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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia
Autoren: Catherine Banner
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nicht trauen, die die Menschen benutzen.«
    »Ich glaube nicht, dass sie ihn getötet hätten. Sie mü s sen von der Prophezeiung gewusst haben.«
    Es stimmte, dass Aldebarans Prophezeiung früher g e würdigt worden war, und vielleicht hätten Luciens Mä n ner deswegen tatsächlich davor zurückgeschreckt, den Jungen zu töten. Die Prophezeiung hatte ganz eindeutig besagt, dass niemand dem Prinzen Schaden zufügen dü r fe. Sie hatte besagt, dass man ihn nicht umbringen, so n dern in die Verbannung schicken würde.
    Der Schnee ließ die gelben Ziegel der Häuser schmu t zig aussehen. Ich überlegte, ob die Wolken, die sich über der Stadt zusammenballten, Schnee oder Regen bringen würden. Die größte von ihnen – direkt über der Kirche tief unter uns auf dem Platz – wirkte wie eine sich au s streckende Hand. Sie hing so dicht über dem Kreuz auf dem Dach des Gebäudes, dass es aussah, als würde sie danach greifen. Aber die Bewegung wurde nur vom Wind verursacht.
    »Also könnte es wirklich existieren«, sagte Stirling g e rade.
    »Was?« Er hatte weitergeredet, aber ich hatte nicht zugehört.
    »England könnte wirklich existieren.«
    »Ja«, sagte ich erschöpft. »Kannst du nicht endlich aufhören, davon zu reden? Ich hätte nie mit dem Thema anfangen sollen – seit ich es erwähnt habe, sprichst du von nichts anderem. Und wir werden es sowieso nie h e rausfinden.«
    »Nein«, gab er zu. »Aber die Prophezeiung …«
    »Was ist damit?«
    »Wenn sie sich erfüllen würde, dann würden wir e r fahren, ob es England wirklich gibt oder nicht. Weil dann nämlich der Prinz zurückkommen und …«
    »Stirling«, unterbrach ich ihn. »Die Prophezeiung – du wolltest mir etwas darüber sagen. Weißt du noch? Heute Morgen. Du hast gesagt, du würdest es mir später erzä h len.«
    »Ach ja …« Er sah sich um. »In Ordnung.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. Wir waren auf der stillen Straße stehen geblieben.
    Eine Frau, die ein hustendes, gegen die Kälte eing e mummtes Baby an ihre Brust drückte, tauchte hinter e i ner Ecke auf und hastete an uns vorbei. Stirling wartete, bis sie wieder verschwunden war, dann beugte er den Kopf dicht zu meinem. »Erinnerst du dich, als Großmu t ter Vaters Bücher verbrannt hat?«
    »O ja«, sagte ich. »Ich erinnere mich.«
    »Sprich nicht auf diese Weise!«
    »Auf welche Weise?«
    »Na, so wie eben. Es war nicht ihre Schuld.«
    »Er hatte mich gebeten, sie für ihn aufzubewahren, s o lange er fort ist. Wegen ihr habe ich mein Versprechen gebrochen und …«
    »Zurück zu der Prophezeiung«, unterbrach mich Sti r ling. Wir hatten dieses Thema schon mehrere Male erö r tert. »Als Großmutter sie verbrannte, habe ich eins davon an mich genommen.
    Ich habe es immer noch – letzte Woche habe ich es wiedergefunden. Und ich habe herausgefunden, was auf dem Einband steht.«
    »Du hast den Titel gelesen?«, fragte ich. Er nickte. »Und, wie lautet er?«
    »Er lautet: › Eine Prophezeiung des Lords Aldebaran, aufgeschrieben im sechsten Jahr der Regentschaft von Cassius II. ‹ «
    »Das ist genau das Buch«, sagte ich. »Das muss es sein.«
    »Das dachte ich mir auch. Ich wollte dich bitten, es mir vorzulesen. Ich habe mindestens eine Stunde g e braucht, um den Titel zu entziffern, und du liest schnell, Leo.«
    Ich starrte ihn an. »Das ist ein sehr seltenes Buch, und ich habe nicht einmal gewusst, dass du es hast.«
    Er grinste.
    Wir setzten unseren Marsch auf der glatten Straße vo r sichtig fort. »Wenn Großmutter das herausfindet, bringt sie dich um«, bemerkte ich. »Du weißt, dass dieses Buch auf der Liste Streng Verbotener Schriften steht, oder? Du könntest nur dafür, dass du es hast, drei Monate beko m men.«
    »Drei Monate? Drei Monate was?«
    »Drei Monate Gefängnis! Es ist ein schweres Verg e hen. Großmutter wird sehr wütend werden, wenn sie es jemals herausfindet.«
    »Ja, ich weiß.« Er legte den Finger an die Lippen, machte ein zischendes Geräusch und schaute sich ängs t lich um. »Verrat es ihr bitte nicht.«
    »In Ordnung.« Ich hatte nie vorgehabt, es ihr zu sagen. Ich wollte Stirling nur warnen. »Und ich kann es dir vo r lesen, wenn du möchtest.«
    »Danke«, sagte er. »Danke, Leo.«
    »Du solltest es trotzdem nicht haben.«
    »Ich bin nicht der Einzige, der ein Buch versteckt«, erwiderte er grinsend.
    »Was?«
    »Du hast das eine behalten, das Vater für dich unte r schrieben hat – Die Goldene Regentschaft .«
    »Woher weißt du
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