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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise
Autoren: Claudia_Winter
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Der eiserne Hans
     
    Wussten Sie, dass Bienen drei bis fünf Millionen Blüten anfliegen müssen, um Nektar für ein Kilo Honig zu sammeln? Das bedeutet rund 60.000 Ausflüge vom Immenstock zu den Pflanzen und zurück, eine Flugleistung, die sechs Erdumrundungen entspricht! (Aus www.bienenzuchtverein-rossdorf.de)
     
     
    „Wie meinen Sie das, Sie können mir keinen Handwerker vorbeischicken?! Das Hauptabflussrohr scheint immer noch verstopft zu sein und das hier ist mein vierter Anruf!“ Ich trommele ungeduldig mit dem Kugelschreiber auf meiner Schreibtischplatte herum.
    „Wir schicken Ihnen selbstverständlich sofort einen Installateur vorbei. Sobald Sie unsere Forderung vom letzten Monat beglichen haben“, säuselt die Stimme der Büroangestellten in mein Ohr. Ich spüre, dass ich dunkelrot anlaufe.
    „Ich habe Ihre Rechnung ganz bestimmt bezahlt. Vielleicht haben Sie sie übersehen oder falsch verbucht, was mir aber momentan schnurzpiepegal ist. Meine Toiletten laufen über, in den Spülbecken schwimmt braune Brühe! Gleich treffen meine Mittagsgäste ein – und hätte ihr Azubi seine Arbeit anständig gemacht, käme ich gar nicht in die Verlegenheit, erneut jemanden herbestellen zu müssen!“
    „Das ist überhaupt kein Problem, Frau Lehner. Faxen Sie mir doch mal eben kurz den Bankbeleg Ihrer Überweisung, dann erledigt das der Meister persönlich. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!“
    Mal eben kurz. Wie schaffen es solche Leute bloß immer, einem derart liebenswürdig ein nasses Handtuch um die Ohren zu klatschen?
    „Moment. Ich ...“
    Sprachlos betrachte ich den Hörer, aus dem ein gehässiges Freizeichen dröhnt und anschließend den Rechnungsstapel auf meinem Tisch. Ehrlich gesagt ist mir vollkommen schleierhaft, von welcher Rechnung die Frau da geredet hat.
    Ich fahre mit gespreizten Fingern durch meine Haare und seufze, während mein Kugelschreiber ein verschnörkeltes Fragezeichen auf die jungfräulichen Seiten meiner „Erledigt-Liste“ kritzelt.
    Dabei platzt mein Terminkalender aus allen Nähten. Auf meinem Schreibtisch türmt sich unerledigter Schriftverkehr und etliche liegen gebliebene Bestellungen müssten dringend gefaxt werden. Im Lager warten unausgepackte Kochbücher auf einen Platz in den Ladenregalen, der Fortgeschrittenen-Kochkurs ist erst halb ausgearbeitet, vom Anfängerkochkurs nicht zu reden. Der Getränkekeller sieht aus wie ein Altglasdepot. Und ich habe noch immer keine Ahnung, wie ich die Vorbereitungen für das Kindergeburtstags-Catering morgen Nachmittag bewältigen soll. Ob ich wegen des verstopften Abflusses einfach die Konkurrenz beordere? Von der Tür ertönt ein Hüsteln, ich hebe den Kopf.
    „Katta? Kommst du mal?“
    Sascha wirkt sichtlich verzweifelt, dabei ist er normalerweise die Gelassenheit in Person. Jetzt kaut er an den Innenseiten seiner Backentaschen und sein Augenflackern verheißt nichts Gutes. In der Regel kommt nur eine Ursache dafür infrage. Julius.
    Ich stoße mich mit den Füßen ab, rolle samt meinem Bürostuhl Richtung Tür und schiele ein letztes Mal zu dem Poststapel. Ist nicht kleiner geworden, während meines zweistündigen Aufenthalts. Wie denn auch. Aber Britta hat mir neulich erklärt, dass jede Störung Vorrang hat, wenn man sich einen reibungslosen Ablauf in einem Geschäftsbetrieb wünscht. Und wer kann sich schon rühmen, einen waschechten Sternekoch zu beschäftigen? Eben. Mein launisches Zugpferd muss bei Laune gehalten werden – so sehr es mir manchmal widerstrebt.
     
    „Hund“ wedelt mit der Rute. Wie gewöhnlich liegt er in seinem Körbchen im Gang und wartet, bis sein Herr ihn zur Mittagspause abholt. Ich streichle im Vorbeigehen das schwarze Köpfchen, dafür belohnt er mich mit einem freundlichen Brummen. Trotz des zu erwartenden Ärgers schließe ich die Augen, um den unverwechselbaren Küchengeruch nach Gallseife, frischen Kräutern und den Aromadämpfen aus Olivenöl und Gebratenem einzuatmen.
    „Heiliger Mehlsack!“
    „Sie war´s!“ – „Er war´s!“, schallt es synchron durch die Küche, eine Stimme keifend, die andere bemüht gleichgültig. Das Lächeln bröckelt noch an der Türschwelle von meinen Lippen. Über das Linoleum erstreckt sich ein Desaster grässlichen Ausmaßes.
    Hinter mir ertönt ein lang gezogenes Seufzen. Sascha steht mit hängenden Armen da und schaut mich ratlos an. Ich nehme es ihm nicht übel, dass er nicht gegen Julius und Helga ankommt. Im ungünstigsten Fall mutiert man während
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