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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte
Autoren: Jobst Mahrenholz
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noch Betrieb und mit Sicherheit niemand, der seine Zeit damit vergeudet hatte, sich idiotische Talkshows anzusehen.
    Ganz allmählich kündigte sich so etwas wie ein Sonnenaufgang an. Als ich den Wagen abgestellt hatte und ausgestiegen war, zog mir der vertraute Geruch von Hafen und verdreckten Gassen in die Nase, der unserer Stadt so zu eigen war.
    Ich war zu Hause.
     
    Nachdem ich mehrmals an das eisgraue Stahltor geklopft hatte, öffnete es sich schließlich. Ein mürrisch dreinblickender Typ im rotschwarzen L’amo-Shirt schüttelte den Kopf, bevor ich auch nur irgendetwas sagen konnte.
    Als er mich im nächsten Moment dann allerdings erkannte, konnte ich in seinen Augen die übliche, ach so vertraute Überraschung ablesen. »Ey, du bist doch...«
    »Jaja...« Ich schob mich an ihm vorbei, ging durch das Innere des jetzt total verdreckten Clubs und ließ mich müde auf einen der Barhocker fallen.
    »Ist Shiro da...?«, fragte ich matt, nachdem mein Türöffner mit ratlosem Gesichtsausdruck hinter mir hergekommen war.
    »Kommt sicher gleich zurück. Er... er läuft um die Zeit...«
    » Läuft um die Zeit...?«, fragte ich ungläubig.  
    »Ja, um den Kopf freizukriegen... sagt er...«
    »Dann warte ich.«
    »Ja, aber ...« Er kratzte sich am Hintern, starrte in mein graues Auge, und ich sah förmlich, wie sich die Rädchen in seinem Kopf in Bewegung setzten. »...Ich hab jetzt Schluss. Also ich meine, ich gehe jetzt...«  
    »Dann lass dich nicht aufhalten.«
    »Aber ich, ich kann doch nicht...«
    »Das ist in Ordnung. Du kannst dir sicher sein, dass das in Ordnung ist.
    »Na ja, wenn du... wenn Sie es sagen, ja dann... ja...« Damit schnappte er sich, immer noch verwirrt, eine Umhängetasche und verschwand schließlich durch die Tür, durch die ich mir gerade Zutritt verschafft hatte.  
    So alleine fühlte ich mich schon etwas wohler. Nach ein paar Minuten des Wartens begab ich mich hinter den Tresen um mir etwas einzuschenken. Heute sollte es etwas Stärkeres sein. Etwas Besonderes. Ich entschied mich für Cognac. Einen guten.
    Und so wanderte mein Blick während des Wartens durch das bauchige Glas in meiner Hand, durch die bernsteinfarbene Flüssigkeit hindurch. Er wanderte die verspiegelten Wände entlang, über verschmierte Tische, den verdreckten Boden, um schließlich an der frisch polierten Theke und den eingeweichten Zapfhähnen hängenzubleiben.
    Shiro lief also. Eine völlig neue Eigenschaft, die mir in Anbetracht seiner aufreibenden Nächte hier im Club aber auch ganz vernünftig erschien.
    Eine wirklich gute Idee eigentlich...
    Dem ersten Cognac folgte ein zweiter und als ich dabei war, mir einen dritten einzuschenken, beschloss ich, es mir auf dem für solche Anlässe herbeigeschafften Bettsofa in seinem sogenannten Büro erträglich zu machen. Der sitztechnischen Anforderung eines Barhockers sah ich mich in Bezug auf das Gleichgewicht jedenfalls nicht mehr lange gewachsen.
    Ob es nun eine gute Idee von mir gewesen war oder nicht, mag ich im Nachhinein nicht mehr beurteilen.
    Sicher ist: Hätte ich in dieser Nacht darauf verzichtet, die Bürotüre zu öffnen oder hätte ich überhaupt darauf verzichtet, ins L’amo zu fahren, so hätte alles, was darauf folgte, vermutlich eine andere Wendung genommen.
    Es war aber nun einmal wie es war - ich hatte mich dazu entschlossen, das L'Amo aufzusuchen, diese Türe zu öffnen, und so öffnete ich sie eben.
    Und ich sah das, was sofort augenfällig war, wenn man jenen Raum betrat: das von mir begehrte, ach so praktische, provisorische Bett war bereits belegt. Nicht mit Shiro, nein - der war ja Laufen - sondern mit jenem, der mir jüngst bei der Eröffnung als ‘Ele vorgestellt worden war.
    Von einem Shiro, dessen Blick so voller Liebe ...  
    ‘Ele lagerte mit seinem Körper dort nackt. Das ließ sich durch die unzweideutige Abzeichnung des Lakens, welches ihn bedeckte, nicht übersehen. Und ‘Ele schlief...
    Einen Moment lang betrachtete ich dieses an sich so friedliche Bild, das sich mir da bot, doch schließlich schloss ich leise die Türe und setzte mich ganz langsam, wie in Zeitlupe, wieder an die Bar.
    Tränen hatten, ohne dass es von mir bemerkt worden war, angefangen, meine Wangen hinab zulaufen, was mich zugleich beschämte wie auch irritierte.
    »Oh Mann... Ich wollte nicht, dass...« Shiro trat aus dem Dunkel der Notbeleuchtung im Eingangsbereich und kam langsam auf mich zu.
    Er musste hereingekommen sein, als ich mich ganz dem Büro nebst
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