Versuchen Sie nichts, Patricia Anne“, rief Meg durch die Tür. „Ich habe eine winzige Pistole in meiner Tasche. Sie ist geladen, versichere ich Ihnen, und absolut tödlich, wie ich Ihnen ebenfalls versichern kann.“
    Meine Furcht mischte sich allmählich mit Ärger. Ich öffnete die Tür und sagte: „Ich möchte wissen, was zum Teufel hier los ist. Sie haben nicht das Recht, mich auf diese Weise zu behandeln.“
    „Ganz richtig, meine Liebe, es ist widerlich. Und dabei waren Sie und Ihre Schwester doch so nett zu mir auf der Hochzeit.“ Meg setzte sich auf das kleine Sofa zurück und bedeutete mir, ich solle wieder in dem Korbschaukelstuhl Platz nehmen. Cassie kniete vor einer Hängeregistratur und blätterte braune Mappen durch.
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