Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marcos Verlangen

Marcos Verlangen

Titel: Marcos Verlangen
Autoren: Laura Gambrinus
Vom Netzwerk:
eins der vielen Kondome, die Marco während der Anfangszeit beim Sex mit ihr benutzt und dann weggeworfen hatte.
    „Ja, natürlich hat er das“, bestätigte Patrizia bitter. „Das kann er ja so gut! Er ist ein Meister darin, mit Worten so umzugehen, dass er immer das bekommt, was er will. Während er Ihnen die Scheidung verspricht, holt er gleichzeitig mich zurück. Er kriegt Sie rum, er macht, dass Sie sich in ihn verlieben, dann ist sein Ehrgeiz befriedigt und er kehrt bis zum nächsten Mal zur Tagesordnung zurück.“
    Ella hörte zu. War unfähig, ein Wort zu sagen, einen Ton zu äußern oder gar sich zu bewegen. Ihre Kehle begann langsam und unaufhaltsam, sich zuzuschnüren, ihr Herz würde sicherlich bald stehen bleiben, weil es diesen Rhythmus unmöglich über längere Zeit durchhalten konnte. Unmöglich!
    Sie würde nicht weinen! Sie würde vor dieser warmherzigen, sympathischen und gefühlvollen Frau auf keinen Fall in Tränen ausbrechen. Vor dieser unbeschreiblich schönen, attraktiven und sinnlichen Frau, neben der sie sich selber wie ein farb- und reizloser Bauerntrampel vorkam. Die ihr hier gegenüber saß und ihr schweren Herzens die Sünden ihres eigenen Ehemannes beichtete.
    „Wissen Sie, Ella“, fuhr Patrizia nun fort und ihre Stimme zitterte unter der Last des Geständnisses, das sie ihr machte, „er hat es ja mit mir auch so gemacht, damals, als ich noch jung und unerfahren war. Er war mein erster Mann und ich war so rasend in ihn verliebt, dass ich mich beinahe umgebracht hätte, als er mich urplötzlich einfach fallen ließ wie eine heiße Kartoffel.“ Sie schluckte und sah verlegen zu Boden.
    Ellas Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken, dass Marco beinahe ein Menschenleben auf dem Gewissen gehabt hätte.
    „Zum Glück waren da unsere Väter, die schließlich die Sache in die Hand nahmen und dafür sorgten, dass er mich heiratete. Wir wurden dann doch noch ein einigermaßen harmonisches Ehepaar, naja, wie das eben so ist – man rauft sich zusammen mit den Jahren. Aber leider musste ich nach einiger Zeit feststellen, dass Marco es mit der ehelichen Treue keinesfalls so genau nahm wie ich mir das gewünscht hätte. Und wie das wohl jede jungverheiratete, verliebte Frau von ihrem Ehemann erwarten dürfte. Deshalb bin ich schließlich ins Ausland gegangen.“ Sie schluckte. „Es hat mich ziemlich gewundert, nach all dieser Zeit wieder von meinem Mann zu hören, aber da er jetzt Dekan ist und bereits nach dem Rektorensessel schielt, hat er wohl festgestellt, dass diese Position zumindest nach außen hin gewisse Formen erfordert. Ich mache mir keine besonders großen Illusionen darüber, warum er mich zurückhaben will, wissen Sie?“ Sie seufzte zitternd auf. „Auch wenn ich das Ihnen gegenüber vorhin so dargestellt habe. Er kann nicht treu sein, das konnte er noch nie, damit werde ich leben müssen. Und irgendwie wird es schon gehen, schließlich ist er mein Ehemann und ich habe ihm gegenüber gewisse Pflichten, wenn Sie verstehen, was ich meine. Auf seine egoistische Art liebt er mich wohl immer noch, das hat er mir heute Nacht erst wieder eindrucksvoll bewiesen. Und ich liebe ihn.“
    Sie schwieg einen Moment und sah wieder zu Boden. Dann seufzte sie noch einmal tief und schmerzlich auf.
    „Ich habe ihm also den Wunsch erfüllt, habe seiner Bitte entsprochen und bin zu ihm zurückgekommen. So wie er es wollte. Marco bekommt immer, was er will. - Nun ja, damit wollte ich Sie aber eigentlich gar nicht behelligen, Sie haben selber genug an dem Wissen zu tragen, dass Marco Sie von Anfang an nur belogen und mit Ihnen gespielt hat. Es tut mir so grenzenlos leid, Ella, glauben Sie mir.“
    Patrizias Stimme hatte einen so unsagbar sanften, mitfühlenden Unterton, dass Ella sich am liebsten für ihre Offenheit bedankt hätte. Das einzige, was sie daran hinderte, war ihre Befürchtung, in den Armen von Marcos Ehefrau anzufangen zu weinen und nicht wieder aufhören zu können. In ihr war während der letzten Minuten alles zu Eis erstarrt, was vorher geglüht und gebrannt und gelebt hatte. Alles, was sie für Marco empfunden hatte, war schlagartig erfroren. Da war nur noch Leere. Und diese sonderbare, hilfreiche Kälte, die es ihr ermöglichte, nun endlich ihre Tasse zu nehmen und an den Mund zu führen, den inzwischen lauwarmen caffè mit Todesverachtung hinunterzuschütten und sich dann höflich für das Gespräch zu bedanken.
    Bei Marcos Ehefrau.
    Die zu ihm zurückgekommen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher