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Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Titel: Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer
Autoren: Matthias P. Gibert
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er keine Lust mehr hatte, sich dem Gekratze und den unverhohlenen Drohungen seines Vorgesetzten auch nur eine Sekunde länger auszusetzen.
    »So machen wir es«, meinte Bartholdy zufrieden. »Genau so machen wir es. Und ich freue mich darauf, nach dem Wochenende Ihre revidierte Entscheidung zu hören.«
    »Ja«, brummte Lenz im Gehen, »glücklicherweise haben wir bis dahin ja noch ein paar Tage Zeit.«
    Damit verließ er das Büro, zog die Tür hinter sich ins Schloss und atmete ein paar Mal tief ein und aus.
    »Wenn das mal keine böse Enttäuschung für dich wird«, murmelte er auf dem Weg zur Treppe.
     
    »Nur ein Idiot würde dieses Angebot ablehnen«, kommentierte Thilo Hain eine Viertelstunde später die Vorgehensweise seines Chefs. »Und nur ein Idiot könnte es annehmen.«
    Lenz sah ihn mit einer Mischung aus Verwunderung und Missbilligung an.
    »Und wie, zum Teufel, soll ich das jetzt verstehen, du Hohlbirne?«
    »Na ja«, erwiderte der Oberkommissar ohne zu überlegen, »du müsstest relativ eng mit Kriminaldirektor Bartholdy zusammenarbeiten, und das konnte nur ein wirkliches Phlegma wie unser in Wirklichkeit gar nicht so guter Ludger über längere Zeit aushalten.«
    Er spielte damit auf ihren langjährigen Chef Ludger Brandt an, der ein paar Monate zuvor von einem Mann ermordet worden war, weil Brandt dafür gesorgt hatte, dass dieser fast 22 Jahre unschuldig im Gefängnis hatte sitzen müssen.
    »Und weiter?«, nölte Lenz, weil sein Mitarbeiter keine Anstalten machte, den zweiten Teil seiner Idiotenthese zu erklären.
    »Du müsstest ein Idiot sein, wenn du diese Chance ohne schwere Not verstreichen ließest.«
    »Warum das denn?«
    »Wegen der unbestreitbaren Vorteile, die dieser sowohl beamtenrechtliche wie auch soziale Aufstieg mit sich bringen würde.«
    »Die zum Beispiel worin bestehen würden?«
    Hain machte eine weit ausholende, pathetische Armbewegung.
    »Nie wieder irgendwann nachts direkt an der Front auftauchen müssen, zum Beispiel. Oder einen halbwegs geregelten Dienstplan haben. Pünktlich Feierabend machen können. Eine Menge mehr an Kohle im Monat. Reicht das?«
    »Meinetwegen. Leider gibt es das alles nicht gratis. Dagegen steht etwa, dass ich Leuten in den Arsch kriechen müsste, die ich heute nicht mal mit dem gleichen ansehen würde. Oder, dass ich mich an jedem verdammten Tag mit Papieren beschäftigen müsste, die ich zurzeit nicht mal zu sehen kriege. Und so viel Geld mehr gibt es überhaupt nicht, das hab ich gerade mal gecheckt, als ich auf dem Rückweg von Bartholdy war. Außerdem …«
    Er stockte kurz.
    »Außerdem finde ich meinen Job echt klasse. Und die Leute, mit denen zusammen ich ihn mache, sind wirklich nicht die schlechtesten.«
    »Sollte das am Ende ein Kompliment gewesen sein?«, reagierte Hain mit gespielter Überraschung.
    »Von mir aus, ja.«
    »Danke. Allerdings gibt es einen wirklich wichtigen, alles überragenden Grund, der dafür spricht, dass du Bartholdys Angebot auf jeden Fall annehmen solltest.«
    »Und der wäre?«
    »Dann könnte ich mit dir zusammen aufsteigen und deinen Stuhl übernehmen. Das wäre dann für den zweifachen Familienvater der lang ersehnte Karrieresprung. An das Mehr an Kohle will ich mal lieber gar nicht denken.«
    »Und du befürchtest nicht, diese Aufgabe würde dir mit atemberaubender Geschwindigkeit über den Kopf wachsen?«, frotzelte Lenz.
    »Ach wo. Wenn einer wie du das hinbringt, sollte es für mich doch mit links zu bewältigen sein.«
    »Schön, dass du dir da so sicher bist, wobei ich nach den Jahren der Zusammenarbeit mit dir leider …«, wollte Lenz den Dialog gerne fortsetzen, wurde jedoch vom Klingeln des Telefons auf dem Schreibtisch unterbrochen.
    »Ja, Lenz«, meldete er sich mit einem breiten Grinsen in Richtung Thilo Hain.
    »Ich bin’s, Heini«, kam es dumpf aus dem kleinen Lautsprecher am Ohr des Hauptkommissars. »Ich weiß, dass du heute eigentlich ganz andere Sachen im Kopf haben dürftest und zu denen gratuliere ich dir auch, aber am besten setzt du sofort und ohne zu zögern deinen Arsch in Bewegung und kommst zu den Schrebergärten hinter dem Real-Markt.«
    »Was gibt es denn dort zu sehen?«
    »Das erfährst du, wenn du hier bist. Und bring dir besser eine Kotztüte mit, denn das, was hier auf dich wartet, ist nicht besonders appetitlich.«
    Damit hatte Heini Kostkamp, der Leiter der Spurensicherung, die Verbindung gekappt.
    Lenz ließ den Hörer sinken und sah Hain, der das Gespräch ohne jegliche
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