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Magie, Liebe Und Desaster

Magie, Liebe Und Desaster

Titel: Magie, Liebe Und Desaster
Autoren: Birgit Kluger
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    Mein Auftritt hätte unauffälliger nicht sein können. Mit einem lauten „Huch“, einem Satz nach hinten und einem Stapel Kopierpapier, der langsam, aber sicher zu Boden glitt, begrüßte mich die Sekretärin meiner Schwester. Ich gebe es zu: Ich sah möglicherweise ein wenig seltsam aus. Es war Hochsommer und ich trug etwas, das wie eine Kreuzung zwischen einer missratenen Soutane und einem Wintermantel aussah.
    Mit kalkweißem Gesicht lehnte Frau Meisel, so hieß die Sekretärin meiner Schwester, an der Wand und hauchte: „Haben sie mich erschreckt Frau Weiss. Ich habe sie ja gar nicht erkannt.“
    Immerhin dachte sie nicht spontan an mich, wenn sie jemanden in solcher Kleidung herumlaufen sah. Eigentlich hatte ich gehofft, mich unauffällig an ihr vorbei in das Büro von Irene, meiner Schwester, schleichen zu können. Aber die arbeitsame Frau Meisel war zu einer Zeit an ihrem Arbeitsplatz, zu der sie in einem Salat pickend in der Kantine hätte sein sollen.
    Das war Pech, denn Irene hatte von mir verlangt, dass ich unsichtbar kommen sollte. Zumindest glaubte ich, so etwas vernommen zu haben, ganz sicher war ich mir im Nachhinein nicht mehr. Irene hatte mitten in der Nacht angerufen, mich aus dem Schlaf gerissen und etwas von wichtig, unbedingt schnellstens nach Frankfurt kommen und unsichtbar gefaselt. Oder war es umsichtig gewesen? Oder vorsichtig? Niemand konnte von mir erwarten, am frühen Morgen um 10.00 Uhr, einen klaren Gedanken zu fassen. Nicht einmal meine Schwester mit ihrem dringenden Notfall. Mittlerweile hatte ich drei Stunden Autofahrt hinter mir. Kein Vergnügen, wenn man ein Auto fährt, wie ich eins hatte. Noch weniger Vergnügen, wenn man gerade aufgestanden war und noch nicht gefrühstückt hatte. Was mich daran erinnerte wie hungrig ich war. Frau Meisel wusste ja nun, dass ich da war, also konnte sie mir auch gleich etwas zum Essen bringen. Und Kaffee, viel Kaffee!
    Doch bevor ich sie darum bitten konnte, öffnete sich Irenes Bürotür. Meine Schwester streckte ihren Kopf heraus und fragte mich, wo ich denn nun bliebe und was der Lärm sollte. Frau Meisel hatte sich so weit gefasst und begann hektisch das Kopierpapier einzusammeln. Ich wollte ihr dabei helfen, wurde aber von Irene ins Büro beordert. Mit einem: „Frau Meisel, bitte bringen sie meiner Schwester einen Kaffee, wenn sie hier fertig sind“, wollte sie die Tür schließen. Ich schaffte es glücklicherweise noch: „Und bitte ein paar belegte Brötchen“, zu rufen, bevor wir allein waren.
    Wir setzten uns. Meine Schwester musterte mich irritiert.
    „ Wie siehst du denn aus?“
    „ Ich sollte möglichst unsichtbar kommen, hast du gesagt“, erwiderte ich, ganz die trotzige, kleine Schwester.
    „ Unsichtbar? Wer hat was von unsichtbar gesagt?“
    „ Hast du nicht? Es hörte sich so an.“
    Irene schüttelte ihren wohlfrisierten Kopf, was mir spontan in Erinnerung rief, dass ich zum Friseur musste. Meine „Eigenkreation“ sah mittlerweile aus wie ein wild gewordener Wischmob. Zum Glück hatte ich dunkelbraune, fast schwarze Haare, da fielen die Feinheiten eines Haarschnitts nicht so auf. Im Moment allerdings, gab es keine Feinheiten, die hätten auffallen könnten. Irene merkte wie üblich nicht, dass ich in Gedanken ganz woanders war. Mit einem Ohr hörte ich, wie sie etwas sagte. Zeit mich zu konzentrieren, also wandte ich ihr meine Aufmerksamkeit wieder zu.
    „ Ich möchte, dass du jemanden für mich findest. Es handelt sich dabei um den Neffen eines Mandanten.“
    Meine Schwester arbeitete für die größte Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei. Sie verdiente unverschämt viel Geld. Irenes Mandant musste ziemlich reich sein, wenn er sich ihren Stundensatz leisten konnte. Von einem ihrer Tagessätze konnte ich ohne Probleme einen ganzen Monat lang leben. Während sie mit mir sprach, läutete mindestens vier Mal das Telefon, ohne dass meine Schwester den Hörer abgehoben hätte. Als sie meinen fragenden Blick bemerkte, meinte sie nur: „Es ist auf Frau Meisel umgestellt. Ich möchte nicht gestört werden.“ Ach hätte ich doch auch eine Sekretärin! Wenn ich nicht gestört werden wollte, musste ich mein Handy ausschalten und vergaß prompt, es wieder einzuschalten. Mit dem Ergebnis, dass ich manchmal tagelang nicht erreichbar war.
    Aber ich schweifte schon wieder ab. Hatte sie etwas von Finden gesagt?
    „ Augenblick mal. Ich soll jemanden finden?“
    „ Ja, das sagte ich doch gerade.“ Ähnlich wie ich, war auch
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