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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens
Autoren: Lena Klassen
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euch eigentlich klar, dass es kein Entkommen gibt und ihr gerade den letzten Fehler eures Lebens gemacht habt?«
    Autoabgase. Der Geruch einer Stadt, einer anderen Stadt. Asphalt. Autos. Hundekot. Staub. Nässe.
    Die Eindrücke wirbelten in seinem Geist durcheinander und wollten ihn wie in einem Sturm mit sich reißen. Neben sich fühlte Mattim die Gegenwart seines Bruders, der leise ächzte. Auch er spürte den Ansturm des Chaos, das Durcheinander, das sich wie ein Schleier über alle Gedanken legen wollte, um sie wie mit einem Windstoß davonzuwehen.
    Hanna. Er hielt sich an diesem Namen fest. Ich muss zu Hanna. Ich muss zu Hanna. Schönes, dunkelhaariges Mädchen. Er sah die Rune vor sich, die ihren Namen sang. Hanna.
    Der Sturm ebbte ab. Der Strudel, der ihn in die Tiefe reißen wollte, der Wirbel aus Gerüchen, Lärm und Fremdheit machte Platz um eine stille Mitte.
    Hanna.
    Er wandte den Kopf und sah in Wilders bronzefarbene Augen. Wie ein Nicken: Genau so. Siehst du? Und jetzt los.
    Hinter ihnen heulten die Wölfe auf vor Schreck und Entsetzen, als sie in den Wahnsinn hineinfielen. Er wandte sich um und zwang ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    Ihr. Folgt. Mir.
    Du. Sie klammerten sich an den Halt, den er ihnen bot. Du. König. Anführer. Du.
    Ich, Mattim. Er legte seinen Namen wie einen schützenden Befehl über sie. Ich. König. Anführer. Folgt. Mir.
    Er konnte fühlen, wie ihre Gedanken zerstoben, wie nur dieses eine Gefühl, dieser eine Befehl übrigblieb: Du.
    Das genügte, um sie zu benutzen.
    Mattim sah sich rasch um und versuchte sich zu orientieren. Es war bereits dunkel. Ein Novembernachmittag in Budapest. Welcher Bezirk? Und wie konnte er Hanna so schnell wie möglich finden?
    Ein paar Menschen waren stehengeblieben und starrten mit offenen Mündern auf das Wolfsrudel. Ein Rudel, wie es kein normaler Wolf je hinter sich hätte scharen können, wie es kein Wolfsanführer jemals dem Zweiten in der Rangfolge anvertraut hätte. Kurz durchfuhr ihn wie ein Blitz seine Zuneigung zu Bela, dann wandte er sich der Aufgabe zu.
    Hanna.
    Jedes Mal war sie es, die ihn gefunden hatte. Doch in seinen Träumen war er es, der die Spur aufnahm, der ihren Duft fand, wo sie sich auch aufhielt, in welcher Nacht, in welcher Dunkelheit, in welchem Traum. Wo auch immer, egal in welcher Welt sie war … Hatte Bela es ihm nicht gezeigt? Wirf dich in den Traum. Überwinde die Entfernung. Schattenwolf. Traumwolf. Spring.
    Er warf sich herum und rannte dorthin, wohin es ihn zog, und hinter ihm kamen wie eine graue Flut die tollwütigen, wahnsinnigen, verlorenen Wölfe, bereit, für ihn zu sterben.
    Du, König, für dich.
    Atschorek streckte die Hand aus, um nach Réka zu greifen. »Szigethy«, sagte sie. »Du bleibst bei mir.«
    »Aber«, wandte einer der anderen Schatten ein, »König Kunun hat nichts davon gesagt, dass wir sie verschonen sollen.«
    »Der König war über ihren Verlust dermaßen erbost, dass er Todesurteile verhängt hat – ihr erinnert euch? Aber die hier, die nehmt euch. Ihr Blut schmeckt süß. Nehmt alles. Soll es hier enden.«
    Réka wehrte sich verzweifelt, als Atschorek sie aus dem Kreis der Schatten zerrte, die sich Hanna näherten. Hungrig waren sie, weniger auf das Blut als darauf, Kununs Willen zu tun. Wie in einer großen Huldigung an ihren dunklen König schritten sie vorwärts und zogen den Kreis enger.
    Hanna wollte zurückweichen, da fassten kalte Hände nach ihren Schultern, und sie sprang mit einem Schrei wieder nach vorne. Rasch drehte sie sich, um alle im Auge zu behalten.
    »Lasst mich in Ruhe!«
    Die Vampire lächelten. Fangzähne sprossen aus ihrem Zahnfleisch. War es nicht Kununs Lächeln, in jedem dieser Gesichter?
    Sie kamen noch näher. Der Erste packte sie. Ein Flusshüter, einer von denen, die Mattim gefolgt waren … Ohne nachzudenken riss sie das Knie hoch und traf ihn da, wo es Männern am meisten wehtut.
    Sein Heulen klang geradezu wölfisch. Aber sie gewann nicht einmal die Zeit, die er brauchte, um den Schmerz niederzuringen. Ein anderer nahm seinen Platz ein, und von allen Seiten streckten sich Hände nach ihr aus.
    »Nein!«, kreischte Réka. »Nein! Nicht Hanna! Nicht Hanna! Lauf! Wehr dich! Kämpfe!« Sie schlug um sich, zerkratzte Atschorek das Gesicht und versuchte die Schatten wegzustoßen, doch es waren zu viele. Hanna stand in ihrer Mitte, aufrecht wie der Engel auf der Säule über ihr, der segnende Engel …
    Dann quietschende Bremsen. Hinter sich hörten sie Autos
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