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Liebesnöter

Liebesnöter

Titel: Liebesnöter
Autoren: Gaby Hauptmann
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Frau Leissner aus dem vierten Stock, die Zucker für ihr spätes Dessert brauchte? Oder Herr Rembs von gegenüber, dem der Korkenzieher abgebrochen war?
    Trotzdem war Ella vorsichtig. »Ja, bitte?«, fragte sie durch das dicke Türblatt hindurch.
    »Ich bin’s …«, hörte sie, und ein Kratzen an der Tür machte klar, wer es war.
    »Ah ja!« Ella öffnete. Maxi stand ihr gegenüber, die dunklen Haare hinter die Ohren geklemmt, ein gewinnendes Lächeln im jugendlichen Gesicht.
    »Hi, Maxi!«
    Ein Fiepsen zeigte an, dass da noch jemand zu begrüßen war. Jimmy hatte die Vorderbeine in tiefer Haltung nach vorn ausgestreckt, zeigte sich bereit zum Sprung und schaute sie aus fröhlich-frechen Hundeaugen an.
    »Ich hab ein Problem«, sagte Maxi.
    »Ja, dann komm herein!«
    »Nicht anfassen«, sagte sie im nächsten Atemzug und deutete auf den schlanken Jack Russell, der sich nun nach vorn auf Ella zu katapultierte, von der Leine an seinem Brustgeschirr aber zurückgehalten wurde.
    »Ich weiß«, lächelte Ella, »er beißt.« Sie öffnete die Tür weit und trat zur Seite.
    Maxi nickte und kam mit ihrem Schützling herein, einem SOS -Hund aus dem Tierheim.
    »Ist es noch nicht besser geworden?«, wollte Ella wissen.
    Maxi schüttelte den Kopf. »Nö. Die vom Tierheim meinten nur, wer von ihm nicht gebissen wurde, ist noch nicht im Klub.«
    »Willkommen«, sagte Ella und sah zu Jimmy, der sich gerade neugierig umschaute. »Und was kann ich jetzt für euch beide tun?«
    Maxi rollte mit den Augen. »Das Problem ist, ich habe mich verliebt!«
    »Wie schön«, sagte Ella. »Sollen wir darauf was trinken?« Flüchtig dachte sie an ihren Ingwertee, und dass Maxi ein gutes Argument war, um ihn durch ein Gläschen Rosato zu ersetzen.
    »Nein, eigentlich würde ich diese Nacht gern zu ihm, er hat mich so lieb eingeladen.«
    Ella nickte. Maxi wohnte ganz oben in den beiden kleinen Dachzimmern, den früheren Dienstbotenräumen. Das war nicht gerade komfortabel, aber für eine Studentin ganz prima, wie sie immer wieder betonte. Ella mochte sie gern, sie hatte etwas Schalkhaftes, war aufgeweckt und intelligent und führte immer einen kecken Spruch auf den Lippen.
    »Und jetzt willst du dir ein Negligé ausleihen?«
    Maxi grinste. »Ich glaube, meine Mutter hat auch noch so was …«
    »Ah ja!«
    Kurze Stille.
    Dann lachte Maxi: »So war es nicht gemeint!«
    »Wie war es nicht gemeint?«
    »Na ja, dass du schon alt wärst oder so …«
    »Schon okay … bloß, deine Mutter im Negligé?«
    Ella hatte Maxis Mutter vor Kurzem kennengelernt: eine resolute Polizistin, groß und muskulös, kurze blonde Haare, ein Typ, dem sie den New York Marathon ohne Weiteres zugetraut hätte, aber ganz sicher kein Negligé.
    »Na ja«, Maxi zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Mir stellt sich nämlich die Frage, ob Jimmy diese Nacht bei dir bleiben dürfte.«
    Jimmys und Ellas Blicke trafen sich. Ella beschlich das Gefühl, dass der Hund Maxis Anliegen genau verstanden hatte.
    »Du musst auch gar nichts machen«, fügte Maxi schnell hinzu, »ich war draußen mit ihm, gefressen hat er schon, und sein Körbchen habe ich dabei.«
    »Dabei?«
    Maxis Kopf ging in Richtung Tür. Ganz offensichtlich rechnete die Kleine nicht mit einer Absage, dachte Ella. Was war das jetzt? Dreist? Entwaffnend? Berechnend? Oder vertrauensvoll?
    Ella machte an Jimmy vorbei einen Schritt zur Tür. In die Beine biss er nicht, das hatte sie schon gelernt. Er biss nur, wenn man sich zu ihm hinunterbückte und eine Hand auf ihn zukam. Offensichtlich war er von seinem Vorbesitzer auf den Kopf geschlagen worden. Tatsächlich, draußen auf dem Gang stand das feuerrote Schaumstoffkörbchen, außerdem eine gepackte Plastiktüte und ein kleiner Rucksack.
    »Große Liebe?«, fragte Ella.
    Maxi wiegte den Kopf, dann nickte sie.
    »Mag er keine Hunde?«
    »Doch. Aber sein Bruder ist zu Besuch, und der hat eine Hundehaarallergie.«
    »Ziehst du ihm dann sein Geschirrchen aus und richtest alles so, dass ich mich nicht zu ihm hinunterbücken muss?«
    Ella sah zu, wie Maxi den Hund von seinem Geschirr befreite, dann den Korb platzierte, ein Spielzeug hineinlegte, einen Napf mit Wasser füllte und sich schließlich in der Hocke liebevoll von ihm verabschiedete.
    »Dich beißt er nicht«, stellte Ella fest, die ihr zusah.
    »Nicht mehr«, sagte Maxi und lächelte. »Aber an deiner Stelle würde ich es nicht ausprobieren.«
    Maxi ging, und Ella setzte sich wieder an ihren Computer. Jimmy schlitterte
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