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Live

Live

Titel: Live
Autoren: Ein Thriller
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Schnur, hierher befohlen, in Uniform, in Reih und Glied, in Helmen und Handschuhen, in Stärke und mit einer Schlagkraft, die es während der Nacht im Harper’s niemals gegeben hätte.
     
    „Für wen arbeitet ihr?“
     
    „Wessen Polizei seid ihr?“
     
    Die Sätze wurden gerufen, nicht geschrien, und die Masse antwortete sich selbst, mit ausgestreckter Faust, mit jungen, gebrochenen Stimmen.
     
    „Ihr arbeitet für uns!“
     
    „Ihr seid unsere Polizei!“
     
    Joe Kovacs war weit hinter der Polizeiabsperrung, in Zivil, in Schock, in einem Augenblick von verwunderter Bewunderung, als er die Jugendlichen sah, die sich im Park aufgebaut hatten, die sich dort mit älteren Amerikanern zusammengefunden hatten, die dort seit zwei Wochen blieben und sich weigerten zu gehen.
     
    „Das ist eine Geiselnahme“, murrte ein gut gekleideter Mann, der sich an Kovacs vorbeidrängte, in einer Hand ein Starbucks Kaffee, in der anderen Hand ein Smartphone, im Kopf nichts anderes als seinen nächsten Bonus. „Ich sag’s dir, so etwas hast du noch nicht gesehen, Karl, der ganze verdammte Park, diese kleinen verkommenen Hippie Arschlöcher. Das Ganze ist eine Geiselnahme, und genau so sollten wir das behandeln.“
     
    Du hast keine Ahnung, was eine Geiselnahme ist, du kleines arrogantes Arschloch, dachte Joe Kovacs als er dem Mann hinterher sah.
     
    „Ich hoffe, die Polizei steckt diese Hippies in den Knast“, meinte eine andere, eine Frau, die sich an einer Straßenecke gestellt hatte und die Jugendlichen im Park betrachtete als wären es Affen in einem Zoo.
     
    „Könnten Sie ja auch abknallen“, lachte einer der Leute, die sich an dem Park vorbei bewegten, auf ihrem Weg nach Downtown, zur Wall Street.
     
    „Wie diesen Kerl.“
     
    „Welcher Kerl?“
     
    „Du weißt schon, den Prozac Junkie in dem Supermarkt.“
     
    „Ach ja, der.“
     
    „Einfach abknallen, solche Leute.“
     
    „Solche Junkies.“
     
    „Sind doch alles Junkies.“
     
    „Sollten sich eine richtige Arbeit suchen, verdammt.“
     
    Joe Kovacs spürte es, noch bevor Denise ihre Stimme erhob. Selbst in einer chaotischen Menge konnte er seine Frau spüren, sobald sie nahe war. Sie stand neben ihm, schaute sich die Szenen ebenfalls an. Es waren kaum Reporter hier, es waren Jugendliche, es waren Kids, die mit Smartphones Aufnahmen machten, sie direkt ins Internet stellten, es waren hunderte elektronischen Augen und Ohren, die auf die Polizei, auf den Park gerichtet waren. Es war unkontrollierbar. Es hatte Gerüchte gegeben, diesmal ohne Beweise, Gerüchte über Treffen hinter verschlossenen Türen, bei denen New Yorks Bürgermeister den Befehl gegeben hatte, so hart wie möglich gegen diese Jugendlichen vorzugehen, sobald die Lage schlimmer wurde.
     
    „Wessen Polizei seid ihr?“ fragte die Menge.
     
    Joe Kovacs wußte es nicht. Nicht mehr.
     
    „Das hier wird kein gutes Ende nehmen“, sagte Denise.
     
     
     
    Dreizehn Wochen später
     
    Julie Winters schlief schlecht. Es war nicht so, daß sie jeden Tag an das Harper’s dachte, nein, nicht jeden Tag, und wenn sie sich das lange genug einredete, dann war es okay, dann schaffte sie es, ihre Augen zu schließen.
     
    Für einige Minuten. Bevor die Träume begannen, bevor die Erinnerungen nach oben aus der Dunkelheit ihres Verstandes hervorbrachen und sie festhielten, in verzerrten Bildern und dem Gefühl, nicht entkommen zu können.
     
    In diesen Träumen war Donald Turow tot. Was ihn aber nicht davon abhielt, mit ihr zu sprechen, und Julie Winters war wieder auf dem kalten Boden des Harper’s Supermarkts, war eingefroren, konnte sich nicht bewegen, während Donald Turows Gesicht, zerfetzt durch mehrere Schüsse, sich zu ihr herunterbeugte.
     
    Blut tropfte auf sie.
     
    Es ist nicht dein Blut , dachte der kleine Teil im Verstand der Krankenschwester, der wußte, daß dies ein Traum war, daß ihr nichts passieren konnte, aber dieser Teil war nur eine dünne Stimme. Und es war schwer, ihr zuzuhören.
     
    Zumindest solange Turow zu ihr sprach.
     
    „Was, Julie?“ fragte Turow sie in ihren Träumen. „Glauben Sie, daß ich es Manifest habe? Einer Erklärung? Vielleicht ein Video? Das ist es doch, was Leute wie ich tun, nicht wahr? Etwas hinterlassen. Etwas, das dies alles erklärt, oder?“
     
    Julie wachte auf.
     
    Ihre Finger hatten sich in die Wolldecke verkrallt, ihr Gesicht war mit einem dünnen Film aus Schweiß bedeckt. Ihr Körper zitterte.
     
    Der Fernseher in
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