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Earth Girl. Die Prüfung

Earth Girl. Die Prüfung

Titel: Earth Girl. Die Prüfung
Autoren: Janet Edwards
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    1
    A m Wallam-Crane Day entschied ich mich endlich für das Fach meines Grundstudiums. Issette hatte mir am Morgen extra noch eine Mail deswegen geschickt. Darin sprang sie im Schlafanzug auf ihrem Bett herum, schwenkte ein Kissen und sang: «Entscheide dich, Jarra! Tu’s einfach! Tu’s einfach! Gib dir einen, gib dir einen Ruck und triff die Entscheidung, Girl!» Sie sang es zur Melodie von Zen Arraths neuem Song. Issette steht total auf ihn, aber ich finde seine Beine nicht sonderlich toll.
    Issette ist meine beste Freundin. Wir sind beide 17 und waren schon zusammen in Nursery. In den Jahren danach, in Home und Next Step, sind wir die ganze Zeit Zimmernachbarinnen gewesen. Issette hatte ihre Bewerbung für den Grundlagenkurs Medizin schon vor Monaten abgegeben. Issette ist gut organisiert und zuverlässig. Ich nicht. Auch die meisten meiner anderen Freunde hatten sich zu diesem Zeitpunkt schon entschieden, außer Keon, der sich vorgenommen hatte, überhaupt nichts zu tun. Das hatte er schon während der Schulzeit so gehalten, und ich muss zugeben, dass er echt gut darin war.
    Da ich aber kein zweiter Keon sein wollte, musste ich eine Entscheidung fällen, und zwar möglichst schnell. Die Bewerbungsfrist endete gleich nach dem Feiertag.
    Der Wallam-Crane Day ist auch auf der Erde ein Feiertag, genau wie auf allen anderen Welten, aber im Gegensatz zu denen gibt es hier aufgrund der besonderen Umstände keine Partys. Thaddeus Wallam-Crane hat das Portal erfunden und der Menschheit die Sterne geschenkt, aber wir hier auf der Erde gehören zu der winzigen Minderheit, die leider leer ausging, als er die Fahrkarte ins Universum erschuf.
    Eine meiner kleinen, geheimen Phantasien ist es, eine Zeitmaschine zu bauen und fast sechshundert Jahre in die Vergangenheit zu reisen, nämlich zum 15 . November 2142 . Dann würde ich Wallam-Crane direkt nach seiner Geburt erwürgen. Wäre er nicht gewesen, dann wäre ich völlig normal und kein Neander, nicht als zurückgeblieben abgestempelt. Ja, ich bin eine von denen. Höfliche Leute würden mich wohl als Behinderte bezeichnen, aber ihr könnt mich auch Affenmädchen nennen, wenn ihr wollt. Der Name ändert ja nichts. Mein Immunsystem kann nirgendwo anders als auf der Erde überleben. Ich bin hier gefangen, und die Strafe ist lebenslänglich.
    Falls ihr das hier immer noch lest, dann liegt es vermutlich daran, dass ihr so geschockt seid, dass ein Affenmädchen überhaupt schreiben kann. «Wahnsinn! Total krass!», werdet ihr euren Freunden erstaunt zurufen, aber eigentlich wisst ihr doch, dass ich im Grunde genauso bin wie ihr. Wenn die Würfel anders gefallen wären, hättet ihr genauso gut hier auf der Erde landen können, und ich würde jetzt zwischen den Welten herumreisen. Wenn ihr ein Baby bekommt, könnte es so werden wie ich. Dann müsste es innerhalb von Minuten auf die Erde teleportiert werden, weil es sonst stirbt.
    Mein Therapeut sagt, ihr habt Angst vor uns. Er sagt, deshalb gebt ihr uns Schimpfnamen und hegt eure kleinen Aberglauben. Wir sehen das ja alles auf den Vids: Gegen Ende der Schwangerschaft verwandelt das Reisen zwischen den Welten Babys in Neander. Wer schwanger ist, sollte keine Karanth-Marmelade essen, sonst wird das Baby ein Affe. Diese jüngste Horrormeldung steht überall in den Newzies, und jetzt werfen alle ihre Karanth-Marmelade in den Müll, obwohl das überhaupt keinen Unterschied macht.
    Alles totaler Schwachsinn. Die hochkarätigsten Wissenschaftler forschen seit Hunderten von Jahren nach den Ursachen und haben immer noch keine Hinweise gefunden. Jede andere Behinderung kann im Vorfeld erkannt und behoben werden, aber diese nicht. Ob man nun Karanth-Marmelade isst oder nicht, es kann jedes Baby genauso erwischen wie mich. Vielleicht finden sie ja eines Tages ein Heilmittel, aber ich wette, bis dahin bin ich schon tot. Wahrscheinlich sterbe ich einen Tag vorher, damit das Schicksal sich noch mal so richtig auf meine Kosten amüsieren kann.
    Mein Therapeut sagt außerdem, dass ich noch eine Menge unaufgearbeitete Bitterkeit und Wut mit mir herumtrage. Er hat recht. Das ist euch sicher schon aufgefallen. Am 15 . November 2788 war ich besonders sauer. In einer halben Stunde sollte ich Candace treffen und ihr meine Entscheidung über meinen Kurs, meinen Berufsweg, meine gesamte Zukunft mitteilen. Ich war immer noch unschlüssig und hätte echt mal ordentlich über alles nachdenken müssen. Natürlich zögerte ich das
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