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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen
Autoren: Christian Ditfurth
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aufgetaucht wären, dann wäre ich nach Lübeck gefahren und hätte Ihnen die Leiche in der Nacht serviert. Ich bin flexibel. Schreiben Sie.«
    »Es war Ines’ Plan? Warum?«
    »Ines war eine unserer besten Residentinnen, IM Margarete. Sie hat auch den lieben Wolf geführt. Es war Zufall, dass die beiden heirateten. Ich hätte nicht gedacht, dass Wolf so schlechte Nerven hat. Die Sache ist verjährt, doch er flippt aus. All die Jahre hatten Ines und ich eine Heidenmühe, Wolf bei Laune zu halten. Der entdeckte immer mal wieder sein Gewissen. Und das sagte ihm, er habe Unrecht getan, weil er Menschenhändler bekämpfte. So ein Quatsch. Er hat für den Frieden gekämpft, so wie Ines und ich.«
    »Für den Frieden, lächerlich. Für Mielke haben Sie gekämpft und für alle Knäste der DDR.«
    Heinz schaute ihn wütend an. »Wir haben gegen Menschenhändler gekämpft, weil die Feinde die Stabilität des Friedenslagers unterminieren wollten. Nur die Stärke des sozialistischen Lagers hat die Imperialisten vom Krieg abgehalten.«
    »Und Sie müssen diesen Quatsch glauben, weil Sie nicht als Schwein dastehen wollen?«
    »Sie haben doch keine Ahnung, was sich damals wirklich abgespielt hat. Es war ein Krieg im Untergrund. Und wir vom Ministerium für Staatssicherheit haben ihn geführt, damit unsere Menschen in Frieden leben konnten.«
    »Sie haben jeden Bürger schikaniert, der anderer Meinung war als Sie oder Ihre wunderbare Partei.«
    »Davon verstehen Sie nichts. Schreiben Sie.«
    »Und wie kam Ines gerade auf mich?«
    »Ich glaube, sie ist ihrer Intuition gefolgt. Sie suchte einen Trottel und fand ihn. Sie hat mir erzählt, wie Sie sie angegafft haben auf diesem Empfang für Wolf. Dann hat sie sich auf Ihre Fährte gesetzt. Als Sie anbissen, war es leicht, Sie nach Berlin zu locken.«
    Er erzählte es, als hätte er lange jemanden gesucht, vor dem er sich brüsten konnte. Er hatte keine Vorgesetzten mehr, die ihn mit Auszeichnungen behängen konnten. Er war sich seiner Sache sicher und wollte es ruhig zu Ende bringen. Aber je mehr er erzählte, desto gewisser war, dass er Stachelmann ermorden wollte. Und auch Heinz musste verstehen, dass Stachelmann seine Lage begriff.
    Stachelmann hatte rasende Angst. Er mühte sich, das Bild von Dreilichs Leiche zu verdrängen, und auch das Schuldgefühl. Aber das Bild schaltete sich immer wieder ein. Er sah das Stilett auf dem Tisch liegen. Aber Heinz richtete seine Pistole mit dem Schalldämpfer auf ihn, dagegen kam Stachelmann nicht an. Wenn ich ihm die Tischplatte in den Körper rammen könnte, dann hätte ich ein paar Sekunden. Vielleicht würde das reichen. Aber ich muss ihn dazu kriegen, dass er mir gegenübersteht und eine Sekunde nicht aufpasst. Wenn ich alle meine Kraft und mein Gewicht dahinter setze, wirft die Attacke ihn vielleicht um. Ich muss ihn überraschen. Er hält Intellektuelle für Schwächlinge. Intelligenzler, wie er sagt.
    »Schreiben Sie«, sagte Heinz.
    »Sie meinen, ich soll mein Todesurteil schreiben. Würden Sie das tun?« Stachelmann nahm den Kugelschreiber in die Hand und zerbrach ihn. Er schob ihn über den Tisch.
    Heinz starrte ihn böse an. »Ich erkläre, Sie schreiben, das ist die Vereinbarung.«
    »Die kündige ich. Schreiben Sie’s doch selbst.« Er sah Heinz an, dass es in ihm arbeitete. Welche Druckmittel hatte er? Er durfte nichts tun, was einen Selbstmord widerlegte. An Stachelmanns Leiche durften keine Spuren gefunden werden, die auf fremde Gewalt zurückgingen.
    Heinz lächelte. Dann griff er in die Tasche. Er zog ein Foto heraus. »Ich habe gewusst, Sie würden Theater machen.« Er ließ das Foto über den Tisch rutschen. »Können Sie behalten, ich habe noch andere.«
    Stachelmann nahm das Foto und erschrak. Es zeigte Anne. Sie schob einen Kinderwagen. Das Foto war offenbar in der Grindelallee geschossen worden, es zeigte im Hintergrund eine Apotheke, die Stachelmann kannte. Er verstand sofort, was es bedeutete. Heinz zündete sich eine Zigarette an, Tabak bröselte auf den Tisch. Er zeigte braune Zähne, als er sagte: »Nun schreiben Sie. Sie können das gerne ausschmücken. Aber, verdammt, fangen Sie endlich an. Auch eine?« Er hielt Stachelmann die Zigarettenschachtel hin. Karo stand darauf. Die Handschuhe trugen braune Flecken. Stachelmann winkte ab. Heinz schob ihm einen neuen Kugelschreiber über den Tisch.
    Dann begann er zu schreiben. Er kämpfte an gegen die Angst, die ihn zu lähmen drohte. Er verschrieb sich oft.
    Nach einer
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