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Magie, Liebe Und Desaster

Magie, Liebe Und Desaster

Titel: Magie, Liebe Und Desaster
Autoren: Birgit Kluger
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vom Boden aufkratzen und ihm eine lässige, coole Antwort geben konnte, sprach er weiter: „Ich bin gar nicht teuer. Für nur 200 Euro verwöhne ich dich die ganze Nacht.“
    Wieder blieb mir vor Staunen der Mund offen stehen. Wenigstens dieses Mal, ohne dämliche Laute von sich zu geben. Dieser Mann glaubte, ich sei schon so verzweifelt, um für Sex zu zahlen? Sah ich so schlimm aus?
    Statt einer Antwort, kramte ich in meiner Handtasche, um in den Spiegel zu schauen. Ja. Ich sah so schlimm aus. Mein Gesicht strahlte in einem tiefen Rot, das durch die lilafarbenen Strähnen sogar noch hervorgehoben wurde.
    Als ich aufschaute, lächelte er mich noch immer an. Ich schluckte.
    „ Bisher habe ich noch nie dafür bezahlt und ich denke, ich werde es auch heute nicht tun“, murmelte ich und merkte, wie ich rot wurde. Was kein Problem war, ich sah ja schon aus wie eine Tomate.
    „ Schade. Wir hätten bestimmt viel Spaß miteinander gehabt.“ Raphael stand auf und warf mir eine Kusshand zu, dann verschwand er in der Menge.
    Erleichtert atmete ich auf, als er weg war. Frustriert war ich allerdings auch. Vielleicht lag es nicht nur an den Haaren, sondern auch am Kleid. Für Ibiza hatte ich zu viel an. Die meisten Frauen zeigten mehr Haut, auch wenn das bei den meisten keine gute Idee war. In meinem Minikleid fühlte ich mich trotzdem wie eine Oma. Ich holte tief Luft und ließ mich in meinem Stuhl zurückfallen. Vielleicht lag es an der Seeluft, aber ich war müde und enttäuscht davon, keinen Schritt weitergekommen zu sein.
    „ Für heute reichts mir“, sagte ich zu mir selbst, zahlte und reihte mich in das Gewühl ein, um mich Richtung Parkplatz schieben zu lassen. Auf dem Weg zu meinem Wagen kam ich an einer Eisdiele vorbei. Ein Eis war jetzt genau das, was ich nach diesem Frust brauchte. Ein großes Eis!
     

6
     
    Wenn man davon absah, dass ich fast jeden Stein auf meiner Seite der Insel umdrehte, dann geschah in den nächsten zwei Tagen nicht viel. Meine Nachforschungen waren erfolglos, meine Laune sank von Tag zu Tag mehr in den Keller, bis ich es sogar schaffte an einem wunderschönen, sonnigen Tag missmutig am Strand zu sitzen. Mein Sonnenbrand war glücklicherweise abgeheilt, nur meine Haut schälte sich, aber das war nicht so schlimm.
    Ich hatte mir eine Auszeit gegönnt, nachdem ich mir auf der Suche nach Thorsten Hermes Blasen gelaufen hatte. Meine Schwester hatte bereits mehrmals angerufen und noch immer konnte ich nur berichten, was ich von Anfang an befürchtet hatte: Von Thorsten keine Spur, mein Aufenthalt auf Ibiza bis jetzt nur teure Zeitverschwendung. Allmählich wuchs in mir der Verdacht, dass Balthasar auch nicht besser im Pendeln war als ich. Schmollend schob ich meine Unterlippe nach vorne. Ich würde mir das Geld für die Session wiederholen, wenn ich Thorsten Hermes auf Ibiza nicht aufspürte, versprach ich mir. Gleichzeitig aber wusste ich, wie aussichtslos ein solches Unterfangen sein würde. Balthasar würde einfach sagen, ich hätte nicht lange genug gesucht.
    Derart in Pessimismus versunken, beachtete ich weder das schöne Wetter, noch das glitzernde Meer, sondern suhlte mich in Vorwürfen und Selbstmitleid. Glücklicherweise wurden meine Betrachtungen irgendwann durch eine füllige Schwarze unterbrochen. Groß ragte sie vor mir auf, über den Armen seltsame bunte Schnüre drapiert, und bot mir etwas an, was ich nicht verstand. Nachdem meine Verständnislosigkeit offensichtlich war, zückte sie einige Bilder aus einem ihrer weiten Kaftanärmeln und begann in gebrochenem Englisch auf mich einzureden.
    Endlich begriff ich - sie wollte mir die Haare flechten. Da ich ohnehin nichts Besseres zu tun hatte und genauso gut in Selbstmitleid baden konnte, während sie mich verschönerte, willigte ich ein und begleitete sie zu ihrem kleinen Tischchen, das sie auf den Steinen neben dem Strand aufgebaut hatte. Hier hatte sie alles, was sie für ihre Arbeit brauchte. Ich setzte mich und sie begann mit dem Flechten, was mehrere Stunden dauern sollte. Hätte ich das vorher geahnt, hätte ich diese Tortur wohl nicht über mich ergehen lassen. Aber nach etwa zwei Stunden hatte ich erheblich längere Haare als zuvor und erheblich mehr, denn sie hatte falsche Strähnen mit eingeflochten.
    Aus dem Spiegel schaute mir ein gebräuntes Gesicht entgegen, umrahmt von langen dunklen Zöpfen. Mir gefiel was ich sah, vor allem weil meine lila Strähnen nicht mehr so auffielen, denn sie hatte noch einen tiefen Rotton
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