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Magnolia Haven 01 - Morgendammerung

Magnolia Haven 01 - Morgendammerung

Titel: Magnolia Haven 01 - Morgendammerung
Autoren: Marina Schuster
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nach einer Weile.
    Sie nickte zögernd, und er bestieg sein Pferd. Im Schritt ritten sie nebeneinander her, fielen dann in einen langsamen Trab.
    »Das klappt doch schon recht gut«, rief er ihr nach ein paar Runden zu, »Du bist ein Naturtalent.«
    Joanna lachte und trieb Daisy mit einem leichten Schenkeldruck zu etwas mehr Tempo an. Tatsächlich machte ihr das Ganze riesigen Spaß, sie hätte nie gedacht, dass sie ihre Angst so schnell überwinden würde.
    »Gut, dann lass uns einen kleinen Ausritt machen«, nickte Michael ihr zu.
    Er hielt auf das Tor zu, beugte sich herab und öffnete es. Joanna folgte ihm, und wenig später trabten die breite Allee entlang. Danach ging es eine Weile über Wiesen und Waldwege, und schließlich kehrten sie in einem weiten Bogen nach Magnolia Haven zurück.
    Als sie am Stall ankamen, trafen sie auf Jake und der Ausdruck in seinen Augen war dermaßen wütend, dass Joanna es mit der Angst zu tun bekam.
    »Wer hat dir erlaubt, auszureiten?«, fuhr er Michael an.
    »Ich … niemand …«, stammelte der überrascht.
    Ehe Joanna wusste, wie ihr geschah, griff Jake nach ihrem Arm und zog sie vom Pferd. Sie fiel ihm entgegen wie ein nasser Sack und stieß einen erschrockenen Laut aus. Doch er hatte sie fest gepackt und setzte sie sicher auf dem Boden ab.
    »Bring die Tiere rein«, befahl er Michael in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Und in Zukunft wirst du mich erst fragen, bevor du irgendjemandem ein Pferd gibst.«
    Der Junge presste die Lippen zusammen, sagte aber nichts und verschwand im Stall.
    Wie angewurzelt hatte Joanna dagestanden und die Szene beobachtet, ohne zu begreifen, warum Jake sich so aufregte. Er stapfte mit weit ausholenden Schritten aufs Haus zu und mit einem verständnislosen Kopfschütteln folgte sie Michael in den Stall.
    »Was war das denn eben?«, fragte sie ihn leise, während sie ihm half, die Tiere trockenzureiben.
    »Ach, nur einer seiner Anfälle«, winkte Michael gelassen ab. »Er ist manchmal ein bisschen komisch, aber das darfst du nicht so ernst nehmen, er wird sich wieder beruhigen.«
    Obwohl Joanna Jakes Reaktion immer noch nicht nachvollziehen konnte, beschloss sie, nicht mehr weiter nachzufragen. Immerhin war er Michaels Vater und sie wollte nicht den Eindruck erwecken, als wolle sie gegen ihn hetzen. Außerdem war es wohl besser, sich nicht in irgendwelche Familienangelegenheiten einzumischen, die ganze Situation war sowieso schon beängstigend genug, auch ohne dass sie sich irgendwelchen Ärger einhandelte.
    Ein paar Tage vergingen, und allmählich bekam das Leben auf Magnolia Haven für Joanna eine gewisse Routine. Morgens nahm sie an Michaels Unterricht teil, nachmittags spazierten sie gemeinsam durch den Garten, oder saßen in dem großen Wohnraum im Erdgeschoss und spielten Schach oder Backgammon. Nach dem Abendessen zog Joanna sich in ihr Zimmer zurück, wo sie meistens noch eine Weile in einem der Schulbücher las und dann frühzeitig schlafen ging.
    Irgendwann entdeckte sie durch Zufall neben dem Wohnzimmer eine Bibliothek. Die Verbindungstür hatte offengestanden, und als sie ein wenig neugierig den Raum betrat, hielt sie überrascht die Luft an. Die Wände waren mit Bücherregalen bedeckt, die vom Boden bis zur Decke reichten. Es gab einen Schreibtisch, und vor dem großen Fenster stand eine gemütliche Couch, die förmlich zum Hineinkuscheln und Lesen einlud.
    Sie lief an den Regalen entlang, streifte ehrfürchtig mit den Fingern über die Buchrücken. Es gab Sachbücher, klassische Literatur, Sagen, Romane – alles, was das Herz begehrte.
    Von diesem Tag an verbrachte sie ihre Abende in der Bibliothek. Mit »Schuld und Sühne« von Dostojewski machte sie es sich auf dem Sofa bequem und las, bis ihr vor Müdigkeit fast die Augen zufielen. Anfangs hatte sie ein wenig Angst gehabt, vielleicht hätte sie erst fragen sollen, ob sie sich überhaupt hier aufhalten durfte. Doch dann fiel ihr ein, dass Jake gesagt hatte, sie könne sich überall im Haus bewegen, solange sie niemanden störte, und das tat sie ja nun wirklich nicht. Zu ihrer Verwunderung war sie hier stets allein, der Raum schien völlig ungenutzt zu sein, und sie fragte sich, wie man eine so herrliche Bibliothek besitzen konnte, ohne den Wunsch zu verspüren, sich darin aufzuhalten und zu lesen.
    Eines Abends jedoch öffnete sich plötzlich die Tür und Jake kam herein.
    Joanna zuckte erschrocken zusammen und sprang so hastig auf, dass das Buch von ihrem Schoß
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