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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens
Autoren: Lena Klassen
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zusammenstoßen, Hupen ertönten und Geschrei, denn über die Straße kamen die Wölfe. Atschoreks Augen weiteten sich. Hunderte. Wilde, reißende, tollwütige Wölfe, die niemand, nicht einmal ein Schatten, bändigen konnte. Sie alle folgten dem einen goldenen Wolf, der wie eine brennende Pfeilspitze vor ihnen herjagte und mitten in die Schatten fuhr.
    Der Lärm war ohrenbetäubend, als sich Bellen und Knurren mit Schmerzensgeheul und panischen Aufschreien mischte.
    »Oh nein, nein!«, schrie Atschorek, ihre Stimme überschlug sich. »Nicht das! Nicht die Wölfe!«
    Zähne und Krallen. Die Schatten hatten dem nichts entgegenzusetzen.
    Als Mattim an Hanna hochsprang, brach der Kreis der Angreifer auseinander. Noch nicht alle hatten begriffen, was geschah, ein paar Schatten ließen das Mädchen nicht sofort los, doch gleich darauf rissen die Wölfe sie zu Boden.
    Hanna konnte sich vor Schreck immer noch kaum rühren, als Mattim an ihrer Jacke zog. Das brachte sie einigermaßen zu sich. »Wo ist Réka? Wo ist sie?« Sie versuchte nicht nach rechts und links zu schauen, wo die Wölfe sich zu zweit oder dritt auf die Schatten stürzten. Blut floss, nicht viel, jedoch genug, um das Pflaster zu färben. Sie wollte es nicht sehen – Zähne, die sich in Hände bohrten, in Hälse und Wangen, Beine und Leiber … Krallen, die durch Haut fuhren. Doch die Vampire starben nicht, konnten nicht sterben, sie fühlten nur Schmerz, und ihre Schreie gellten über den Platz.
    Über den unglaublichen Lärm hinweg rief Hanna nach ihrer Seelenschwester: »Réka! Réka!«
    Atschorek hatte inzwischen einen kühlen Kopf bewahrt. »Flieht!«, rief sie den Schatten zu. »Flieht!« Hektisch blickte sie sich um. »Haben wir hier keine Pforte?«
    Als Wilder sich vor ihr aufbaute, stieß sie ihm Réka entgegen, rannte auf eine Gruppe Touristen zu, die gerade dabei war, in einen Bus einzusteigen. Die Leute waren sich anscheinend noch nicht einig, ob das, was sie hier miterlebten, echt war.
    »Hier bin ich.« Réka tauchte von irgendwoher auf, Wilder an ihrer Seite.
    »Wir müssen hier weg, komm!«, rief Hanna.
    Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Atschorek auf die Touristen zueilte. Ein Mann stand filmend am Rand, während andere hysterisch in den Bus drängten. Atschorek packte ihn und zog ihn mit sich, mitten unter die Wölfe. Sie warf ihn einem großen Schattenwolf direkt vor das aufgerissene Maul.
    »Hier!«, schrie sie laut, sobald das Tier einmal zugeschnappt hatte. »Hier ist eine Pforte.« Sie packte einen Schatten und stieß ihn nach vorne, doch er war zu durcheinander, um bewusst den Übergang wahrzunehmen, und blieb daher auf dem Platz. Atschorek fluchte, packte mit der anderen Hand einen anderen Mann und zerrte sie beide zusammen hindurch.
    »Lauft!«, schrie sie ihnen zu, als sie im Wald von Magyria standen. »Nach Akink! Na los! Zum König!«
    Dann kehrte sie zurück ins Gemetzel.
    Hanna scherte sich nicht um die Gaffer. Die meisten hatten den Ernst der Lage erkannt und sich aus dem Staub gemacht, während einige andere, deren Wagen im Verkehr eingekeilt waren, noch immer mit offenen Mündern auf die tobende Wolfsmeute mitten auf dem großen Platz starrten.
    »Komm!« Sie zog Réka an der Hand hinter sich her. Die beiden Wölfe liefen mit ihnen; Wilder bahnte ihnen den Weg, Mattim bildete die Nachhut.
    Während hinter ihnen das Sirenengeheul unzähliger Polizeiautos erklang, eilten sie fort, in den Park, an der Märchenburg Vajdahunyad vorbei, dort, wo sie vor unendlich langer Zeit Schlittschuh gelaufen waren.
    Keuchend blieb Réka stehen. »Wohin? Können wir jetzt nach Hause?«
    Hanna warf einen Blick zurück. Blaulicht blitzte durch den dunklen Abend. Sie meinte, Schüsse gehört zu haben.
    »Oh Gott«, sagte Réka. »Was ist dort bloß los? Werden sie jetzt die Wölfe erschießen?«
    »Ich hoffe, sie gehen mit den Schatten durch die Pforte. Ansonsten sehe ich schwarz.«
    Der goldene Wolf drängte sich gegen ihre Knie. Sie beugte sich zu ihm hinunter und schlang die Arme um ihn. »Oh Mattim.« Sie wollte ihn gar nicht mehr loslassen, sie wollte in dieser Umarmung versinken, aber Réka tippte sie an die Schulter.
    »Ich glaube, da kommt wer.«
    Atschorek marschierte den Weg entlang, hinter ihr ein paar Schatten.
    »Bleibt stehen! Ich kriege euch doch!«
    Sie hob den Arm und …
    »Sie schießt!«, rief Réka. »Oh nein, nein! Kommt!«
    Sie drehten sich um und liefen. Hannas Gedanken überschlugen sich. Sie waren sterblich, sie alle
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