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Pfad der Schatten reiter4

Pfad der Schatten reiter4

Titel: Pfad der Schatten reiter4
Autoren: britain
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SCHWARZSCHLEIER
    »Vergesst nie, dass wir alle hier Beute sind.«
    Wie ein einziges Wesen senkten Großmutters Gefolgsleute den Blick zu der Blutpfütze, die in den Unrat auf dem Waldboden sickerte. Dies war alles, was von Regin übrig geblieben war.
    »Überschreitet niemals die Grenzen des Schutzkreises«, sagte Großmutter, »sonst kann ich euch nicht beschützen.«
    Wie zur Bestätigung ihrer Worte gellte ein wüster Schrei aus dem Wald. Sarat wimmerte, und die anderen zuckten nervös zusammen.
    Großmutter sprach ein paar passende Worte zum Angedenken an Regin. Er war ein guter, starker Torhüter gewesen, im Lager stets hilfsbereit, hatte allen Wünschen Großmutters stets entsprochen und war den Gebräuchen des Zweiten Reiches treu ergeben gewesen. Als sie eine Rast einlegten, hatte er sich zurückgezogen, um sich zu erleichtern. Leider waren die Schutzkreise, die Großmutter für solche kurzen Ruhepausen schuf, nicht allzu umfangreich. Regin hatte lediglich ein paar Schritte zu viel gemacht und war außerhalb des Kreises geraten. Sie hatten seinen Schrei gehört, der jäh abbrach, und er war verloren.
    Der Schwarzschleierwald war gefährlich. Vielleicht der gefährlichste Ort auf Erden. Großmutter erinnerte ihre Leute oft an die Heimtücke des Waldes, aber leider bewies Regin, dass ein einziger unaufmerksamer Moment das Leben augenblicklich
beenden konnte. Eine brutale Lektion für sie alle.
    Auch stärkte es den schwindenden Mut der Gruppe nicht gerade, dass sie sich verirrt hatten. Schon wieder.
    Großmutter zog ihre Kapuze tiefer, um sich vor dem ständigen Nieselregen zu schützen. Es war bereits spät im Winter, aber der Schnee schien hier nie den Boden zu erreichen – als wäre das Weiß des Schnees zu rein, zu sauber, um in der Finsternis des Waldes zu existieren. Der Nieselregen sickerte durch die verkrümmten Baumkronen und die verklumpten Fichtennadeln, und alles, was hier lebte, existierte in fortwährender Dämmerung. Nachts war die Schwärze vollkommen undurchdringlich.
    Der Schwarzschleier war durch Eroberung und Niederlage entstanden. Vor langer Zeit waren Großmutters Vorfahren, angeführt von Mornhavon dem Großen, auf der Suche nach Reichtum und den Schätzen der Natur aus dem Reich Arcosien zu den Ufern der neuen Länder gesegelt. Dort fanden sie dies alles im Übermaß, aber sie stießen auch auf den Widerstand der dortigen Bevölkerung, die den Willen des Reiches ablehnte, und so brach ein hundertjähriger Krieg aus.
    Als Erstes fiel das eletische Reich Argenthyne, das die gesamte Halbinsel an der Bucht von Ullem im Osten umschloss, dem Reich zum Opfer. Mornhavon erklärte es zu seinem Stammland und nannte es Mornhavonien. Anfangs waren seine Feldzüge erfolgreich, er schlug Aufstände nieder und errichtete seine Herrschaft in den neuen Ländern, aber dann trafen keine Vorräte und keine Verstärkung mehr aus dem Reich ein.
    Verlassen, mit schwindenden Truppen und vielen Feinden, die sich gegen ihn verbündet hatten, wurde Mornhavon besiegt.
    Danach errichteten die Sacorider eine Mauer um die
Halbinsel und schlossen die Reste der von Mornhavon hinterlassenen Finsternis darin ein. Schon ein ganzes Jahrtausend lang fristeten die entstellten Wesen, die er mithilfe der Kunst erschaffen hatte, hier ihr pervertiertes Leben. Der Wald verrottete unter dem Äther, der durch den Gebrauch Schwarzer Künste während des Krieges besudelt worden war, das Land entartete, und die Verunreinigung verbreitete sich wie eine Seuche, ignoriert, verdrängt und vergessen, bis ein Eleter, der die Überreste der magischen Kräfte des Waldes begehrte, vor drei Jahren eine Bresche in den D’Yer-Wall geschlagen hatte.
    Ihre Reise durch den Wald war nicht nur gefährlich, sondern auch mühsam. Sie versuchten, den Resten des Kopfsteinpflasters einer uralten Straße zu folgen. Manchmal verschwand sie in Sümpfen oder wurde von dichtem Dornengestrüpp verschluckt. Geduldig suchten sie sich einen Weg um die Hindernisse herum, doch mehr als einmal fanden sie sich auf den trügerischen Überresten irgendwelcher Abzweigungen wieder, oder sie folgten Pfaden, die von listigen Raubtieren angelegt worden waren und in eine Falle führten.
    Diesmal hatte ein undurchdringliches Dickicht niedriger Bäume mit üblen, dolchartigen Dornen ihnen den Weg versperrt und sie gezwungen, von ihrem Kurs abzuweichen. Wenn sie solche Prüfungen erlebte, empfand Großmutter ihre Situation als hoffnungslos, denn sie konnte an diesem
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