Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
ohne zu antworten.
    »Ich weiß«, flüsterte sie, »ich bin eine Idiotin. Ich torkele durch einen Albtraum. Aber ist in einem Traum nicht alles möglich? Ist es nicht möglich, Hanna zu retten?«
    Am liebsten hätte sie den Tieren, die sie irritiert beobachteten, ausführlich erklärt, warum das so wichtig war. Warum sie dieser Fremden, die sie beinahe umgebracht hätte, zum zweiten Mal beistehen wollte. Obwohl die Liebe immer noch da war … Immer noch, obwohl ihr Herz nicht mehr schlug, obwohl alle ihre Gefühle mit ihrem alten Leben hätten untergehen sollen.
    Mattim, mein Lieber … mit mir zeugst du sowieso keine Lichtkinder mehr, Wolf, der du bist. Nun gibt es nur noch diese beiden. Die Königin – und Hanna. Das Einzige, was vom Licht übrig ist.
    So unerträglich das war, so sicher wusste Mirita, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun musste, um Hanna zu helfen.
    Endlich habe ich wieder etwas, wofür ich kämpfen kann … nicht das Licht, nur ein Funke davon. Aber wenigstens etwas.
    Die Wölfe hörten nicht auf, sie zu mustern, als wollten sie auf den Grund ihrer Seele blicken, bis auf den Grund ihrer Verzweiflung, bis dorthin, wo sie sich am liebsten auf den Boden werfen und rufen wollte: Ich gebe auf! Ich kann nicht mehr! Akink ist verloren. Mattim wird mich niemals lieben. Ich gebe auf …
    Doch dann kam Bewegung in ihre Zuhörerschaft, und Hunderte gelber Augen richteten sich auf eine Stelle zwischen den Bäumen. Kaum einen Lidschlag später brachen zwei Wölfe aus dem Gebüsch hervor, ein schwarzer und ein heller, dessen Fell durch die Nacht leuchtete.
    Ihr war schwindlig vor Erleichterung.
    »Prinz Mattim«, sagte sie und deutete eine Verbeugung an. Merkwürdigerweise fühlte sie sich nicht lächerlich dabei. »Deine Hanna ist in der Stadt. Die Schatten schwärmen aus, um das Todesurteil zu vollstrecken. Ich weiß nicht, wem ich trauen kann und wer mutig genug ist, um sich gegen Kunun zu stellen. Du musst kommen und ihr helfen.«
    Sie vermochte seinen Tierblick nicht zu deuten. Bisher war es so leicht gewesen, in seinem Gesicht zu lesen, doch nun prallte sie gegen eine Wand. Ein fremdes Wesen. Er hatte die Dunkelheit über Magyria gebracht, aber warum schien er trotzdem zu leuchten? Welches Licht spiegelte sich in seinem Fell?
    Der schwarze Wolf baute sich vor ihr auf und zog mit Nachdruck an ihrem Gewand.
    Sie versuchte ihn abzuwehren, doch es war zwecklos. Was wollte er von ihr?
    Natürlich konnte er nicht sprechen.
    Sie brauchten einen Schatten, um durch die Pforte zu gehen. Mattim sah zu, wie Bela versuchte, Mirita das begreiflich zu machen. Sie musste ihnen helfen, musste den Wölfen die Tür aufhalten. Ohne sie hatten sie keine Chance, nach Budapest zu gelangen. Er wollte nicht an sein anderes Problem denken: dass er wahnsinnig werden würde, wenn er drüben anlangte, wie Bela. Wie sollte er Hanna bloß beschützen, wenn er durchdrehte und tollwütig durch die Stadt rannte?
    Mirita ahnte nichts davon, wie sollte sie auch. Für sie war alles so klar, so einfach, aber ihm fehlte die menschliche Zunge, um sich ihr verständlich zu machen. Wenn er nur diese Gestalt hätte abwerfen können! Am liebsten hätte er sich das Fell mit seinen eigenen Zähnen vom Leib gezogen. Was nützten ihm der Genuss der Schnelligkeit, die Leichtigkeit dieses Körpers, die scharfen Sinne, die seine Welt verwandelten, wenn all das ihn daran hinderte, Hanna zu retten?
    Wut und Angst verwirrten ihn jetzt schon vollends, aber wenigstens behielt Bela einen klaren Kopf und dirigierte die junge Flusshüterin geschickt durch den Wald. Dort hatten sie eine Menge Wachen gebissen, demnach waren überall Pforten. Wenn sie nur gewusst hätten, welche sie am günstigsten in die Stadt brachte und wo Hanna sich gerade befand.
    »Ich weiß nicht, wo sie ist«, sagte Mirita, die anscheinend doch mitdachte. »Ich wollte nicht zu viele Fragen stellen, damit man mich nicht verdächtigt. Dann hätte ich gar nichts mehr tun können. Aber ich kann rübergehen und sehen, ob ich es herausfinde …«
    Bela zwickte sie ins Bein, und sie schrie unwillkürlich auf. »Nein? Warum nicht?«
    Weil du in Budapest verloren wärst , dachte Mattim wütend. Weil drüben Tag ist und du verbrennen würdest. Er konnte riechen, dass sie kein Blut getrunken hatte, dass sie nichts war als ein Schatten, der dem Licht völlig hilflos gegenüberstehen würde. Verdammt! Ihnen würde nichts anderes übrig bleiben, als völlig unvorbereitet in die andere Welt zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher