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Live

Live

Titel: Live
Autoren: Ein Thriller
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direkt hinter ihm an der braunbemalten Wand hing.
     
    Sie zeigte 23:41 Uhr, aber das verdammte Ding ging immer drei Minuten nach. Es war egal, wie oft man versuchte, die Zeit richtig einzustellen.
     
    Eigentlich sollte Franklin schon längst hier sein. Seine Schicht begann um Mitternacht, aber Franklin war in seinem ganzen Leben kein einziges Mal pünktlich gewesen.
     
    Wenn ihm der Laden gehören würde…
     
    …würde er Franklin schon vor Jahren gefeuert haben. David überprüfte mit einem flüchtigen Blick die Monitore, die unter der Ladentheke angebracht waren und ihm den Supermarkt zeigten. Es waren drei Sony Geräte, die George irgendwo in der Canal Street für die Hälfte des Preises bekommen hatte, inklusive die drei Überwachungskameras.
     
    Was entweder bedeutete, daß die Kameras geklaut waren, oder das sie einen Defekt hatten.
     
    Wahrscheinlich beides.
     
    Monitor 3 hatte wieder einen Ausfall.
     
    Das schwarz-weiße Bild der Fleischtheke im hinteren Teil des Geschäfts verschwand hinter einer Wand von elektronischem Schnee. Der Monitor fing an, mit einer beinahe menschlichen Stimme fiepend zu winseln. Ein rotes Licht blinkte unten an der Bedienungsleiste auf.
     
    David seufzte und schlug mit der flachen Hand gegen das Gerät. Der Bildschirm flackerte auf, als etwas in dem Monitor krächzte, dann war das normale Bild wieder da. It‘s not a trick ,  dachte David mit müdem Lächeln, it‘s a Sony.
     
    Wiederum ein Blick zur Uhr.
     
    23:43 Uhr (plus drei Minuten, machte also 14 Minuten vor Mitternacht).
     
    Und immer noch kein Anzeichen von Franklin. Er gähnte, hob die Hand gegen seinen geöffneten Mund, während er die Augen zukniff. Vielleicht sollte er sich noch eine Coke aus dem Kühlregal nehmen. Egal was, so lange es ihn noch ein wenig länger wachhalten könnte.
     
    Das Thermometer zeigte hier im Laden eine Temperatur von 27 Grad. Die Coke Reklame, das rot-weiße Werbeschild, das schon seit einer Ewigkeit über dem Kühlregal hing und noch aus den vierziger Jahren stammte, schien ihn anzulächeln.
     
    C‘mon.
     
    Das Rot war schon verblichen, zu einem hellen Schatten der ursprünglichen Farbe geworden, während das Weiß vergilbt war. Der Schriftzug war kaum noch zu erkennen.
     
    There‘s always Coca-Cola.
     
    Auf der Theke lag eine angebrochene Packung  Kekse. Die blaue Umhüllung war an einer Stelle aufgerissen worden und drei der Kekse lagen schon halb auf dem Tisch. David nahm sich einen und biß ein kleines Stück ab.
     
    „Wo in aller Welt steckst du, Franklin?“ murmelte er mit vollem Mund. Wahrscheinlich würde der kleine Scheißer erst so gegen halb eins auftauchen, und dann würde er bestimmt betrunken sein. David grinste freudlos. Eigentlich war Franklin immer betrunken. Bei ihm gab es die Begriffe nüchtern oder betrunken erst gar nicht. Da gab es nur viele kleine Zwischenschritte, angefangen bei leichten Sprachschwierigkeiten (die er immer hatte) und beendet durch den glasigen, völlig entrückten Blick, den David bei seinem Arbeitskollegen ebenfalls schon mehr als einmal gesehen hatte.
     
    „Hallo, David“, unterbrach ihn eine hohe, pfeifende Stimme, die sich so anhörte wie ein Chevy, der kurz vor der Verschrottung stand. Er blickte hoch. „Ich möchte gerne bezahlen.“
     
    David brauchte noch einen Moment, um sich aus seinen Gedanken vollständig zu lösen, dann brachte er sogar ein höfliches Lächeln zustande.
     
    „Sicher, Mrs. Holdstedt.“
     
    Die Frau schob einen Wust von Artikeln über den Ladentisch. Sie hatte einen kleinen Pudel auf ihrem Arm, den sie mit dicken, wurstartigen und vollkommen verfetteten Fingern streichelte, den Zeigefinger immer wieder sanft gegen den Nacken des Hundes schob, während sie ihn beobachtete. Der Pudel ließ die Berührung mit ruhiger Würde über sich ergehen.
     
    Mrs. Holdstedt war eine der alten Stammkunden, die noch immer kamen. Sie war kaum größer als einsfünfzig, vielleicht einsfünfundfünfzig, aber das konnte auch an den hochhackigen Schuhen liegen, aus denen ihre blaustichigen und mit Krampfadern überzogenen Füße schier herauszuquellen drohten. Der Rest des faßartigen Körpers war in ein einfaches Kleid gezwängt, das aus schwarzem Leinen hergestellt worden war und ein fröhliches Blumenmuster auf der Vorderseite hatte. Auf ihrem Kopf hatten sich die grauen Haare zu einem Gebilde aus verschiedenfarbigen Lockenwicklern aufgetürmt. Ihr faltiger Mund verzog sich zu einem freundlichen Lächeln,
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