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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte
Autoren: Jobst Mahrenholz
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fair?« Das war meine größte Sorge.
    »Sie provoziert ganz gerne, aber - ja! Ich würd' sagen, sie ist fair... Wieso?«, fragte sie lächelnd, während sie an meiner rechten Gesichtshälfte etwas nachpuderte. »Hast du etwa Leichen im Keller?«
    Ich griff zu einer letzten Zigarette vor der Show und zündete sie mir an.
    In einer halben Stunde hatte ich es hinter mir.
    Was auch immer...
     
    Anschwellender Applaus, aufgeheizte Fan-Rufe, aber vor allem gleißendes Licht, das es mir unmöglich machte, auch nur im Ansatz zu erkennen, was vor mir passierte. Das war es, was mich erwartete, als ich die sich bewegende Drehtreppe hinabstieg, zu Daniela, Claudio und vor allem zu Simona Latello, die aufgestanden war, um mich mit Küsschen rechts und Küsschen links zu begrüßen, so, als säßen wir wöchentlich bei einem Tässchen Kakao zusammen, um über alte Zeiten zu reden.
    Die hauseigene Big Band markierte meinen Auftritt gekonnt mit der Titelmusik meiner Kochshow, als ich mich neben Daniela auf dem berühmten erdbeerroten Ledersofa niederließ.
    »Ich sagte es gerade...«, begrüßte mich die Latello und wandte sich galant mit einem strahlenden Lächeln vom Publikum in meine Richtung. »...Der jüngste Fernsehkoch, den es je in Europa gegeben hat. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. In Europa . Vom kleinen Lehrling aus der Provinz zum Shooting-Star der kulinarischen Top Ten des Landes. Na, was ist das für ein Gefühl, Luca...«  
    »Nun ja...«, erwiderte ich etwas ratlos. »...Es geht mir prima...«
    Gelächter , verhaltener Applaus.  
    »Ich finde, das sieht man dir auch an. Aber du wirst mir sicher recht geben, dass dein Werdegang schon ungewöhnlich ist. Andere in deinem Alter haben jetzt vielleicht gerade mal ihre Ausbildung abgeschlossen...«
    »Stimmt...« Ich nickte bestätigend Richtung Publikum. »...Da haben sie mir was voraus.«
    Erneutes Gelächter.
    »Bevor wir aber so richtig loslegen werden, jetzt erst einmal dies ...« Und damit verdunkelte sich das Studio, und es startete, wie bei der Latello-Show üblich, ein Imagefilm, dessen Sinn es war, die Zuschauer darüber aufzuklären, wer denn nun als Gast bei ihr auf dem Sofa gelandet war.  
    Und sie hatten sich was einfallen lassen.
    Über markante Ausschnitte meiner Sendung zoomten aus dem Nichts heraus großflächige Fragen auf die Zuschauer zu, vorgetragen von einer Stimme, die perfekt zu Vincent Price gepasst hätte. So zumindest klang es für mich. Wer ist er wirklich - wovon träumt er - was hasst dieser Mann ?  
    Überlegungen dieser Art erfüllten also den Raum und gaben dem ganzen Trailer etwas eigenartig mystisch Surreales. Schon etwas schräg in Anbetracht dessen, dass man im Grunde nur einen Jungen sah, der Gurken schälte, in einem Topf rührte oder einen Vogel tranchierte.
    »Wow...! Ich wusste nicht, dass mein Job soo aufregend ist«, kommentierte ich denn auch das eben gesehene, als das Licht wieder aufhellte und erntete für die Bemerkung wiederum Lacher und Applaus.
    »Ob das tatsächlich so ist, wollen wir jetzt gemeinsam herausfinden, Luca.« Simona wandte sich direkt dem Publikum zu. »Zumindest hoffen wir heute Abend ein bisschen mehr von dir zu erfahren. Was denn zum Beispiel dein Lieblingsgericht ist - oder schließt sich das bei deinem Beruf aus...?«
    »Tournedos alla Rossini«, entwich es mir spontan. »...Ein etwa sieben Zentimeter starkes Rinderfilet, das von einer dicken Scheibe Gänsestopfleber gekrönt wird. Und das Ganze sitzt auf einem Klecks Madeirasauce und schmeckt einfach sensationell.«
    »Gänsestopfleber?«
    »Ja, genau. Absolut delikat«, wich ich einer Grundsatzdiskussion über die verächtlichen Prinzipien der Geflügelmast aus »...Die Frage war doch, was ich am liebsten esse. Vongole sind übrigens auch eine ganz grauenvolle Geschichte. Da werden die lebenden Muscheln ganz, ganz langsam erhitzt. Nur - darüber spricht niemand... Ist übrigens ebenfalls eines meiner Lieblingsgerichte...« Ich wandte mich dem Publikum zu. »...Man sollte wissen, was man ist, wenn man es auf dem Teller hat. Und das Töten oder die Aufzucht dahinter klar akzeptieren oder ablehnen. So sehe ich das zumindest.«  
    » Sehen! Ein schönes Stichwort!«, schwenkte die Latello souverän. »Wo wir bei jener Frage wären, die ja scheinbar die ganze Nation beschäftigt... Na, Luca?«  
    »Und darauf soll ich jetzt antworten...?« Ich lachte, während ich mich entspannt zurücklehnte. »...Keine Chance...«
    »Nun haben
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