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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman
Autoren: Florian Tausch
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überteuerten Fünf-Sterne-Fresstempel, die nur den Ausländern das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Ich hoffe also, du hast nichts dagegen, wenn wir den Abend hier beginnen.«
    Ohne meine Antwort abzuwarten, steuerte er auf eine von grellem Neonlicht erleuchtete Halle zu.
    Kaum kamen wir näher, winkte uns ein untersetzter, älterer Mann aufgeregt zu. »Sir! Sir! Come in! Come in!«.
    »Jajaja, mal nicht so hektisch, junger Freund. Wir rennen schon nicht weg. Steht das Bier schon kalt?« Jürgens Eigenart, Vietnamesen deutsche Sprachbrocken hinzuwerfen, war mir schon früher aufgefallen.
    »Come in! Come in! How many people?« Eilfertig bahnte sich der Alte vor uns einen Weg durch die zahlreichen, dicht gedrängten Biertische im Inneren der Halle.
    Oder war dies ein gigantischer Mülleimer? Meine Füße wateten knöcheltief durch Kronkorken, Knochenreste und kleine, zerplatzte Plastiktüten, in denen den Gästen gekühlte Tücher gereicht worden waren. Dazwischen standen an jedem Tisch Bierkästen. Sobald wir uns gesetzt hatten, wurde auch bei uns eine volle Kiste platziert.
    »Am Ende des Abends zählen sie einfach, wie viele Flaschen noch drin sind - den Rest musst du zahlen«, klärte Jürgen mich auf, während ein Kellner dicke Eisstücke aus einem Block schlug und in unseren Gläsern versenkte. Ein anderer hatte bereits zwei Flaschen geöffnet, die Verschlüsse auf dem Boden entsorgt und goss uns ein.
    »Bồ nướng.« Diesmal erbarmte sich Jürgen und versuchte, seine Bestellung auf Vietnamesisch abzugeben. Der Kellner nickte, blieb aber mit ungläubigem Gesichtsausdruck neben uns stehen.

    »Bồ nướng, bồ nướng«, versuchte Jürgen erneut. Ich musste lachen: »Nicht schlecht! Du versuchst gerade, eine gegrillte Geliebte zu bestellen.«
    »Ach, verdammt!« Er nestelte an der Karte herum und deutete mit dem Finger auf seine Wahl. Überrascht bemerkte ich, dass Jürgen einen Ehering trug. Hatte er mir nicht einmal erzählt, dass ihn seine Frau verlassen hatte, noch ehe er vor sieben Jahren nach Vietnam gekommen war?
    »Scheißsprache! Ich werd’s nie lernen«, fluchte er, als sich der Kellner entfernt hatte.
    »Hast du es denn überhaupt probiert?«
    »Was? Ich? Niemals! Solange ich em đẹp lắm und anh yêu em sagen kann, reicht das doch, oder?«
    Nun, manche mögen Du bist schön und Ich liebe dich als hinreichenden Wortschatz empfinden, doch ich habe nicht unerhebliche Mühen darauf verwendet, Vietnamesisch zu lernen, und würde alleine aus diesem Grund vehement gegen Jürgens Behauptung protestieren. Allerdings musste ich nach einem Abend an seiner Seite zugeben: Es reicht wirklich. Zumindest, um die Damen im »Apocalypse Now« zu unterhalten - einem Club, der nicht nur populär, sondern auch für seine vielen leichten Mädchen berüchtigt ist. Hierher hatte Jürgen uns geführt, nachdem in der Bierhalle der Müll vom Boden gefegt und das Licht ausgeschaltet worden war.
    Diesmal war der Schritt ins Freie eine echte Erholung gewesen. Es hatte sich zwar immer noch nicht abgekühlt, doch während des Essens war ich regelrecht gegart worden - ich fühlte mich an, als hätte Jürgen Nick nướng , gegrillten Nick, bestellt.
    Der ist relativ einfach zubereitet: Man nehme einen glühenden
Tischgrill, auf dem in stark knoblauchhaltiger Marinade eingelegtes Rindfleisch gebraten wird, und platziere ihn direkt vor ihm. Um seine Garzeit noch zu beschleunigen, befestige man schräg gegenüber von ihm einen Ventilator. Dieser sollte am besten so angebracht sein, dass er den übrigen Gästen Kühlung verschafft, auf seinem Schwenk von links nach rechts jedoch direkt in die Glut des Tischgrills bläst und die angefachte Hitze, Rauch und den Knoblauchdunst auf den dahinter schmorenden Nick pustet.
     
    Noch als wir im »Apocalypse Now« ankamen, fühlte sich meine Gesichtshaut ganz kross an. Also verzog ich mich zunächst in einen Winkel nahe der Klimaanlage, kühlte langsam ab und beobachtete das Treiben. Für einen Montagabend war es erstaunlich voll. Auf der Tanzfläche tummelten sich vor allem junge, stark geschminkte Frauen, dazwischen ein paar Schwule und einige Westler, deren Köpfe im Takt der Musik aus der Masse schwarzer Haare herauspoppten wie Pilze.
    Jürgen hatte es nun auch ins Innere geschafft, dabei war er schon vor dem Eingang an eine Horde Bargirls geraten, von denen er sich offenbar gern aufhalten ließ. Jetzt sah ich ihn - immer noch von den vier, fünf Frauen umgeben - unweit von mir am
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