Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen
Autoren: Christian Ditfurth
Vom Netzwerk:
Weile trat Heinz neben ihn und schaute sich an, was Stachelmann schrieb. Dann ging er zurück an seinen Platz Stachelmann gegenüber. Er setzte sich an den Tisch und rauchte. Stachelmann begann zu schwitzen.
    »Können Sie den Ofen runterstellen?«
    »Sie sollen schreiben.« Die Hand mit der Pistole lag auf der Tischkante. In der anderen qualmte die Karo. Eine innere Stimme sagte Stachelmann: Jetzt. Tu jetzt was. Greif ihn an, er erwartet es nicht. Täusche ihn, dann schlag zu. Er entschied sich, einen Zusammenbruch zu simulieren, das sollte ihm nicht schwer fallen. Er zwang sich das Bild von Dreilichs Leiche ins Hirn, dann das von dessen Selbstmord, an dem allein Stachelmann schuld war. Schuld war er auch an seiner Lage, er hätte nicht reinfallen müssen auf Ines. Er wurde wütend auf sich selbst. Dass du an einen Killer gerätst, zeigt deine Dummheit. Dann fiel ihm der Vater ein, während seine Hand irgendetwas schrieb. Er wusste nicht, ob es Angst, Wut oder Trauer war, die ihm die Tränen in die Augen trieben. Er begann zu schluchzen und warf den Kopf in die Hände.
    Stachelmann sammelte seine Kraft und konzentrierte sich. Durch die Finger sah er, wie Heinz seine Hand von der Pistole nahm und sich durch die roten Haare strich. Vielleicht ein Zeichen, dass ihm das Weinen seines Opfers peinlich war. Stachelmann warf sich gegen den Tisch und rammte Heinz die Tischkante in den Bauch. Heinz ächzte und fiel mit dem Stuhl hintenüber, die Pistole knallte auf den Fußboden. Es machte Plopp, als sich ein Schuss löste. Stachelmann sah das Stilett auf dem Boden liegen, er riss es an sich, drückte auf den Knopf, die Klinge schnellte aus dem Griff. Heinz streckte ihm zur Abwehr die Arme entgegen, Stachelmann stach ihm in den Oberarm und rannte aus dem Haus, das Messer in der Hand. Heinz’ Schrei folgte Stachelmann.
    Er rannte, schaute sich immer wieder um. Dann sah er den Opel. Er riss die Tür auf, aber der Schlüssel steckte nicht. Er knallte die Tür zu und lief weiter. Er hatte immer noch das Messer in der Hand. Bald hörte er es rattern. Ein Zug. Bremsen quietschten. Er lief darauf zu. Dann sah er den S-Bahnhof. Er warf das Messer weg, so weit er konnte, und rannte noch schneller. Er hetzte die Treppe hoch und sprang in die S-Bahn. Aber der Zug hatte es nicht eilig. Die Passagiere im Wagen schauten ihn neugierig an. Er schnaufte, stellte sich neben den Türeingang und schaute hinaus. Hoffentlich kommt er nicht. Hoffentlich kommt er nicht. Er flüsterte es vor sich hin wie eine Beschwörung. Ich habe ihn verletzt, er kann mir nicht folgen. Und wenn doch? Er war schweißnass. Endlich das »Zurückbleiben, bitte« in den Lautsprechern. Die Türen schlossen sich. Er setzte sich, bald war die Fensterscheibe neben ihm beschlagen. In welcher S-Bahn saß er, wohin fuhr sie? Er suchte nach einer Streckendarstellung, fand aber keine. Bald hielt der Zug, Stachelmann stieg aus. Er sah das Schild Ruhleben. Über dem Ausgang wurde eine U-Bahn angezeigt. Er folgte der Beschilderung. Auf dem Bahnsteig, von dem die U2 in Richtung Pankow abfuhr, kaufte er einen Fahrschein. Er setzte sich auf eine Bank. Er würde bis Zoo fahren. Bis dahin hatte er Zeit, sich etwas auszudenken.
    Was tat Heinz? Stachelmann versuchte sich klar zu machen, dass Heinz ihm nicht folgen würde. Er spürte in der Hand noch den Widerstand von der Kleidung, dann vom Fleisch des Oberarms, als er das Messer hineingerammt hatte. Heinz hatte eine Sekunde nicht aufgepasst. Dann fiel ihm Dreilich ein, und wieder wurde ihm übel. Du hast einen Menschen auf dem Gewissen.
    Die U-Bahn kam. Er setzte sich hinein und dachte nach. Immer wieder das Bild von Dreilichs Leiche am Schreibtisch. Er drängte es weg. Konzentrier dich. Die Polizei sucht dich, Heinz sucht dich. Wie sollte er beweisen, was er wusste? Konnte er beweisen, dass Heinz ihn entführt hatte? Nun wusste er, wo Griesbach ermordet worden war. Aber wenn er es der Polizei verriet, sprach es eher gegen ihn, als dass es ihn entlastete. Er konnte tun, was er wollte, am Ende verschlechterte es seine Lage. Aber Ines war noch da, sie wusste alles. Wie konnte er sie zum Sprechen bringen? Niemals würde sie sich selbst belasten. Er saß am Ende des fast vollen Wagens und bedachte seine Möglichkeiten. Langsam formte sich eine Idee. Heinz wusste, Stachelmann musste Ines bedrängen, die Wahrheit zu sagen. Das war Heinz’ Chance, seinen Fehler wieder gutzumachen. Wenn ihn seine Verletzung nicht hinderte. Als er am Bahnhof
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher