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Ihr wisst ja nicht, was Liebe ist

Ihr wisst ja nicht, was Liebe ist

Titel: Ihr wisst ja nicht, was Liebe ist
Autoren: Nortrud Boge-Erli
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1. Mister Wollschaf
    Dein Name ist Leander.
    Pia hat es herausgefunden.
    Ich hätte mich nie getraut. Nie.
    Pia traut sich.
    Sie hat dich bei den Mofaständern abgefangen, als du gerade den Helm aufsetzen wolltest.
    â€žHey, Mister Wollschaf, wie heißt ’n du in echt?“, hat sie mit ihrer kratzigen Stimme gedröhnt.
    Du hast dich umgedreht, den Motorradhelm lässig in der Hand und hast gelacht.
    â€žWollschaf? Wer? Meinst du mich?“
    â€žDie Haare!“
    â€žAch so!“ Mit der freien Hand hast du dir die weißblonden Locken aus der Stirn gestrichen.
    Ich hab es genau gesehen.
    Ich war ja nur ein paar Meter weit weg.
    Hab so getan, als müsste ich mein Fahrrad aufpumpen.
    Aber ich hab natürlich durch meine langen Haare geguckt.
    Du siehst supersüß aus.
    Braune Arme, trainierte Muskeln und ein Waschbrettbauch unterm engen weißen Muskelshirt.
    â€žUnd warum willst du das wissen?“, hast du gefragt.
    Du hast gegrinst und dein Freund Ali, der grad dazukam, hat Pia so von oben bis unten angeguckt, wie Jungs eben gucken.
    â€žMeine Freundin will das wissen!“, hat Pia geantwortet.
    Peinlich war das, superpeinlich.
    â€žWie heißt denn deine Freundin?“
    Pia hat den Kopf geschüttelt.
    â€žNee, Junge, erst du!“
    â€žEcht scharf, die Kleine!“, hat Ali gesagt und laut gelacht.
    Er hat natürlich Pia gemeint.
    Aber du, du hast nur ein bisschen spöttisch gesagt: „Okay. Ich bin der Leander.“
    â€žUnd sie heißt Maylin.“
    â€žDie kleine Süße dort drüben, ist die das?“
    Mehr hab ich nicht gehört.
    Ich bin aufs Rad und losgerast.

    â€žWarum bist du abgehauen, Maylin?“
    Pia hat mich natürlich angeknatscht, sobald wir allein waren.
    â€žWenn er was von mir will, kann er mich selbst fragen!“
    â€žIch denk, DU willst was von IHM .“
    â€žSchon, aber nicht so, Pia. Trotzdem danke!“
    Und ich hab sie lieb gedrückt, damit sie nicht mehr ärgerlich ist.
    Sie hat mir ja wirklich was Gutes getan.
    Leander.

2. Dattelkern
    So hat es angefangen. Ich hab ihn „Mister Wollschaf“ genannt.
    Ich war total verknallt.
    Pia hat natürlich gemerkt, dass mit mir was nicht stimmt. Pia kennt mich seit ewig.
    In der Pausenhalle hat sie ihre hellgrauen Augen in meine tiefsten inneren Gedankengänge gebohrt und den Kopf geschüttelt.
    â€žWas guckst du denn andauernd zu Ali und seinen Kumpels rüber?“
    Sie hat mich in die Rippen gestupst.
    â€žHey, Maylin, komm mal aus den Wolken!“
    Und Pia hat sich vor mich gestellt, dass ich ihn und die anderen Jungs nicht mehr sehen konnte.
    Ich hab in meinen Pausenapfel gebissen und gekaut. Und ich bin wahrscheinlich genauso rot geworden wie der Apfel. Ich hab nur was von Wollschaf gemurmelt.
    â€žMister Wollschaf? Meinst du den mit den blonden Locken?“

    Leander ist für mich wie aus dem Nichts aufgetaucht. Dabei ist er nicht neu an der Schule, nur ein paar Klassen über mir.
    Pia sagt, sie hat ihn schon früher bei den Jungs aus Alis Clique gesehen.
    â€žDer hat die Haare ganz kurz gehabt und dunkel gefärbt. Borsten steif mit Gel nach oben.“
    Sie lacht spöttisch. Sie zieht ihre eigenen Haare am Oberkopf in die Höhe und lacht noch mehr. „Der sah vielleicht blöd aus!“
    Im letzten halben Jahr hat sich auch bei mir ganz viel verändert.
    â€žMeine kleine Maylin verwandelt sich gerade von der schnuckeligen Raupe in einen wunderschönen Schmetterling!“, hat Papa beim Sonntagsfrühstück behauptet.
    Aber das will ich gar nicht hören. Auch wenn es vielleicht stimmt. Seit Pia und ich jeden Abend über die Felder joggen, hab ich endlich abgespeckt. Juhu!
    Und Mama hat mich so angeguckt und gemeint:
    â€žEs ist eine schöne Zeit, wenn der Dattelkern keimt! Jeder, der fällt hat Flügel … 1
    Das ist aus einem Gedicht von Ingeborg Bachmann, ich les es mal mit dir zusammen, Marie-Helene.“
    Wir heißen auch Bachmann. Also derselbe Nachname. Aber natürlich sind wir nicht mit der Dichterin verwandt. Die lebt schon lange nicht mehr, hat Mami gesagt. Seit ich denken kann, hat sie mir Gedichte und Geschichten vorgelesen. Vielleicht denke ich mir darum selber so gern Geschichten aus.
    Jetzt sind es welche von Leander und mir.
    Lauter „Was-wäre-wenn“-Geschichten:
    Was wäre, wenn ich ihn plötzlich ganz allein in den Feldern treffen würde?
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